Die Mitarbeiterbeteiligung ist ein bislang noch wenig beachtetes Instrument in der Vergütungsstrategie deutscher Unternehmen. Nur rund zwei Prozent bieten ihren Beschäftigten entsprechende Beteiligungsprogramme an. Dabei stoßen sie auf hohe Akzeptanz – vor allem bei jüngeren Arbeitnehmern.
Spezielle Zusatzleistungen und Angebote, die Arbeitgeber ihren Beschäftigten zur Verfügung stellen, um sie nachhaltig zu motivieren und zu binden, zählen heutzutage immer mehr zum festen Bestandteil der Gesamtvergütungssysteme. Erfolgreiche Großkonzerne setzen dabei schon seit vielen Jahren auf langfristige variable Vergütungskomponenten und Aktienbeteiligungen, sogenannte Long-Term-Incentives (LTI) und Share Purchase Plans (SPP). Die Hauptmotivation der Unternehmen, die Mitarbeiteraktienprogrammen auflegen, ist laut aktueller Global Equity Insights Survey 2021 der Wunsch, Mitarbeiter in die Rolle des unternehmerisch denkenden Miteigentümers zu versetzen und sie für nachhaltigen Erfolg zu incentivieren.
Unternehmensperformance steigt
Die positiven Auswirkungen der Mitarbeiterbeteiligung auf die Motivation und die Bindung der Beschäftigten sowie die Leistungsfähigkeit von Unternehmen belegt eine Vielzahl von Studien.
- Die Untersuchung der Unternehmensberatung hkp///group analysiert die weltweite Marktpraxis aktienbasierter Vergütung bereits im neunten Jahr in Folge. Dabei kristallisiert sich deutlich heraus, dass es einen positiven Zusammenhang zwischen dem Einsatz von LTIs auf breiter Basis und der Gesamt-Performance des Unternehmens gibt. So haben 42 Prozent der leistungsstärksten Unternehmen – gemessen an der Gesamtaktionärsrendite der letzten drei Finanzjahre – ihrer gesamten Belegschaft weitreichende Long-Term-Incentive-Pläne angeboten, bei den leistungsschwächsten Firmen nur ein Viertel. Ähnlich sieht es bei den Aktienkauf- oder Mitarbeiterbeteiligungsplänen aus: Während 80 Prozent der leistungsstarken Konzerne SPP aufgestellt haben, trifft dies nur auf 61 Prozent der leistungsschwächsten Firmen zu.
- In Deutschland analysierte die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen unter der Leitung von Professor Michael Wolff am Beispiel der Siemens AG die positiven Wirkungsmechanismen der Mitarbeiterbeteiligung innerhalb eines Unternehmens. Die Ergebnisse zeigen, dass Beteiligungsprogramme die Motivation der Belegschaft und ihre Identifikation mit dem Unternehmen stärken können. Des Weiteren sprechen die Ergebnisse dafür, dass sich die Teilnahme direkt auch auf das Verhalten der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auswirken kann und die individuelle Performance erhöht.
- Dass eine Mitarbeiterbeteiligung gut angenommen wird, zeigt eine repräsentative Studie des Beratungs- und Dienstleistungsunternehmens AON. Demnach greifen rund drei Viertel aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Großunternehmen in Deutschland zu, wenn Unternehmensanteile zum Kauf durch den Arbeitgeber angeboten werden. Selbst ein niedriges Einkommen hält sie kaum davon ab, sich am eigenen Unternehmen zu beteiligen: 70,6 Prozent der Beschäftigten mit einem Bruttoeinkommen bis 2200 Euro im Monat steigen in die Programme ein. Auch Thomas Steger, Professor für Führung und Organisation an der Universität Regensburg, stellt in einem Forschungsprojekt mit der Hans-Böckler-Stiftung kleinen und mittlere Unternehmen fest, dass die Beschäftigte die ihnen angebotenen Beteiligungsmodelle insgesamt relativ gut bis sehr gut bewerten.
Junge Firmengründer als Vorbild
An Aktualität hat die Mitarbeiterbeteiligung gerade durch die Diskussion in Start-ups gewonnen. Für sie ist die Mitarbeiterbeteiligung seit Langem ein Selbstverständnis. Junge Unternehmen im Silicon Valley waren das Vorbild für einen globalen Trend: Mitarbeitende, die ihre Arbeitszeit und ihr Talent in das Unternehmen investieren, sollen genauso wie die Gründer am Erfolg beteiligt werden. Dass es vor allem auch jüngere Generationen sind, die der Mitarbeiterbeteiligung gegenüber zunehmend aufgeschlossen sind, zeigt eine Umfrage der Economic Research der Allianz. Gefragt, ob sie an einem Beteiligungsprogramm teilnehmen würden, wenn ihr Arbeitgeber dies anbietet, bejahten 62 Prozent in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen.
Große Bandbreite an Instrumenten
Auch wenn auch die Anzahl der deutschen Unternehmen, die ihren Angestellten eine Mitarbeiterbeteiligung anbieten, noch gering ist, so zeigt sich in Deutschland doch eine große Vielfalt unterschiedlicher Beteiligungsformen. Während die größeren Aktiengesellschaften eher auf Belegschaftsaktien setzen, lassen sich im Mittelstand, nicht zuletzt auch wegen der dort vorherrschende Rechtsform der GmbH, eher stille Beteiligungen und Genussrechte finden. Auch wenn es sich hierbei nicht wie bei Aktiengesellschaften um echte Unternehmensanteile handelt, so lässt sich doch in diesen Formen die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen abbilden und Beschäftigte können durch eine Kapitalanlage an dem Erfolg finanziell teilhaben. Besonders positiv ist: Die Unternehmensgröße spielt dabei keine Rolle. So beteiligen vom Gartenbetrieb und klassischen Mittelständler bis hin zu namhaften Familienunternehmen wie Claas, Dräger, Globus, Stihl oder Goldbeck ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auf diesen Wegen.
Dirk Lambach
Kommunikation und Projekte
Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung – AGP e.V.
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