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Was treibt Vergütung weltweit?

Mythen und Meinungen darüber, welche Faktoren die Vergütung im Management weltweit treiben, gibt es viele. Sie reichen von „Große Firmen zahlen höhere Gehälter“ über „Manager im Finance-Bereich verdienen mehr als in HR“ bis hin zu „Top-Führungskräfte werden international stärker diskretionär vergütet als in Deutschland“ – um nur einige beliebige Aussagen aufzuzählen. Doch was davon hält einer systematischen Überprüfung stand? Und vor allem: Welche Faktoren sind für regionale Vergütungsunterschiede maßgeblich? Antworten auf diese und weitere Fragen lassen sich neben konkreten Projektdaten nicht zuletzt auf Basis aktueller hkp///group-Vergütungsstudien finden.

Die Vergütung von Top-Führungskräften wird maßgeblich von folgenden Aspekten beeinflusst: Zum einen beschreibt die Wertigkeit einer Funktion ihr Anforderungsprofil im Hinblick auf die Komplexität von Aufgaben sowie den Einfluss auf Strategie und Ergebnisse. Zum anderen verortet die Funktionsfamilie eine Position in einem typischen Unternehmensbereich, zum Beispiel Finanzen oder HR. Darüber hinaus haben individuelle Eigenschaften einer Führungskraft, vor allem Alter und Geschlecht, ebenfalls Einfluss auf deren Gehalt. Zuletzt können spezifische Merkmale des Unternehmens Vergütung treiben, insbesondere Größe und Branche, aber auch die Vergütungsphilosophie.

Für eine systematische Analyse des Einflusses dieser Treiber sind umfangreiche und belastbare Daten unerlässlich. Die Auswertung für den vorliegenden Beitrag umfasst  Vergütungs- und Unternehmensdaten von Führungskräften in 60 Ländern weltweit. Für die Darstellung wurden stellvertretend sechs Länder ausgewählt, um unter Nutzung von multivariaten Regressionsmodellen zu analysieren, inwieweit die Zieldirektvergütungen (Grundvergütung plus Zielwert der einjährigen variablen Vergütung plus Fair Value der mehrjährigen variablen Vergütung) auf die verschiedenen Treiber zurückzuführen sind.

Diese anspruchsvollen ökonometrischen Verfahren erlauben es, verschiedene Einflussfaktoren gleichzeitig einzubeziehen und mit großer Präzision zu quantifizieren, in welchem Ausmaß die einzelnen Treiber erklären können, warum manche Führungskräfte mehr verdienen als andere.

Was treibt Vergütung in Deutschland?

Die Funktionswertigkeit ist in Deutschland der mit Abstand wichtigste Treiber und erklärt 57 Prozent der Vergütungsunterschiede zwischen Führungskräften. Dieser hohe Anteil überrascht nicht: Aus früheren Analysen ist bekannt, dass der große Einfluss der Funktionswertigkeit über die letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Dies legt nahe, dass Grading-Systeme zur Einordnung von Funktionswertigkeiten heute systematischer eingesetzt werden als noch vor einigen Jahren. Deutlich kleiner sind die Unterschiede in der Vergütung zwischen Funktionsfamilien, die nur sechs Prozent der Unterschiede ausmachen.

Weitere neun Prozent der Vergütungsunterschiede können auf individuelle Eigenschaften der Führungskraft zurückgeführt werden, wobei weniger als ein Prozent auf dem Geschlecht basieren.  Bezüglich des öffentlich viel und kontrovers diskutierten Gender Pay Gap bestätigen diese Ergebnisse einmal mehr: Wenn andere Einflussfaktoren in die Analyse einbezogen werden, ist der reine Geschlechtereffekt auf Vergütung klein – aber auch nicht gleich null.

Bei den unternehmensspezifischen Einflüssen erklärt die Größe des Unternehmens ebenfalls nur einen kleinen Anteil der Vergütungsunterschiede (drei Prozent). Demnach werden Positionen gleicher Wertigkeit in großen wie mittleren Unternehmen vergleichbar vergütet. Auch der Industriezweig, in dem die Unternehmen operieren, zählt zu den kleineren Vergütungstreibern in Deutschland (fünf Prozent).

Insbesondere bilden Charakteristika des Jobs – allen voran die Funktionswertigkeit – die mit Abstand erklärungsstärkste Kategorie an Vergütungstreibern.

Weitere Spezifika, in denen sich Unternehmen voneinander unterscheiden, sind etwa Vergütungsphilosophie und -strategie, Unternehmenskultur und Standort. Diese Treiber repräsentieren weitere neun Prozent der Vergütungsunterschiede und nehmen das gleiche Gewicht ein wie der summierte Anteil des Einflusses von Unternehmensgröße und Branche.

Letztlich können die sieben untersuchten Treiber den Großteil der Vergütungsunterschiede erklären; nur etwas mehr als ein Zehntel der Gesamtunterschiede bleiben unerklärt. Sie sind entweder auf weitere, für unsere Analysen nicht verfügbare Einflussfaktoren zurückzuführen oder unterliegen unsystematischen Einflüssen wie dem Zufall.

Globale Ähnlichkeiten, lokale Eigenheiten

Beim Blick auf andere Länder zeigen sich im Vergleich zu Deutschland erstaunliche Ähnlichkeiten. Insbesondere bilden Charakteristika des Jobs – allen voran die Funktionswertigkeit – die mit Abstand erklärungsstärkste Kategorie an Vergütungstreibern. Weitere Ähnlichkeiten betreffen die Unternehmensgröße, die in allen Regionen nur einen kleinen Anteil ausmacht (sechs Prozent oder kleiner). 

Es gibt jedoch auch beachtliche lokale Eigenheiten. Brasilien etwa zeigt den größten Effekt des Geschlechts, auch wenn dieser absolut gesehen klein bleibt. Das Ergebnis bestätigt Gender-Pay-Gap-Analysen aus dem letzten Jahr, in denen Brasilien einen der am stärksten ausgeprägten Geschlechtsunterschiede weltweit zeigte. In China bietet sich ein konträres Bild: Dort sind individuelle Eigenschaften wie Alter und Geschlecht überhaupt nicht maßgeblich für die Vergütungshöhe. Es wird ohne Ansehen der Person entlohnt. Gleichzeitig spielt in China die Branche eine verhältnismäßig große Rolle, was nahelegt, dass verschiedene Industrien unterschiedliche Reputation genießen – und dementsprechend vergüten.

Frankreich ist neben Deutschland das Land mit dem geringsten Anteil nicht erklärter Vergütungsunterschiede. Gehälter sind dort also in hohem Maße auf objektiv quantifizierbare statt auf zufällige oder diskretionäre Faktoren zurückführbar. Frankreich und Saudi Arabien sind auch die einzigen ausgewählten Länder, in denen Unternehmensspezifika jenseits der Größe und des Industriezweigs keinen Einfluss auf Vergütung haben.

Auf den ersten Blick überrascht, dass das Geschlecht in Saudi Arabien keinen Effekt auf Vergütung hat. Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch ein extremes Missverhältnis in der Anzahl weiblicher Führungskräfte, die in unserem Datensatz weniger als ein Prozent repräsentieren. So liegen Vergütungsunterschiede zwischen Frauen und Männern wohl weniger in der Bezahlung selbst begründet als vielmehr in der Möglichkeit, überhaupt in solche Positionen zu gelangen.

Von allen Ländern zeigen die USA den größten Effekt der Funktionswertigkeit. Grading leistet dort wohl am besten, wozu es konzipiert ist: die Komplexität und den Einfluss einer Managementposition zu quantifizieren, um damit auch ein angemessenes Vergütungsniveau zu bestimmen. Die geschlechtliche Zugehörigkeit hat in den USA dagegen keinen Effekt auf Vergütung. Dies ist sicherlich nicht zuletzt ein Ergebnis von mehr als 50 Jahren, in denen die US-Politik gegen geschlechterdiskriminierende Vergütung agiert hat.

Fazit

Die anfangs angesprochenen Vergütungsmythen lassen sich nur zum Teil analytisch untermauern. Für vergleichbare Positionen zahlen große Firmen – auch weltweit gesehen – kaum höhere Gehälter als kleinere. Auch die Unterschiede zwischen verschiedenen Funktionsfamilien sind geringer, als das Bauchgefühl es oft nahelegt. Nicht erklärbare, darunter auch diskretionäre Einflüsse auf die Vergütung schwanken tatsächlich zwischen Ländern, sind aber – entgegen manchem Stereotyp – in den USA nicht kleiner als in Brasilien.

Uneingeschränkt bestätigen lässt sich dagegen: Bei der Frage, was die Vergütung von Führungskräften wirklich treibt, zeigen sich erstaunliche globale Ähnlichkeiten ebenso wie beachtliche lokale Unterschiede.

Jennifer S. Schulz
Vergütungsexpertin
hkp///group
jennifer.schulz(*)hkp(.)com
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Verena Vandervelt
Vergütungsexpertin
hkp///group
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Dr. Andreas Nehrlich
Analyst
hkp///group
andreas.nehrlich(*)hkp(.)com
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