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Drei Fragen an Michael Mager

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Herr Mager, die Große Koalition in Berlin bringt aktuell das Entgeltgleichheitsgesetz auf den Weg. Besteht aus Ihrer Sicht tatsächlich ein Bedarf an dieser gesetzlichen Regelung?

 

Michael Mager: Klare Antwort: nein, zumindest nicht in tarifgebundenen Unternehmen. In den Tarifverträgen gibt es keine Unterscheidung zwischen männlich und weiblich hinsichtlich der Bezahlung. In der Praxis unterliegen die Einstellungen dem Mitbestimmungsgesetz. Betriebsräte könnten Einstellungen ablehnen, wenn sie eine Ungleichbehandlung sehen. Außerdem haben Betriebsräte ein Recht auf Einsicht in die Gehaltslisten. Insofern besteht da eine hinreichende Kontrolle auf der betrieblichen Ebene. Im außertariflichen Bereich ist die Lage etwas anders, aber auch da unterliegt jedes Unternehmen auch heute schon genügend Kontrollen. Unter anderem gibt es das Antidiskriminierungsgesetz. Offensichtliche Ungleichbehandlungen wären heute schon unrechtmäßig und müssten im Rahmen von Audits beanstandet werden. In vielen Ausschreibungen müssen wir verbindliche Erklärungen abgeben, dass wir compliant sind. Also gibt es auch seitens des Marktes genug Druckmittel, um Ungleichbehandlungen zu verhindern.

 

Anlass der Novelle ist der statistische Befund, Löhne und Gehälter von Frauen lägen um 21 Prozent unter denen der Männer. Wie erklärt sich eine solche Differenz?

 

Michael Mager: Die statistische Aussage ist so pauschal nicht nachvollziehbar. Die Unterschiede könnten mehrere Hintergründe haben, zum Beispiel unterschiedliche Berufsbilder, Abschlüsse, Arbeitszeiten oder Berufsjahre. Im direkten Vergleich von Männern und Frauen im gleichen Beruf mit vergleichbarer Erfahrung ist eine solche Abweichung nicht plausibel, insbesondere nicht in tarifgebundenen Unternehmen. Es ist aber auch eine Tatsache, dass die Erwerbsbiographien unterschiedlich sind. Unterbrechungen aufgrund von Familienphasen können bei sonst gleichen Voraussetzungen vor allem außerhalb des Tarifbereichs zu Unterschieden führen. Das liegt aber nicht an einer geschlechtsspezifischen Differenzierung, sondern an der dann geringeren Berufserfahrung und den unter Umständen nicht möglichen zwischenzeitlichen Aufstiegsmöglichkeiten. Solche Unterschiede basieren nicht auf unternehmerischen, sondern auf privaten Entscheidungen. Wer seine berufliche Entwicklung für mehrere Jahre unterbricht, und seien die Gründe noch so ehrenwert, wird gegenüber jemanden, der kontinuierlich im Beruf verbleibt, mit hoher Wahrscheinlichkeit einkommensmäßig dort zurückfallen, wo Berufserfahrung und Karriereentwicklung honoriert werden. Ein Entgeltgleichheitsgesetz würde solche Unterschiede kaum vernünftig regeln können.

 

Beschert das Entgeltgleichheitsgesetz den Unternehmen aufgrund der Nachweis- und Dokumentationspflichten mehr Bürokratie und Administration?

 

Michael Mager: Ja, mehr Bürokratie wäre die natürliche Folge, ohne dadurch etwas zu verbessern. Die Struktur der Beschäftigung würde sich ja nicht ändern. Jedes gut geführte Unternehmen versucht, seine Mitarbeiter marktgerecht zu entlohnen. Es herrscht in der Regel ein Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt. Unternehmen stehen mit allem, was sie tun, schnell in der Öffentlichkeit. Die öffentliche Kontrolle ist wirksamer denn je. Eine Ungleichbehandlung ließe sich nicht mehr argumentativ verteidigen, deshalb ist die gerade angezettelte Diskussion nicht nur längst überholt, sondern auch paradox: Wäre es tatsächlich so, dass Frauen bei gleicher Qualifikation geringer bezahlt würden, dann müsste jedes Unternehmen bestrebt sein, mehr Frauen, vor allem in hochbezahlten Positionen, zu beschäftigen. Gerade auf der Ebene wird jedoch Frauenmangel beklagt.

 

Das Interview führte Dr. Guido Birkner.