Steigende Energie- und Lebensmittelkosten: Viele Beschäftigte spüren die finanzielle Last der Inflation und sorgen sich darum, wie sie ihren Lebensunterhalt in den kommenden Monaten stemmen sollen. Um sie finanziell zu unterstützen, können Arbeitgeber nach dem vom Bundestag beschlossenen Entlastungspaket ihren Mitarbeitenden eine Inflationsprämie von bis zu 3.000 Euro steuerfrei zahlen. Die Regelung gilt bis zum 31. Dezember 2024. Die Zahlungen zum Inflationsausgleich können aufgeteilt werden.
Die Rahmenbedingungen, um eine Inflationsprämie zu überweisen, sind damit attraktiver geworden. Doch sorgen sie tatsächlich dafür, dass Arbeitgeber ihre Beschäftigten nun zusätzlich finanziell unterstützen? Das hängt stark damit zusammen, wie groß das Unternehmen ist und in welcher finanziellen Lage und Branche es sich befindet.
Wer zahlt einen Inflationsausgleich?
Vor allem Dax-Unternehmen sowie große Familienunternehmen diskutieren derzeit darüber, ob sie ihren Mitarbeitenden einen Inflationsausgleich zahlen sollen oder haben sich bereits dazu entschlossen. So steht für die Düsseldorfer Targobank, die Reisebank, den Autovermieter Sixt sowie die ING Bank fest: Sie überweisen ihren Beschäftigten eine Inflationsprämie. Die ING wird ihren Vollzeitmitarbeitenden mit dem Dezember-Gehalt eine zusätzliche Einmalzahlung in Höhe von 1.500 Euro zukommen lassen. Wer in Teilzeit bei der ING arbeitet, wird laut einer Unternehmenssprecherin eine anteilige Sonderzahlung erhalten, die mindestens 1.000 Euro beträgt. So viel bekommen auch Auszubildende und duale Studierende. Praktikanten und Praktikantinnen sowie Werkstudierenden zahlt die Bank 500 Euro zusätzlich zum Gehalt.
Der Grund: „Wir nehmen die Verantwortung, die wir als Arbeitgeberin für unsere Mitarbeitenden haben, sehr ernst und dazu gehört auch, in diesen herausfordernden Zeiten ganz besonders unsere Mitarbeitenden zu unterstützen und Instrumente zu nutzen, die uns an die Hand gegeben werden“, sagt die ING-Sprecherin.
Familienunternehmen und Chemiebranche vorne mit dabei
Das sieht die Geschäftsführung des Mittelständlers Dreßler Bau ähnlich. Unabhängig von den Regierungsbeschlüssen hatte sie im frühen Herbst entschieden, den rund 540 Mitarbeitenden von Oktober 2022 bis März 2023 jeden Monat 300 Euro mehr zu zahlen. „Wir verstehen uns als Familienunternehmen. Da versteht es sich von selbst, die Mitarbeitenden in schwierigen Zeiten zu unterstützen“, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens.
Auch der familiengeführte Konzern Sixt unterstützt seine Beschäftigten mit einer Inflationsprämie. Der Autovermieter zahlt seinen Mitarbeitenden bis Ende des Jahres einen Inflationsausgleich in Höhe von 1.700 Euro. Die Chemiebranche geht noch einen Schritt weiter und nutzt die Möglichkeit zur steuerfreien Sonderzahlung in Höhe 3.000 Euro in den kommenden zwei Jahren voll aus. Kürzlich einigten sich die Gewerkschaft IG BCE und die Chemie-Arbeitgeber auf einen neuen Tarifvertrag für die Chemie- und Pharmabranche. Dieser sieht nicht nur eine Entgelterhöhung von 3,25 Prozent in jeder Gehaltsstufe jeweils zum Januar 2023 und Januar 2024 vor, sondern auch eine Inflationsprämie, die in zwei Tranchen in Höhe von jeweils 1.500 Euro spätestens im Januar 2023 und im Januar 2024 fällig ist.
Aufgrund der traditionell starken Gewerkschaft in der Chemiebranche überrascht dies nicht. Doch gleichzeitig wird besagte Branche wie wenig andere unter den steigenden Energiepreisen leiden. Denn sie gehört zu den größten Energieverbrauchern in Deutschland. Die Chemie-Arbeitgeber zeigen sich optimistisch, trotz dieser wirtschaftlichen Herausforderung ihren Mitarbeitenden den Inflationsausgleich zahlen zu können. „Mit dem Tarifvertrag halten wir die Balance zwischen der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und den Interessen unserer Mitarbeitenden“, sagt Kai Beckmann, Präsident des Arbeitgeberverbands BAVC gegenüber der F.A.Z.
Besteht die Gefahr einer Zwei-Klassen-Gesellschaft?
Dass es sich jedes Unternehmen leisten kann, den Inflationsbonus zu zahlen, bezweifeln Vertreterinnen und Vertreter des Bundesverbandes der Selbstständigen (BDS) / Deutscher Gewerbeverband. „Zuerst die schnelle Erhöhung des Mindestlohns, dann die rasant steigenden Rohstoffpreise und zuletzt die nicht kalkulierbaren Energiekosten stellen unsere Betriebe vor sehr große Herausforderungen“, sagt Ralph Hollrit, Landesvorsitzender des BDS Sachsen-Anhalt. Für zahlreiche Unternehmen sei es deshalb schlichtweg nicht möglich, ihren Mitarbeitenden nun einen Inflationsbonus zu zahlen.
Das könnte für Frust der Beschäftigten auf die betroffenen Arbeitgeber sorgen. Rund 35 Millionen Angestellte würden auf eine Sonderzahlung von ihrem Arbeitgeber hoffen, heißt es vonseiten des BDS. Doch nur wenige von ihnen würden sie auch wirklich bekommen. Selbst die Bundesregierung rechne damit, dass nur rund 5 Millionen von ihnen eine Inflationsprämie erhalten.
Wer keinen Inflationsausgleich zahlt, der riskiere einen Verlust der Arbeitgeberattraktivität, was wiederum im Wettbewerb um die in Zeiten des Fachkräftemangels nur noch rar vorhandenen Talente ein Nachteil sei, so Hollrit.
Info
Was es aus rechtlicher Sicht bei der Zahlung einer Inflationsprämie zu beachten gibt, hat uns Steuerberater Wolfgang Schürmeyer verraten.
Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.