Die anhaltend hohe Inflation sowie die steigenden Lebenshaltungskosten setzen Unternehmen unter Druck, die Gehälter ihrer Beschäftigten anzupassen – umso mehr vor dem Hintergrund, dass viele Unternehmen Probleme haben, ihren Bedarf an geeigneten Fachkräften zu decken. Laut einer aktuellen Studie der Personal- und Managementberatung Kienbaum haben vergangenes Jahr fast alle der befragten Unternehmen (93 Prozent) auf die wirtschaftlich angespannte Lage mit einer Anpassung der Vergütung reagiert. An der Umfrage zur „Kienbaum Gehaltsentwicklungsprognose 2023“ nahmen Anfang März dieses Jahres 326 deutsche Unternehmen verschiedener Größen und Branchen teil.
Drei Viertel der Unternehmen haben Fixgehälter erhöht
Trotz der aktuell angespannten gesamtwirtschaftlichen Situation sind die Gehälter in den meisten Unternehmen 2022 gestiegen. Gut drei Viertel (77 Prozent) der befragten Unternehmen geben an, dass sie vergangenes Jahr die Fixvergütung angehoben haben. Mehr als jeder zweite Arbeitgeber hat seine Personalausgaben nach eigener Aussage sogar erheblich erhöht. Gerade in den unteren Einkommensgruppen haben viele Unternehmen die Vergütungen deutlich stärker erhöht als in den Vorjahren, sagt Dr. Sebastian Pacher, Kienbaum Managing Director und Partner im Bereich Compensation & Performance Management.
Gehaltssteigerungen niedriger als Beschäftigte erwartet haben
Trotz der erhöhten Fixvergütung bleiben die Gehaltssteigerungen deutlich unter der hohen Inflationsrate und auch den Forderungen der Beschäftigten an die aktuelle Gehaltsrunde zurück. In vielen Fällen kommt es daher zu Reallohnverlusten. So lag die durchschnittliche Erhöhung für Leitungsfunktionen im 2022 bei 4,2 Prozent, die Anhebung für Spezialisten und Spezialistinnen betrug 4,6 Prozent und die Sachbearbeiter und Sacharbeiterinnen kamen auf ein Plus von fünf Prozent. Die Erwartung der Beschäftigten lag bei einer Kienbaum-Umfrage im Herbst des vergangenen Jahres bei 9,3 Prozent. Spannungen auf dem Arbeitsmarkt seien also vorhersehbar gewesen. Die Forderung nach weiteren Gehaltssteigerungen bleibe perspektivisch bestehen, so die Studienverfasserinnen und -verfasser.
Wie viele Arbeitgeber zahlten eine Inflationsprämie?
Abgesehen von einer Anhebung der Fixgehälter haben ebenfalls 77 Prozent der Unternehmen davon Gebrauch gemacht, ihrer Belegschaft 2022 die steuer- und sozialversicherungsfreie Inflationsprämie zu zahlen. Davon haben 53 Prozent die Auszahlung gestaffelt und 47 Prozent zahlten die Prämie mit einem Mal aus. Jedes dritte Unternehmen (33 Prozent) ließ seinen Beschäftigten durch zusätzliche Benefit Zuwendungen zukommen, um die gestiegenen Lebenshaltungskosten abzufedern, und ein Viertel (24 Prozent) gewährte eine Einmalzahlung außerhalb der Inflationsprämie. Insgesamt drei Viertel (76 Prozent) der befragten Unternehmen haben mehr als eine Maßnahme durchgeführt. Am beliebtesten war dabei die Kombination aus angehobener Fixvergütung und Zahlung der Inflationsprämie; zwei Drittel (65 Prozent) wählten diesen Weg.
Auch für 2023 finanzielle Unterstützung für Beschäftigte geplant
Die gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen lassen vermuten, dass der Druck auf die Gehälter weiterhin hoch bleibe, so die Studienverfasserinnen und -verfasser. Die meisten der befragten Unternehmen teilten offenbar die Einschätzung, dass auch in diesem Jahr Handlungsbedarf besteht, die Vergütung dementsprechend anzupassen. So plant knapp die Hälfte (47 Prozent) der Unternehmen für 2023 weitere Maßnahmen. 65 Prozent wollen die Fixvergütung anheben. 52 Prozent planen, die Inflationsprämie auszahlen. 48 Prozent haben vor, zusätzliche Benefits einzuführen und 14 Prozent beabsichtigen, eine Einmalzahlung zu leisten. Von den Unternehmen, die weitere Maßnahmen planen, geben knapp zwei Drittel (63 Prozent) an, mehr als eine Maßnahme durchführen zu wollen. Dabei steht wieder die Kombination aus erhöhter Fixvergütung und Inflationsprämie im Vordergrund.
Kleinere Betriebe stehen besonders unter Druck
Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen gibt an, ihr Personalbudget erheblich erhöht zu haben. Um im Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte bestehen zu können, haben kleinere Betriebe mit weniger als 250 Beschäftigten mit 60 Prozent am häufigsten in die Mitarbeitenden investiert, vor Unternehmen mit 251 bis 2.000 Mitarbeitenden (53 Prozent) und Firmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten (48 Prozent). Dabei sagt gut jeder vierte kleinere Betrieb (27 Prozent), dass die Anforderungen an das Personalbudget die unternehmerischen Handlungsmöglichkeiten einschränken – das sind mehr als bei der nächsten (20 Prozent) und übernächsten (13 Prozent) Größenklasse – insbesondere kleine Unternehmen stehen derzeit also vor schwierigen Herausforderungen.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.