Während in Deutschland über Gehälter kaum gesprochen wird, gehen Unternehmen und Beschäftigte in den USA bereits offener mit diesem Thema um: In einigen US-Bundesstaaten ist die Transparenz der Löhne und Gehälter in Stellenausschreibungen nun gesetzlich vorgeschrieben. Ziel ist, die Lohngleichheit zu erhöhen und das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu beseitigen. Hierzulande bleibt die Frage, ob Unternehmen bereit sind, alles offenzulegen.
Was bedeutet Lohntransparenz?
Lohntransparenz bedeutet, dass Unternehmen offen über die Vergütung ihrer derzeitigen und künftigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sprechen. In den vergangenen Jahren ist die Lohntransparenz zu einem immer beliebteren Instrument geworden, um Lohndiskriminierung zu bekämpfen, wie beispielsweise auch geschlechtsspezifische Lohngefälle (Gender Pay Gap).
Schließlich ist der Gender Pay Gap hoch. Laut Statistischem Bundesamt verdienen weibliche Beschäftigte durchschnittlich nur rund 80 Prozent des Lohns ihrer männlichen Kollegen – eine Zahl, die sich trotz des wachsenden Bewusstseins für diese Ungleichheit in den vergangenen Jahren kaum verändert hat. Auch andere Lohnunterschiede, etwa zwischen Arbeitnehmern mit und ohne Behinderung oder LGBTQ+-Beschäftigten, bestehen ebenfalls weiterhin.
Doch was sich ändert, ist die Einstellung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Sie möchten darüber sprechen, wie viel sie und ihre Kollegen und Kolleginnen verdienen. Darüber hinaus reagieren sie immer sensibler auf potentielle Lohnunterschiede und Voreingenommenheit bei der Vergütung am Arbeitsplatz.
Laut einem Bericht des Vergütungssoftwareunternehmens Beqom aus dem Jahr 2022 würden 60 Prozent von 1.000 befragten Beschäftigten zu einem Unternehmen wechseln, das mehr Gehaltstransparenz bietet als ihr aktueller Arbeitgeber. Dieser Trend wurde durch Technologie und Websites wie Glassdoor, auf denen Gehälter offengelegt werden, beschleunigt. Diese Trends erhöhen den Druck auf Gesetzgeber, neue Vorschriften zur Lohntransparenz zu erlassen.
Was verändert Lohntransparenz?
Führen Unternehmen bereits jetzt Gehaltsspannen in Stellenanzeigen auf, bringt das eine Reihe von Vorteilen mit sich, aber auch Herausforderungen, und zwar auf beiden Seiten: der Seite der Arbeitgeber und der Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Vorteile von Lohntransparenz:
- Eine unbestritten positive Auswirkung ist, dass durch Lohntransparenz die Ungleichheit verringert und das geschlechtsspezifische Lohngefälle beseitigt werden kann. Untersuchungen zeigen, dass Frauen und Minderheiten im Einstellungsprozess eher weniger Geld verlangen. Wenn in Stellenausschreibungen Gehaltsspannen angegeben werden, kann genau dieser Diskrepanz entgegengewirkt werden.
- Ein weiterer Vorteil der Offenlegung von Gehältern besteht darin, dass Asymmetrien beseitigt werden, das heißt, Situationen, in denen die Gehaltsvorstellungen von potentiellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stark von denen der Arbeitgeber abweichen. Wenn sich Arbeitsuchende nicht auf Stellen bewerben müssen, deren Gehalt ohnehin nicht ihren Vorstellungen entspricht, wird der Einstellungsprozess effizienter.
Nachteile von Lohntransparenz:
- Wenn die Bezahlung von Talenten kein Geheimnis mehr ist, müssen Unternehmen in der Lage sein, Gehaltsunterschiede zu rechtfertigen und zu belegen. Verfügt ein Unternehmen nicht über ein objektives Stellenbewertungssystem, kann es zu Konflikten kommen.
- Sollten Talente das Gefühl haben, dass ihr Gehalt nicht mit dem übereinstimmt, was Kolleginnen und Kollegen in einer ähnlichen Position erhalten, werden sie vermutlich Forderungen stellen.
- Zudem kann es passieren, dass sich Talente fragen, was ein Unternehmen zu verbergen versucht, wenn es nicht die Informationen bereitstellt, die (potentielle) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von ihm erwarten.
Wie können Unternehmen ein transparentes Gehaltssystem schaffen?
Unternehmen sind gut beraten, wenn sie sich auf das Thema Lohntransparenz vorbereiten. Sie sollten es angehen, auch wenn die Berechnung von Gehaltsstufen eine komplexe Aufgabe ist, die von einer Vielzahl von Variablen abhängt.
Im ersten Schritt sollten sie ein Gehaltsband um einen Mittelwert herum modellieren. Das Minimum und das Maximum der Spanne werden symmetrisch (+/-20 Prozent) oder asymmetrisch (-10 Prozent/+20 Prozent) abgeleitet. Das hängt von der allgemeinen Vergütungsstrategie des Unternehmens ab.
Im zweiten Schritt muss das Unternehmen den Gehaltsmix festlegen. Das bezieht sich auf das Verhältnis zwischen Grundgehalt und variabler Vergütung. Der relative Anteil der variablen Vergütung hängt von den Anforderungen der Stelle ab. In der Regel gilt: Je höher die Anforderungen und die Bedeutung einer Stelle, desto größer ist der variable Anteil.
Um Lohngerechtigkeit zu gewährleisten, müssen Gehaltsbänder auf der Grundlage eines objektiven Rahmens erstellt werden. Idealerweise sind die Gehaltsbänder dann an die Stufen eines analytischen Stellenbewertungssystems gekoppelt.