Herr Professor Nonnenmacher, die Regierungskommission DCGK hat Vorschläge für Änderungen am Kodex für börsennotierte Gesellschaften veröffentlicht. Welche Ziele verfolgt die Kommission bei der Vorstandsvergütung?
Prof. Dr. Rolf Nonnenmacher: 16 Jahre nach Inkrafttreten der ersten Fassung und nach zwölf Änderungen wollen wir dem Deutschen Corporate Governance Kodex mit der vorliegenden Version neuen Schub und vor allem eine größere Relevanz geben. Ziel der Kodexreform ist es, dass der Kodex wieder stärker den Anspruch erfüllt, Standards zu setzen, auf die es aus der Sicht möglichst vieler Stakeholder ankommt. Nur so ist ein unüberschaubares Nebeneinander von gesetzlich legitimiertem Kodex einerseits und einer Vielzahl von Abstimmungsrichtlinien von Investoren und Stimmrechtsberatern andererseits am ehesten zu verhindern.
Was soll sich bei der Vorstandsvergütung verändern?
Prof. Dr. Rolf Nonnenmacher: Mit der Vorstandsvergütung gilt es, die richtigen Anreize für das Vorstandhandeln zu schaffen, Leistungen angemessen zu vergüten, auf die gesellschaftliche Akzeptanz zu achten und verständlich zu erklären, wie viel das einzelne Vorstandsmitglied erhält und wofür die Vergütung erfolgt. Ein Vergütungssystem sollte die individuelle Ziel-Gesamtvergütung, den relativen Anteil von Festvergütung und variablen Vergütungselementen und den Zusammenhang zwischen vereinbarten Zielen und zu leistender variabler Vergütung definieren. Auch die langfristig variable Vergütung sollte bei der Gewährung variabel sein. Sie sollte Anreiz zur Umsetzung strategischer Maßnahmen sein. Hiermit wird auch der Anforderung der EU-Aktionärsrechterichtlinie entsprochen, dass die Vergütung zur Förderung der Geschäftsstrategie und zur langfristigen Entwicklung der Gesellschaft beiträgt. Die Gesamtvergütung umfasst alle Vergütungselemente inklusive Beiträge zur bAV, und sie ist der Betrag, der bei voller Zielerreichung gewährt wird. Die Ziel-Gesamtvergütung wird durch eine Maximalvergütung, ein Cap, ergänzt. Variable Vergütungen sind der wesentliche materielle Anreiz, um die Ziele der Geschäftspolitik zu verfolgen. Sie sind wichtig für die Motivation und Belohnung für operative Leistungen, für eine strategische Ausrichtung, welche die langfristige Tätigkeit des Unternehmens fördert, und für verantwortungsbewusstes Verhalten. Die Erreichung der Ziele muss nicht unbedingt exakt messbar, sie muss aber verifizierbar sein. Der Zusammenhang zwischen der Erreichung der Ziele und der variablen Vergütung muss festgelegt und darf nicht nachträglich verändert werden.
Was soll für STI- und LTI-Pläne konkret gelten?
Prof. Dr. Rolf Nonnenmacher: Im Mittelpunkt der kurzfristig variablen Vergütung stehen vor allem operative Metriken. Sie können finanzielle wie nichtfinanziellen Größen beinhalten. Die aufgrund der Zielerreichung gewährten Beträge sollen nach Abschluss der Periode in bar ausgezahlt werden. Im Mittelpunkt der langfristig variablen Vergütung steht die Umsetzung der Unternehmensstrategie. Jeder strategische Plan gliedert sich in wichtige Meilensteine und Initiativen für die einzelnen Jahre. Deren Umsetzung soll die Höhe des Gewährungsbetrags für das Berichtsjahr bestimmen. Der Erfolg der strategischen Initiativen und Maßnahmen stellt sich meist deutlich später heraus. Deshalb soll die Gewährung nach Ablauf der Periode in Aktien der Gesellschaft erfolgen, deren Bewertung der Markt übernimmt. Die Aktien sollen mindestens vier Jahre lang nicht veräußert werden können. Die Verträge sollen so gestaltet werden, dass in begründeten Fällen Vergütungen zurückgefordert werden können und dass der Aufsichtsrat die Möglichkeit haben soll, außergewöhnlichen Umständen angemessen Rechnung zu tragen.
Das Interview führte Dr. Guido Birkner.