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Drei Fragen an Karsten Tacke

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Herr Tacke, beim Betriebsrentenstärkungsgesetz hat sich noch fast nichts getan. Ist das die Ruhe vor dem Sturm?

 

Karsten Tacke: Das muss man differenziert betrachten. Zum einen treten die neuen steuerlichen Förderbedingungen zum 1. Januar 2018 in Kraft und stellen die Betriebe in der Umsetzung vor Herausforderungen. Zum anderen besteht die Möglichkeit zur Erteilung reiner Beitragszusagen im Rahmen des Sozialpartnermodells. Bevor die Betriebe auf diese für Arbeitnehmer und Arbeitgeber interessante Zusageform zugreifen können, müssen die Tarifvertragsparteien umfassende Regelungen treffen. Die damit zusammenhängenden Fragestellungen sind sehr komplex und für beide Seiten tarifpolitisch nicht einfach. Betriebe und Tarifvertragsparteien brauchen Zeit und Ruhe zur Umsetzung. Deshalb sollte der Gesetzgeber bei der bAV in dieser Legislaturperiode die Füße stillhalten. Angesichts der sensiblen Kompromisse im Betriebsrentenstärkungsgesetz wäre es ungeschickt, das Paket nochmals aufzumachen. Man sollte die Tarifparteien die Anforderungen an die Zielrente und deren Umsetzung in Ruhe klären lassen.

 

Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass wir in absehbarer Zeit ein erstes Sozialpartnermodell am Markt sehen?

 

Karsten Tacke: Ich schaue dem Inhalt und dem Ausgang der Gespräche über Sozialpartnermodelle offen entgegen. Die Ausgestaltung eines Sozialpartnermodells ist für beide Seiten mit komplexen und weitreichenden Fragen und Antworten verbunden. Die Tarifvertragsparteien sollen ein hohes Maß an Verantwortung übernehmen, da sie in den Versorgungsstrukturen eine aktive steuernde Rolle zu spielen haben. Diese Fragen lassen sich nicht zwischen Tür und Angel lösen. Hier sind weitreichende tarif- und verbandspolitische Entscheidungen notwendig. Die erfordern Zeit. Die haben wir uns im diesjährigen Pilotergebnis für die Metall- und Elektro-Industrie verschafft, indem wir die Laufzeit unserer Altersvorsorgetarifverträge mit der Laufzeit des Entgeltabkommens bis April 2020 verbunden und bis dahin auch den Einbehalt der SV-Ersparnis bei Entgeltumwandlung bestätigt haben. In dieser Zeit werden wir uns mit der IG Metall über Chancen und Risiken des Sozialpartnermodells austauschen. Mit dem Einbehalt der SV-Ersparnis wollen wir die Arbeitnehmer nicht über den Tisch ziehen. In der Politik wird häufig übersehen, dass die nachträgliche Weitergabe der SV-Ersparnis in der Praxis zu untauglichen Ergebnissen führt, die den Arbeitnehmern nichts bringen und die Unternehmen belasten. Bei der Weitergabe der SV-Ersparnis handelt es sich um geringe Beträge, die in die laufenden Verträge häufig nicht integriert werden können. Das erzwingt den Abschluss abfindungsgeneigter Neuverträge mit neuen Abschlussprovisionen, hohen Verwaltungskosten.

 

Wie bewerten Sie das neue Gesetz in Gänze?

 

Karsten Tacke: Ich erkenne viel Positives. Die Ausweitung der Förderbedingungen wird viele Arbeitnehmer zu mehr Engagement in der Entgeltumwandlung motivieren. Riesterrenten werden verstärkt Einzug in die Betriebe halten. Dies wird die Betriebe mit Aufgaben bei der Umsetzung konfrontieren. Der Verzicht auf Garantien in der reinen Beitragszusage ist in der Niedrigzinsphase eine Win-win-Situation. Die Arbeitgeber müssen nicht mehr für Garantien einstehen, die Finanzdienstleister bei anhaltendem Niedrigzins nicht mehr halten können. Gleichzeitig erhalten die Arbeitnehmer höhere Leistungen bei äquivalenter Sicherheit, denn auch die Kapitalanlage bei der Zielrente unterliegt der Aufsicht, aber mit besseren Anlagemöglichkeiten. In der Umsetzung der Beitragszusage liegt eine Herausforderung für die Tarifvertragsparteien. Alle Beteiligten wollen Rentenschwankungen vermeiden. Deshalb muss die Risikosteuerung auf die Sicherungspuffer abgestimmt werden.

 

Das Interview führte Dr. Guido Birkner.