„Viel zu kompliziert und aufwendig“, das denken viele Arbeitgeber, wenn es um das Thema betriebliche Altersversorgung (bAV) geht. Dabei ist die Frage nicht, ob man sie umsetzt, sondern wie man das tut. Denn Arbeitnehmer haben ein Recht auf Entgeltumwandlung, also darauf, dass ein Teil ihres Gehalts steuer- und sozialversicherungsfrei in eine Betriebsrente eingezahlt wird. Außerdem haben sie Anspruch auf einen Pflichtzuschuss vom Arbeitgeber.
Der Arbeitgeber entscheidet, welche der fünf Durchführungswege und welche individuellen Zusagen er seinen Mitarbeitern anbietet. Bei der Auswahl und der Implementation lassen sie sich von bAV-Beratern unterstützen, am besten unabhängig. Experten helfen den Unternehmen, sich im bAV-Dschungel zurechtzufinden.
bAV gewinnt zunehmend an Bedeutung
Eine attraktive Betriebsrente ist für Fach- und Führungskräfte im Unternehmen immer wichtiger. Allerdings schrecken vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) oft davor zurück, sich mit dem Thema Betriebsrente auseinanderzusetzen. Darum entscheiden sich immer mehr KMUs, die ihren Mitarbeitern eine bAV anbieten möchten, für die Möglichkeit der Auslagerung. Sie wählen einen externen Finanzdienstleister, der mit ihnen zusammen die bAV einführt und umsetzt. Zur Umsetzung des Anspruchs des Mitarbeiters auf Entgeltumwandlung und des verpflichtenden Arbeitgeberzuschusses in Höhe von 15 Prozent braucht es ein stimmiges Gesamtkonzept. Doch worauf kommt es an?
Erstens: Steuervorteile sorgen für ein Attraktivitätsplus der bAV
Für die Attraktivität einer modernen bAV sind zwei Faktoren von entscheidender Bedeutung. Wegen der Steuervorteile ist der Vermögensaufbau für die Altersversorgung im Rahmen der bAV attraktiver als das private Sparen aus dem Nettoeinkommen. Der Vorteil ergibt sich aus der nachgelagerten Besteuerung: In der steuerfreien Ansparphase ist die Spitzensteuerentlastung nämlich in der Regel höher als die Besteuerung und die Verbeitragung – die Sozialabgaben – der Versorgungsleistungen. Ein Arbeitgeberbeitrag ist als Vergütungsbestandteil sinnvoll. Eine angenommene Gehaltserhöhung in gleicher Höhe kommt teilweise nur zu 50 Prozent im Nettoeinkommen an und steht nur zum Teil für den privaten Konsum oder zum Sparen zur Verfügung. In der bAV hingegen fließen die Beiträge zu 100 Prozent steuerfrei in den Vermögensaufbau im Alter.
Zweitens: bAV mit individueller Anlagestrategie – damit die Rendite stimmt
Entscheidend für die Attraktivität einer modernen bAV ist eine Anlagestrategie, die Kapitalmarktchancen nutzt und das Anlagerisiko entsprechend des Anlagehorizonts steuert. Klassische Lebensversicherungen mit Garantiezins legen zu 90 Prozent in Rentenpapiere an. Aufgrund dieser einseitigen Anlagestrategie funktionieren sie im aktuellen Niedrigzinsumfeld nicht mehr. Eine zeitgemäße Kapitalanlagestrategie sollte den langen Anlagehorizont und das Renditepotenzial von Aktien im Portfolio nutzen. Kursschwankungen relativieren sich im Zeitablauf, und der Einsatz von kostengünstigen ETFs (Indexfonds) minimiert Einzelrisiken. Mit der konsequenten, disziplinierten Umsetzung der Kapitalanlagestrategie ermöglicht es die bAV, im Vergleich zum privaten Nettosparen eine höhere Rendite zu erwirtschaften. Die Grafik zeigt, dass dies in Verbindung mit dem Steuervorteil zu deutlich höheren Altersleistungen führt.
Jedes Unternehmen sollte seinen Mitarbeitern proaktiv eine bAV-Lösung anbieten. Als Weichenstellung für die Wahl des geeigneten Durchführungswegs kann das Unternehmen die gesetzliche Regelung des Anspruchs auf Entgeltumwandlung heranziehen. Demnach hat jeder Mitarbeiter das Recht, Beiträge von bis zu 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (BBG) steuerfrei in die bAV einzuzahlen. Dafür sind die versicherungsförmigen Durchführungswege Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds vorgesehen. Die steuerfreien Beitragszahlungen – Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge – sind gemäß § 3 Nr. 63 EStG auf 8 Prozent der BBG begrenzt. Stand 2019 sind das maximal 6.432 Euro pro Jahr.
Erfahrungsgemäß sind die versicherungsförmigen Durchführungswege für Mitarbeiter mit einem Jahresgehalt bis zur BBG (2019: 80.400 Euro) für einen adäquaten Vermögensaufbau ausreichend. In der Praxis wird der Höchstbetrag selten ausgeschöpft. Der verpflichtende Arbeitgeberbeitrag auf die Entgeltumwandlung kann dazu führen, dass die Partizipation und die Höhe der Beiträge in die bAV steigen. Für Neuzusagen gilt der verpflichtende Arbeitgeberbeitrag von 15 Prozent seit Januar 2019. Für Altzusagen wird er im Januar 2022 eingeführt.
TIPP: Arbeitgeberzuschuss optimal gestalten
Die Sozialversicherungsersparnis des Arbeitgebers aus der Entgeltumwandlung beitragspflichtiger Bezüge beträgt circa 20 Prozent. Die Umsetzung der gesetzlichen Regelung ist verwaltungsaufwendig und intensiv in der Mitarbeiterkommunikation. Ein grundsätzlicher Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 20 Prozent erhöht die Wertschätzung der Mitarbeiter und mindert den internen Aufwand im Unternehmen. Auch ist es möglich, die Begrenzung des Zuschusses auf einen Maximalbetrag zu vereinbaren.
Direktversicherungen und zunehmend auch Pensionsfonds sind beliebt, denn das Unternehmen kann seine bAV auf einen externen Versorgungsträger auslagern. Die wichtigsten Vorteile für das Unternehmen sind Bilanzneutralität, minimierte Unterdeckungsrisiken und wenig Aufwand. Auch die Übertragung des Vertrages auf ihn oder auf den neuen Arbeitgeber beim Ausscheiden des Mitarbeiters (Portabilität) spricht für die versicherungsförmigen Durchführungswege.
Fach- und Führungskräfte mit einem Jahresgehalt über 80.400 Euro erwerben für den Gehaltsteil oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze keine Anwartschaften in der Deutschen Rentenversicherung. Damit sinkt ihr Nettorentenniveau: Bei einem Jahreseinkommen von 120.000 Euro beträgt es statt rund 47 Prozent nur 30 Prozent. Diese Differenz gilt es auszugleichen. Unbegrenzt steuerfreie Beiträge in die bAV sind hierzu erforderlich. Dies gilt auch für Deferred-Compensation-Modelle zur Umwandlung von Bonuszahlungen in Höhe von 10 bis 30 Prozent des Jahreseinkommens. Ein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer, der sozialversicherungsfrei ist, sollte Beiträge in Höhe von 15.000 bis 30.000 Euro pro Jahr steuerfrei in die bAV einzahlen können.
Entscheidend sind unbegrenzt steuerfreie Beiträge
Nur die Durchführungswege der Direktzusage und der rückgedeckten Unterstützungskasse erlauben es, Beiträge in unbegrenzter Höhe steuerfrei in einen bAV-Sparplan einzubringen. Die versicherungsförmigen Durchführungswege nach § 3 Nr. 63 EStG hingegen – Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds – unterliegen steuerlichen Restriktionen. Damit ist ein adäquater Vermögensaufbau für Topverdiener nicht möglich.
Anders als die sehr flexible Direktzusage gibt es bei der rückgedeckten Unterstützungskasse eine Einschränkung: Gemäß § 4d EStG lässt sie nur laufende gleichbleibende oder steigende Beiträge zu. Die Umwandlung von variablen Bezügen mit jährlicher Entscheidungsfreiheit, ob und in welcher Höhe Gehaltsteile umgewandelt werden sollen, ist nicht beziehungsweise nur mit speziellen Versicherungstarifen möglich. Diese kommen jedoch in der Praxis selten zur Anwendung.
TIPP: Direktzusage mit Wertpapierrückdeckung
Optimal für das Unternehmen und seine Topverdiener ist die Direktzusage mit Wertpapierrückdeckung, zum Beispiel mit ETFs. Wichtig ist die Zweckbindung der Mittel, entweder durch Verpfändung des Wertpapierdepots oder durch treuhänderische Verwaltung der Gelder in einem Contractual Trust Arrangement (CTA). Diese Lösung ist in der Regel bilanzneutral und bietet die größtmögliche Flexibilität in der Einzahlung der Beiträge.
Immer mehr KMUs lassen sich bei der betrieblichen Altersversorgung beraten und begleiten. Damit stellen sie sicher, das optimale bAV-Konzept zu finden, Risiken auszulagern und die zum Teil komplexen Regularien einzuhalten. Denn Fehler können das Unternehmen und ihre Mitarbeiter teuer zu stehen kommen. Eine unabhängige bAV-Beratung hingegen zahlt sich aus.
Die folgenden Inhalte sollten im Fokus der Beratung stehen, um ein auf die Ziele eines Unternehmens abgestimmtes, modernes Betriebsrentenkonzept einzuführen:
- Zielsetzung des Unternehmens
- zu versorgende Mitarbeitergruppen und Abgleich mit bestehender Vergütungsstruktur
- Analyse einer bestehenden bAV im Unternehmen
- Information und Entscheidung über Durchführungswege unter Berücksichtigung der steuer-, handels- und arbeitsrechtlichen Auswirkungen
- bei versicherungsförmigen Durchführungswegen Anbieterselektion (Kriterien sind unter anderem niedrige Abschlusskosten, günstige Gruppenkonditionen, vereinfachte Gesundheitsfragen)
- Gestaltung der Direktzusage mit Wertpapierrückdeckung für Topverdiener und Geschäftsführer (Kriterien: keine Abschlusskosten, niedrige Verwaltungskosten, externe Verwaltung)
- Festlegung der gewünschten Ausrichtung der Kapitalanlagestrategie und Nutzung des Renditepotentials von Aktien
- Auslagerung der Risiken und gegebenenfalls externe Administration
- Unterstützung des Unternehmens bei der Kommunikation der bAV