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Erfolge variabel vergüten, wie sie kommen

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Einst als Resterampe des Pharmakonzerns Bayer verunglimpft, mauserte sich der Chemiekonzern LANXESS binnen zehn Jahren zu einem sehr erfolgreichen Global Player. Ein Schlüssel des Erfolgs: Es kommt auf eine gute Performance jedes einzelnen Mitarbeiters an. Deshalb entwickelt der Konzern seine variablen Vergütungselemente seit 2005 kontinuierlich weiter zu strategischen Steuerungsinstrumenten. Und das zur Zufriedenheit der Mitarbeiterschaft.

 

Mit der Abspaltung des Spezialchemiekonzerns LANXESS aus dem Bayer-Konzern im Jahr 2004 standen die Verantwortlichen zunächst vor Aufräumarbeiten. „Wir haben in den ersten Jahren unser Produktportfolio bereinigt und dadurch Freiraum für eine neue Strategie geschaffen“, erklärt Harald Lindner, Head of Mitbestimmung Deutschland im Bereich Group Labor & Employee Relations der LANXESS Deutschland GmbH. „Dadurch konnten wir eine eigene, positiv besetzte Identität aufbauen.“ LANXESS wollte sich damit nicht nur von der ehemaligen Muttergesellschaft Bayer abgrenzen, sondern gerade im Bereich Human Resources die Komplexität der Vergangenheit überwinden. Statt sperriger Strukturen, bürokratischer Prozesse und geringer Differenzierung setzen die Verantwortlichen bei LANXESS bis heute jeden einzelnen HR-Bereich neu auf die Schiene. Dabei sind Transparenz, Einfachheit und Effizienz die Leitprinzipien.

 

„Für unseren Vorstand war von Anfang an eine möglichst gute Performance aller Mitarbeiter ein Kernziel“, skizziert Harald Lindner die strategische Marschroute. „Da ist es nur sinnvoll, alle Beschäftigten über eine variable Vergütungskomponente fair am Unternehmenserfolg zu beteiligen.“ Deshalb beteiligt LANXESS praktisch alle Beschäftigten – sowohl Tarifmitarbeiter als auch AT-Mitarbeiter – weltweit am Kollektivprogramm „Annual Performance Payment“ (APP). Ein weiterer Baustein ist das Programm „Individual Performance Payment“ (IPP). Führungskräfte können zusätzlich an einem Long-Term-Incentive-Programm partizipieren.

 

Schlanke Gradingstruktur

 

Bevor die Kölner daran gingen, ihre variablen Vergütungskomponenten zu entwickeln, führten sie ein weltweit einheitliches Grading ein. Das neue System war mit nur noch vier Management-Grades, 13 Job-Families und 90 Ankerpositionen deutlich schlanker, klarer und damit auch wettbewerbsfähiger als die frühere Vergütungsarchitektur. „Wir haben dann unsere Mitarbeiter entsprechend ihren bisherigen Positionen in das neue Grading überführt“, berichtet Harald Lindner.

 

2005 implementierte LANXESS variable Vergütungskomponenten im Sinne von Boni in Abhängigkeit vom Jahresergebnis, konkret vom Ebitda. Der Grad der Beteiligung der einzelnen Mitarbeiter richtete sich nach dem jeweiligen Grade bzw. der jeweiligen Position. „Wir haben die variable Vergütung in den zurückliegenden zehn Jahren qualitativ und quantitativ immer weiter ausgebaut, so dass sie heute für uns ein wichtiges Instrument ist, um Performance zu steuern“, bilanziert Harald Lindner. „Unser Vorstand gibt zu Beginn jedes Jahres die neuen Ziele vor. Wenn die erreicht werden, löst das eine 100-prozentige Zielausschüttung aus.“

 

Den wichtigsten Schritt bei der Weiterentwicklung der variablen Vergütung nahm LANXESS 2010 vor. Davor hatte sich dieser Vergütungsbaustein an einer 100-prozentigen Ziellinie orientiert, deren Auszahlung zu 80 Prozent aus dem APP-Budget kam und 20 Prozent IPP-Beitrag war. Um die Mitarbeiter zusätzlich zu motivieren und zu belohnen, stockte der Vorstand die variable Vergütung 2010 auf, indem er den kollektiven APP-Anteil auf 100 Prozent erweiterte und das individuelle IPP-Programm mit 20 Prozent on top daraufsetzte.

 

Vergrößerter Ausschüttungskorridor

 

Damit nicht genug: LANXESS erweiterte den Ausschüttungskorridor für das APP-Programm, der zuvor bei einer 150-prozentigen Auszahlung gedeckelt war, auf 200 Prozent. Seit 2005 beläuft sich die durchschnittliche Auszahlung aus dem APP-Programm auf 133,4 Prozent, doch mit dem erweiterten Korridor stieg der Ausschüttungswert ab 2010 in der Spitze auf 175 Prozent (2011) in die Höhe. „Das waren singuläre Entscheidungen des Vorstands“, hebt Harald Lindner hervor. „Dahinter steht die Botschaft: Wenn das Geschäft toll läuft, werden die Mitarbeiter überdurchschnittlich bezahlt, und wenn es nicht so gut läuft, dann performt auch die variable Vergütung schlechter.“ So wie 2009 bei 83 Prozent und 2013 bei 55 Prozent, als Krisen das Geschäft verhagelten.

 

Doch die Mitarbeiter haben das Modell der variablen Vergütung stets mitgetragen und treten auch noch heute dafür ein. „Die soziale Symmetrie war und ist LANXESS immer sehr wichtig“, betont Lindner. „Deshalb haben wir alle Änderungen des Vergütungssystems mit der Arbeitnehmervertretung abgestimmt.“ Zwischen Arbeitgeber und den Beschäftigten herrschte stets ein Konsens dar-über, dass die Zielsetzung ehrgeizig, der Anspruch, sie zu erreichen, aber realisierbar sein müsse. „Hier kommt uns natürlich zugute, dass viele Mitarbeiter Aktien des eigenen Unternehmens halten. Die akzeptieren, dass die variable Vergütung auch mal schmale Ergebnisse hervorbringt, wenn der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens bescheiden ist.“

 

Hier ziehen Tarifmitarbeiter und AT-Mitarbeiter, die bei LANXESS als Leitende Mitarbeiter bezeichnet werden, an einem Strang. „Für uns gibt es bei der variablen Vergütung keinen richtigen Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen“, hebt Harald Lindner hervor. Das gilt für fast alle Landesgesellschaften weltweit. Landesspezifische Anpassungen der Vergütungskomponenten sind möglich, doch die Standards sind für alle Business-Units einheitlich. So hat das Unternehmen in Deutschland den APP-Satz für Tarifmitarbeiter vor einigen Jahren von 5 auf 6 Prozent angehoben.

 

Wie berechnet sich dann die variable Vergütung? Laut der Formel werden das Jahreseinkommen, der APP-Satz und der Grad der Zielerreichung in Prozent miteinander multipliziert. Das ergibt für einen Tarifmitarbeiter mit einem Jahreseinkommen von 50.000 Euro und einem APP-Satz von 6 Prozent bei einer 100-prozentigen Zielerreichung eine Ausschüttung aus dem APP-Budget in Höhe von 3.000 Euro. Zum Vergleich: Ein leitender Angestellter im Management-Grade III mit einem Funktionseinkommen in Höhe von 100.000 Euro und einem APP-Satz von 17 Prozent darf sich bei 100-prozentiger Zielerreichung über eine APP-Zahlung von 17.000 Euro freuen.

 

Langfristige Perspektive motiviert

 

Eine weitere Besonderheit von LANXESS ist das Long-Term-Incentive-Programm für Führungskräfte, das in der Hierarchie vergleichsweise tief bis auf Management-Grade III heruntergezogen wurde. „Hier hatten wir in der Chemiebranche jahrelang ein Alleinstellungsmerkmal, doch jetzt ziehen einige Wettbewerber nach“, erklärt Harald Lindner. Der LTI beläuft sich für den genannten Management-Grade III, also die leitenden Angestellten, auf 8 Prozent, bezogen auf das Zieleinkommen – das heißt feste Vergütung plus 100 Prozent Zielerreichung –, und rund 9 Prozent, bezogen auf das Funktionseinkommen. „Unsere Mitarbeiter wollen die langfristige Strategie des Unternehmens und die persönlichen Perspektiven nachvollziehen können. Und es motiviert, dass unser CEO ein Eigengewächs ist.“

 

Dr. Guido Birkner,

verantwortlicher Redakteur Human Resources

FRANKFURT BUSINESS MEDIA – Der F.A.Z.-Fachverlag

guido.birkner@frankfurt-bm.com

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