In Deutschland gibt es keine gesetzliche Verpflichtung, sich gegen das Corona-Virus impfen zu lassen. Arbeitgeber können somit auch keine Impfpflicht in ihren Betrieben einführen, da sie damit in das Privatleben der Arbeitnehmer eingreifen würden. Auch Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträge dürfen keine Impfverpflichtung vorsehen. Derartige Impfanweisungen durch den Arbeitgeber wären erst möglich, wenn eine gesetzliche Impfplicht bestünde.
Ob sich aus anderen Regelungen eine rechtliche Grundlage für eine Impfpflicht ableiten lässt, ist aktuell nicht abschließend geklärt. So könnte sich aus der im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankerten gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme eine Impfpflicht ableiten. Das könnte allerdings frühestens der Fall sein, wenn sich herausstellt, dass Impfungen auch die Weitergabe des Virus verhindern. Auch Ansätze, dass sich aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers eine Impfpflicht ableiten ließe, sind voraussichtlich rechtlich nicht haltbar, da Arbeitgeber die Gesundheit ihrer Beschäftigten auch durch das Tragen von Schutzmasken, durch Abstandsregeln oder das Arbeiten im Homeoffice schützen können.
Anders könnte die Situation im Gesundheitswesen bewertet werden. Hier wird derzeit diskutiert, ob es eine Impfpflicht für Arbeitnehmer im pflegerischen und medizinischen Bereich geben soll. Von diesen Berufsgruppen geht eine besonders hohe Gefährdung aus: Zum einen sind sie potentielle Multiplikatoren des Corona-Virus, zum anderen sind sie unverzichtbar für die Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung. Somit könnte es sein, dass die Rechtsprechung dahin gehen wird, dass in diesen Berufsfeldern das Persönlichkeitsrechts des einzelnen hinter dem Wohl der Gesellschaft zurückstehen muss. Welche Konsequenzen es für Personal im Gesundheitswesen haben könnte, wenn es sich trotz einer Impfpflicht in diesem Bereich nicht impfen lässt, ist noch unklar.
Arbeitgeber dürfen Impfung nicht anordnen
Solange keine gesetzliche Impfpflicht besteht, dürfen Arbeitgeber Mitarbeiter weder abmahnen noch kündigen, wenn diese sich nicht impfen lassen. Das gilt auch, wenn das Unternehmen eine Impfung dringend empfiehlt. Erst wenn eine gesetzliche Impfpflicht besteht, müssen sich Beschäftigte, die sich nicht impfen lassen, mit Einschränkungen rechnen, beispielsweise einem Beschäftigungsverbot ohne Lohnfortzahlung, einer unbezahlten Freistellung, einer Abmahnung oder einer personenbedingten Kündigung.
Arbeitgeber dürfen aufgrund der gültigen Rechtslage nicht einmal erfragen, ob ein Mitarbeiter geimpft ist. Diese personenbezogene Information ist laut der Datenschutz-Grundverordnung besonders geschützt. Nur im Gesundheitswesen ist ein solches Fragerecht aufgrund der des Infektionsschutzgesetzes anerkannt.
Impfprämien als Anreiz
Viele Unternehmen haben jedoch großes Interesse daran, dass sich ihre Mitarbeitenden impfen lassen. Denn je mehr Mitarbeiter gegen das Corona-Virus geimpft sind, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit von Infektionen und somit Störungen im Betriebsablauf oder gar vorübergehenden Betriebsschließungen
Arbeitgeber können Anreize schaffen, um die Impfbereitschaft in der Belegschaft zu erhöhen. Sie können Geimpften beispielsweise Vorteile gewähren, wie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young ausführt. Beispielsweise könnte die Schutzimpfung im Rahmen eines freiwilligen betrieblichen Impfprogramms während der Arbeitszeit erfolgen. Auch Impfprämien sind eine Möglichkeit, Anreize für eine Impfung zu setzen.
Die Einführung solcher Maßnahmen ist allerdings mitbestimmungspflichtig, der Betriebsrat muss zwingend eingebunden werden. Zudem besteht das Risiko, dass sich durch derartige Maßnahmen Mitarbeitende diskriminiert fühlen, die sich etwa aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen wollen. Sie könnten Schadensersatz einklagen.
Gleichbehandlung der Arbeitnehmer beachten
Unternehmen sollten daher bei der Einführung von Impf-Incentives den Gleichheitsgrundsatz bedenken. Das heißt, sie müssen ihre Beschäftigten grundsätzlich gleich behandeln – es sei denn, es gibt einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung. Ein sachlicher Grund könnte das Interesse an dem Gesundheitsschutz der Mitarbeiter und der Aufrechterhaltung des Betriebsablaufs sein. Beim Ausloben von Anreizen wie eines Impf-Bonusses sollte zudem frühzeitig der Betriebsrat eingebunden werden. Führen Unternehmen Impfprämien ein, sollten diese verhältnismäßig ausgestaltet sein. Das hat das Bundesarbeitsgericht bereits für sogenannte Anwesenheitsprämien klargestellt.
Kirstin Gründel beschäftigt sich mit den Themen Compensation & Benefits, Vergütung und betriebliche Altersversorgung. Zudem kümmert sie sich als Redakteurin um das F.A.Z.-Personaljournal. Sie ist redaktionelle Ansprechpartnerin für das Praxisforum Total Rewards.