Transparenz in der Vergütung ist für die Gruppe der Vorstände und Aufsichtsräte in börsennotierten Aktiengesellschaften längst etabliert und gelebte Praxis. Doch was für diesen Personenkreis in der Privatwirtschaft inzwischen als selbstverständlich angenommen wird, ist für viele Bereiche des öffentlichen Dienstes Tabu. Eine Studie der Zeppelin-Universität Friedrichshafen (HIER) bringt Licht ins öffentliche Dunkel.
Gerade vom öffentlichen Sektor als primär steuerlich finanziertem Bereich sollten die Bürger ein hohes Maß an Transparenz erwarten, gerade dann, wenn es um die Vergütung von Top-Führungskräften geht. Die Offenlegung solcher Daten kann Klarheit, Vertrauen und ein Bewusstsein für die Verhältnisse im öffentlichen Sektor schaffen. Gerade Nachwuchskräfte nutzen Vergütungsdaten gern für sich, um daraus die Attraktivität eines Arbeitgebers, sein Image, die Zufriedenheit der Mitarbeiter und die Chancengerechtigkeit abzuleiten. Doch die Realität in punkto Transparenz sieht vielerorts anders aus. Auf lediglich 17,8 Prozent beläuft sich die personenbezogene Vergütungsoffenlegung in Deutschland insgesamt, wie die neue Studie „Vergütungstransparenz-Ranking 2018“ der Zeppelin-Universität Friedrichshafen ausweist.
Damit bewegt sich die Quote nach Aussage der Studienautoren weit unter den politischen Zielen und den Forderungen in den Debatten um mehr Transparenz. Während die personenbezogene Transparenzquote auf kommunaler Ebene 16,2 Prozent beträgt, liegen der Vergleichswert für die Bundesländer bei 33,3 Prozent und der für den Bund bei 52 Prozent. Wie die Untersuchung zeigt, weisen die entsprechenden Vergleichswerte selbst innerhalb eines Bundeslandes zum Teil erhebliche Unterschiede zwischen kommunaler Ebene und Landesebene auf.
Große regionale Unterschiede beim Grad der Vergütungsoffenlegung
Insgesamt haben die Studienautoren die Vergütungsoffenlegung für 6.137 Unternehmen analysiert, die unmittelbar und mittelbar durch die öffentliche Hand maßgeblich beeinflusst sind. Die Unternehmen verteilen sich auf alle 386 deutschen Städte mit einer Einwohnerzahl von mehr als 30.000, auf alle 294 Landkreise, 13 Flächenbundesländer und den Bund. In der Summe geht es um 694 Gebietskörperschaften. Während in manchen Gebietskörperschaften Vergütungstransparenz schon seit längerem selbstverständlich ist, geht sie in vielen anderen Gebietskörperschaften weiterhin gegen null.
Eine relativ hohe personenbezogene Vergütungstransparenz haben die Studienautoren für die unmittelbaren Beteiligungen der Kommunen in Nordrhein-Westfalen sowie beim Bund (91,7 Prozent) sowie in den Stadtstaaten (Berlin 97,1 Prozent, Bremen 96,3 Prozent, Hamburg 96,3 Prozent) ermittelt. Der Grund für diese hohen Werte ist der Umstand, dass diese Gebietskörperschaften geltende Transparenzgesetze oder Publizitätsregelungen in Public Corporate Governance Kodizes haben.
Anders sieht es in diesen Gebietskörperschaften mit den mittelbaren Beteiligungen aus. Dort ist die Vergütungsoffenlegung deutlich niedriger, obwohl auch die mittelbaren Beteiligungen an die gleichen Transparenzanforderungen gebunden sind. Konkret liegt die personenbezogene Offenlegungsquote für viele kleinere Städte und Landkreise bei weniger als 10 Prozent.
Sechs von zehn Gebietskörperschaften weisen eine personenbezogene Offenlegungsquote von null Prozent auf
Besonders hoch ist die personenbezogene Vergütungsoffenlegung mit dem Maximalwert von 100 Prozent laut der Studie in den vier Ruhrgebietsstädten Bottrop, Essen, Mühlheim an der Ruhr und Unna. Weiterhin liegen mit Wiesbaden (81,5 Prozent) und Offenbach am Main (77,8 Prozent) zwei hessische Großstädte im Ranking der Gebietskörperschaften mit den höchsten personenbezogenen Offenlegungsquoten auf den vorderen Plätzen. Insgesamt weisen 25 Gebietskörperschaften eine Offenlegungsquote innerhalb der Spanne von 50 Prozent und 75 Prozent auf. Weitere 43 Gebietskörperschaften bewegen sich innerhalb einer Offenlegungsquote zwischen 25 Prozent und 50 Prozent. 87 Gebietskörperschaften fallen in die Spanne von über null bis unter 25 Prozent. Am Ende liegen 248 der 413 Gebietskörperschaften mit einer personenbezogenen Offenlegungsquote von null Prozent. Das entspricht einem Anteil von 60 Prozent aller 413 Gebietskörperschaften.
Der Blick auf die öffentlichen Unternehmen der Bundesländer zeigt, dass hier Baden-Württemberg mit 62,4 Prozent und Nordrhein-Westfalen mit 58,5 Prozent die höchsten personenbezogenen Vergütungsoffenlegungsquoten aufweisen. Gleichzeitig betragen die Vergleichswerte von vier anderen Bundesländern null Prozent.
Fazit
Im Gesamtergebnis zeigt die Studie, dass sich das Ziel der personenbezogenen Offenlegung allein durch klare Regelungen in Gesetzen und Public Corporate Governance Kodices realisieren lässt. Das Autorenteam spricht sich angesichts der Verantwortung öffentlicher Unternehmen dafür aus, dass die Regeln für die Offenlegung der Top-Managementvergütung im öffentlichen Bereich nicht hinter dem privatwirtschaftlichen Bereich im Umfeld börsennotierter Aktiengesellschaften zurückstehen sollten.
Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass Vergütungstransparenz im Kontext öffentlicher Unternehmen nicht zwangsläufig Vergütungen steigen oder sinken lässt. Die Autoren sehen Vergütungstransparenz vor allem als Weg für die Betroffenen, um die Vergütungswerte quasi innerhalb einer Peer-Group zu nutzen, um die eigene Vergütung entsprechend zu reflektieren. Auch sollten die verantwortlichen Akteure auf allen Ebenen des öffentlichen Sektors dafür sorgen, dass geltende gesetzliche Regelungen tatsächlich eingehalten werden. Um ein höheres Maß an transparenter Offenlegung der Vergütung in personenbezogener Form durchzusetzen, bedarf es einer präzisen gesetzlichen Offenlegungspflicht. Freiwillige Selbstregulierung hilft dabei wenig, wie die bisherige Praxis belegt.
Abschließend sprechen sich die Studienautoren dafür aus, die Top-Managementvergütung auf der Ebene der öffentlichen Unternehmen auf der Basis der aktuellen Gesetzeslage im Anhang des Jahresabschlusses personenbezogen offenzulegen nach dem Vorbild der Vergütungsberichte von börsennotierten Aktiengesellschaften. Dabei sollte die Veröffentlichung inhaltlich entsprechend dem Deutschen Corporate Governance Kodex der Regierungskommission in Form eines Vergütungsberichts erfolgen und explizit auch die Altersversorgungselemente transparent darstellen.
Dr. Guido Birkner,
verantwortlicher Redakteur Human Resources
FRANKFURT BUSINESS MEDIA – Der F.A.Z.-Fachverlag
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