Herr Fischer, im Oktober ist der erste Aktienkaufplan der adidas Group operativ an den Start gegangen. Wie ist die erste Resonanz der Mitarbeiter auf das Angebot?
Klaus Fischer: Die Nachfrage der Mitarbeiter in den vier Starterländern USA, Hongkong, Niederlande und Deutschland stimmt uns zuversichtlich, obwohl der derzeit hohe Kurs unserer Aktie Interessenten von einem Investment abhalten könnte. Wir haben zwar noch nicht unser kurzfristiges Ziel von 25 Prozent Beteiligung erreicht, sind aber auf einem guten Weg. Langfristig wollen wir weltweit eine Beteiligungsquote von 33 Prozent erzielen.
adidas plant also, den Aktienkaufplan weltweit auszurollen?
Klaus Fischer: Ja, das Mitarbeiterbeteiligungsprogramm ist ein zentraler Baustein der neuen globalen People-Strategy von adidas. Wir wollen unsere Mitarbeiter lange im Unternehmen halten, deshalb rücken wir sie in den Mittelpunkt unserer strategischen Ausrichtung. Praktisch alle großen Konzerne bieten ihren Beschäftigten eine gute Grundvergütung an. Doch wir wollen uns durch attraktive Nebenleistungen von anderen Arbeitgebern abheben. Mit dem Aktienkaufplan beteiligen wir die Mitarbeiter am Unternehmenserfolg und machen sie zu Anteilseignern. Das machen wir jetzt in den vier Starterländern, die über Headquarterfunktionen verfügen, und in der nächsten Runde im kommenden Jahr in möglichst vielen weiteren Ländern, in denen wir eigene Beschäftigte haben.
Wie funktioniert der Plan genau?
Klaus Fischer: Jeder Mitarbeiter, der länger als sechs Monate bei uns beschäftigt ist, darf bis zu 10 Prozent seines Monatsgehalts für den Kauf von adidas-Aktien verwenden. Ausgenommen ist allein der Vorstand. Neben der prozentualen Grenze besteht noch eine absolute Obergrenze für die Aktieninvestments bei 20.000 Euro. Die Aktien werden einmal im Quartal für die Mitarbeiter gekauft, so dass wir vier Zeitpunkte pro Jahr für Aktienkäufe haben. Der Quartalsrhythmus ermöglicht es uns, den Aktienpreis besser zu leveln als beispielsweise ein einziger Zeitpunkt im Jahr, wie ihn andere Pläne vorsehen. In diesem Oktober haben wir erstmals aus den Entgelten der teilnehmenden Mitarbeiter Einbehalte vorgenommen, und im Januar 2017 werden wir mit den Einlagen die ersten Aktien für die Mitarbeiter kaufen.
Wodurch wird der Aktienkauf für die Mitarbeiter attraktiv?
Klaus Fischer: Auf den Aktienkauf gewähren wir unseren Beschäftigten einen Discount in Höhe von 15 Prozent. Wenn ein Mitarbeiter die Aktien mindestens ein Jahr hält, dann gewähren wir ihm weitere Matching-Aktien im Verhältnis von 6 zu 1. Das heißt, dass ein Käufer zusätzlich zu seinen Aktien, die er im ablaufenden Quartal erworben hat, ein Sechstel on top bekommt. Wenn ein Mitarbeiter adidas verlässt, dann bleiben ihm maximal sechs Monate, um sein Aktiendepot bei unserem Provider zu räumen. Einen Match gibt es ab Kündigung des Arbeitsvertrags nicht mehr.
Die kurzfristige Staffelung mit monatlichen Entgeltbeträgen und quartalsweisen Aktienkäufen ist zumindest für Pläne, die in Deutschland gelten, ungewöhnlich. Welches Ziel verfolgt adidas damit?
Klaus Fischer: Uns geht es nicht um die einmalige Weitergabe von Aktien an die Mitarbeiter, sondern wir haben den Aktienkaufplan als langfristige Nebenleistung eingerichtet. Deshalb bieten wir einen nachhaltigen Sparplan an, für den die Mitarbeiter monatliche Beiträge einbehalten lassen. Ursprünglich hatten wir sogar die Idee, auch die Anlage in Aktien auf einen Monatsrhythmus umzustellen, doch der administrative Aufwand dafür wäre zu hoch. Ein weiterer Grund für die Wahl von Form und Taktung ist die Mitarbeiterstruktur. Rund die Hälfte unserer weltweiten Mitarbeiter ist in Retail-Stores beschäftigt. Innerhalb dieser Gruppe haben wir eine höhere Fluktuation als bei anderen Mitarbeitern. Deshalb eignet sich der Aktienkaufplan auch für diese Klientel, die ihre Berufskarriere in kürzeren Zeitabständen plant. Die Mitarbeiter können ihre Monatsbeiträge quartalsweise anpassen und bei Bedarf sogar stoppen, so dass sich niemand finanziell übernehmen muss, wenn er in unsere Aktien investiert.
Der Kurs der adidas-Aktien hat sich in den zurückliegenden 24 Monaten fast verdreifacht. Da können Zweifel aufkommen, ob sich die künftige Entwicklung ähnlich fortsetzen wird. Ist das ein Argument gegen ein Investment in die Aktie?
Klaus Fischer: Natürlich ist der hohe Kurs der Aktie ein Thema in Gesprächen mit unseren Mitarbeitern. Vor dem ersten Roll-out haben wir alle unsere Mitarbeiter, auch speziell im Lager und in den Retail-Stores, über den Aktienkaufplan informiert. Dazu gab es weitere Kommunikationsmaßnahmen. Doch ich betone noch einmal, dass wir den Aktienkaufplan primär als Basis für eine langfristige Anlage sehen und erst in zweiter Linie als kurzfristige Investmentform. Deshalb wünschen wir uns, dass die Mitarbeiter langfristig an Aktien festhalten und auch lange im Unternehmen bleiben. Hinzu kommen noch die jährlichen Dividenden, die attraktiv sind und von denen unsere Belegschaftsaktionäre zusätzlich profitieren können.
Die Idee klingt natürlich verlockend, doch der Roll-out eines Aktienkaufplans in vielen Ländern ist mit intensiven Vorarbeiten verbunden. Gerade die steuerlichen und aktienrechtlichen Rahmenbedingungen unterscheiden sich von Land zu Land. Lohnt der Zweck diesen Arbeitsaufwand?
Klaus Fischer: Natürlich erhöhen die steuer- und aktienrechtlichen Unterschiede in den Ländern den Aufwand. Möglicherweise werden wir unseren Plan in einigen Ländern nicht ausrollen können oder müssen ihn stark modifizieren. Wir haben unser grundsätzliches Plandesign und passen es gegebenenfalls den lokalen Gegebenheiten an, was wir für jedes Land in einem Local Supplement dokumentieren werden. Dabei gilt für uns ganz klar die Vorgabe, dass sich der Aufwand in einem Land für uns rentieren muss.
Das Interview führte Dr. Guido Birkner.