Herr Dr. Toepfer, die KION Group, weltweit Nummer 2 unter den Herstellern von Flurförderzeugen wie Gabelstaplern, hat im Oktober 2014 für die Mitarbeiter in Deutschland erstmals ein Aktienprogramm ausgerollt. Wie sieht das Programm konkret aus?
Thomas Toepfer: Vom 2. Oktober 2014 an hatten zunächst die Beschäftigten der teilnehmenden deutschen KION-Gesellschaften vier Wochen lang die Gelegenheit, im Rahmen des Share-Matching-Programms „KEEP“ KION-Anteile zu besonderen Konditionen zu erwerben. Die teilnahmeberechtigten Beschäftigten erhalten nach den Regeln des Programms für jedes Paket, das aus drei Aktien besteht, nach einer dreijährigen Haltefrist eine weitere Matchingaktie kostenlos dazu. Wer zum ersten Mal an dem Programm teilnimmt, dem finanziert die KION Group bis zu einer bestimmten Obergrenze das jeweils dritte Papier eines Aktienpakets. So wollten wir die Aktion noch attraktiver gestalten.
Wie sah die Resonanz der Mitarbeiter auf dieses Angebot aus?
Thomas Toepfer: Ich werte es als einen sehr erfolgreichen Start des Aktienprogramms, dass innerhalb der vierwöchigen Frist rund 24 Prozent der circa 7.550 teilnahmeberechtigten Beschäftigten Aktienpakete erworben haben. Über die Hälfte der etwa 1.800 Teilnehmer erwarb sogar die Höchstzahl von 20 Paketen. Die gute Akzeptanz unseres Programms bestätigt uns im Plan, in Deutschland 2014 zu starten und 2015 den Rollout in anderen Ländern fortzusetzen. Dann stehen Frankreich, Großbritannien, Italien und China auf dem Plan.
Welche Ziele verfolgt die KION Group mit dem Aktienprogramm?
Thomas Toepfer: Wir haben uns mehrere Ziele gesetzt. Ganz wichtig ist uns, dass sich die Beschäftigten als Aktionäre und damit als Mitunternehmer sehen. KION ist eine weltweit agierende Gruppe mit den sechs Marken Linde, STILL, Fenwick, OM STILL, Baoli und Voltas. Vor diesem Hintergrund ist es ein Ziel, die Identifikation der Mitarbeiter mit der Dachmarke KION und ihr Engagement zu steigern. Deshalb wollen wir in Zukunft auch bei unseren internationalen Beschäftigten in den globalen Gesellschaften möglichst hohe Beteiligungsraten erreichen, um sie noch mehr auf unsere Unternehmensstrategie für die kommenden Jahre bis 2020 auszurichten. Zugleich will KION als Arbeitgeber die Beschäftigten für die geleistete Arbeit und Treue zusätzlich belohnen. Das Aktienprogramm stellt also auch eine Anerkennung für den Einsatz der Mitarbeiter dar und soll sie noch enger an das Unternehmen binden.
Wie ist KION zu dem Entschluss gekommen, gerade ein Aktienprogramm für Mitarbeiter aufzulegen, obwohl sich die Aktie in Deutschland schwertut?
Thomas Toepfer: In Deutschland ist die Aktienkultur auf Seiten der Privatanleger im internationalen Vergleich tatsächlich nicht besonders stark ausgeprägt, anders als bei institutionellen Investoren. Deshalb sehen wir im KEEP-Programm auch ein Instrument, um unsere Mitarbeiter mehr auf die Kapitalmarktposition unseres Unternehmens hinzuweisen. Bei uns hat sich in den zurückliegenden Jahren einiges getan. Seit Juni 2013 ist die Aktie der KION GROUP AG an der Frankfurter Börse notiert, und seit September 2014 gehört KION dem MDAX an. Der Aktienkurs ist ein ideales Mittel, um transparent zu machen, wie der Kapitalmarkt und andere Unternehmen KION sehen und bewerten und wie sich die Dividende entwickelt. Die hohe Teilnahmequote der Belegschaft bestätigt uns in unserem Bemühen, den Blick der Mitarbeiter für den Kapitalmarkt zu schärfen.
Besitzt das Share-Matching-Programm in Ihren Augen eher einen Entgeltcharakter, oder sehen Sie es eher als Add-on für die Mitarbeiter an?
Thomas Toepfer: Das Aktienprogramm stellt nach unserem Verständnis keine Vergütungskomponente und auch keinen Benefit wie eine Betriebsrente dar. Für die Altersvorsorge unserer Mitarbeiter existieren andere Systeme, die sich besser eignen. Für uns handelt es sich beim KEEP-Programm zuvorderst um ein breiter einsetzbares Motivations- und Bindungsinstrument, über das wir den Mitarbeiter direkt am Erfolg des Unternehmens in Form der Aktienkursentwicklung partizipieren lassen. Wie ernst es uns damit ist, zeigt die anstehende Internationalisierung des Aktienprogramms. Zudem wird es sich nicht um eine einmalige Aktion handeln, sondern wir wollen unseren Mitarbeitern in Zukunft regelmäßig einmal im Jahr einen vergünstigten Aktienkauf anbieten. Auch spielt die beschriebene Fokussierung auf die Aktienkursentwicklung in der variablen Vergütung von Vorständen und Führungskräften eine immer größere Rolle. KION will deshalb eine strukturelle Parallelität zwischen der variablen Vergütung von Führungskräften und dem KEEP-Programm herstellen.
Wie ist KION bei der Entwicklung des Aktienprogramms vorgegangen? Gab es Vorbilder, an denen Sie sich orientiert haben?
Thomas Toepfer: Unsere Ziele haben wir zunächst selbst definiert, ohne uns an anderen Unternehmen zu orientieren. Aber natürlich haben wir uns für die Entwicklung des Modells Best Practices im In- und Ausland angeschaut. Aus dem, was wir dabei gesehen haben, haben wir das herausgezogen und übernommen, was am besten zu uns passte und was sich am besten eignete, um möglichst viele Mitarbeiter mit dem Programm zu erreichen. Als die Ziele feststanden, haben wir ein Share-Matching-Programm entwickelt, das sich global ausrollen lässt. Seine Grundstruktur und die einzelnen Elemente waren von Anfang an auf den internationalen Einsatz ausgerichtet. Es musste praktisch sein und den rechtlichen wie auch steuerlichen Anforderungen in den einzelnen Ländern gerecht werden. Die Adaptionen werden dadurch eher marginal sein. Über die vier Staaten in 2015 hinaus planen wir in den kommenden Jahren einen Rollout in weiteren Ländern. Welche das sein werden, müssen wir sehen. In einzelnen Staaten sind die administrativen Hürden so hoch, dass wir an Grenzen stoßen.
Welche weiteren Entwicklungsschritte waren für den Erfolg des Aktienprogramms in Deutschland entscheidend?
Thomas Toepfer: Der dritte zentrale Schritt nach der Zieldefinition und der Modellentwicklung ist eine klare Kommunikation. Aktienprogramme sind in Deutschland noch erklärungsbedürftig, deshalb steht und fällt deren Erfolg mit einer gut organisierten und umsichtigen Kommunikationskampagne. Die ging über mehrere Phasen und umfasste die unternehmensinternen Medien ebenso wie Sonderaktionen. Dazu zählten in Deutschland Veranstaltungen an allen Hauptstandorten, Informationstage der begleitenden Großbank sowie Videointerviews der beteiligten Vorstände im Intranet des Unternehmens. Auch die Mitbestimmungsorgane unterstützten das Programm und die Kampagne dafür. So gelang es uns, das KEEP-Programm in der deutschen Belegschaft bekanntzumachen und die Akzeptanz dafür aufzubauen.
Dr. Thomas Toepfer
Finanzvorstand und Arbeitsdirektor
KION Group