Während die Aufgaben der Top-Aufseher und Entscheider in Österreich immer innovativer und aufwendiger, internationaler und umfangreicher werden, bleibt die Vergütung dagegen konstant. Daran wird sich in Zukunft nur langsam etwas ändern.
Die Tätigkeiten der Aufsichtsratsarbeit sind gesetzlich genau definiert, und in diesem Rahmen müssen Aufsichtsräte ihre Aufgaben erfüllen. Dem Aufsichtsrat obliegt primär die Überwachung der Geschäftsführung, er ist somit ein klassisches Kontrollorgan. Die Rechte und Pflichten der Aufsichtsräte und die maßgeblichen Grundlagen der inneren Organisation ergeben sich aus dem Gesetz und dem Gesellschaftsvertrag, allenfalls auch aus einer Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat.
Die Obliegenheit des Aufsichtsrats ist es, die Gesellschaft zu überwachen – so § 95 AktG über die Aufgaben und Rechte des Aufsichtsrats. Dies bedeutet, Berichte anzufordern, Bücher und Vermögensgegenstände zu prüfen und Zustimmung zu erteilen, etwa zu Erwerb sowie Veräußerung von Gesellschaften und Beteiligungen, zu Investitionen, Finanzierung und anderen grundlegenden Unternehmensentscheidungen.
Wie sieht nun die gelebte Realität dieser Funktionen aus? Aufsichtsräte sind vehement in die strategische Ausrichtung des Geschäfts involviert und werden dadurch von ihren Vorständen auch gefordert. Neben der (Mit-)Definition der Unternehmensstrategie sind auch die Einhaltung und Überprüfung derselben Fokusthemen.
Aufsichtsratsmitglieder selbst sind der Ansicht, dass die Anforderungen an die Aufsichtsratsarbeit in den vergangenen Jahren gestiegen sind. Das zeigen die Ergebnisse der „Aufsichtsrats- und Vorstandsstudie 2017“ von Kienbaum Consultants Austria. Dafür wurden 58 Vorstände und Aufsichtsräte börsennotierter und nicht börsennotierter Aktiengesellschaften in Österreich befragt. Tendenziell unterscheidet sich das Bild in Österreich nicht wesentlich von jenem in Deutschland. Zwischen österreichischen Vorständen und Aufsichtsräten gibt es insofern Unterschiede, als die Vehemenz der Anforderungen aus Sicht der Aufsichtsräte stärker ist.
Treiber für die gestiegenen Anforderungen sind inhaltliche Faktoren, wie die zunehmende Notwendigkeit von Spezialwissen auf bestimmten Gebieten der Aufsichtsarbeit wie etwa Rechte und Pflichten. Aber auch die Intensität der Sitzungsvorbereitung und der Arbeitsaufwand neben Sitzungen und deren Vorbereitung haben deutlich zugenommen. Besonders stark gestiegen ist die Anforderung an die Beschäftigung mit dem Umfeld des Unternehmens.
Im Schnitt werden bei den teilnehmenden Unternehmen jährlich circa fünf ordentliche Präsenzsitzungen des Aufsichtsrats abgehalten. Zudem finden über drei Beschlussfassungen im Umlaufverfahren und circa drei Telefon-/Videokonferenzen statt. Die Anzahl der Termine des Vorsitzenden des Aufsichtsrats ist durchschnittlich doppelt bis dreimal so hoch. Gut ein Drittel der Teilnehmer gibt an, dass die Anzahl der Telefon-/Videokonferenzen zukünftig zunehmen wird.
Betrachtet man den zeitlichen Aufwand zur Erfüllung der Aufgaben, kommt ein Aufsichtsratsvorsitzender auf 30 Tage per anno im Median. Die Werte pendeln in der Breite zwischen dem unteren und oberen Quartil von 24 bis 60 Tagen. Man sieht also, dass der durchschnittliche Wert über dem Median liegt. Das ergibt im Median einen zeitlicher Aufwand von circa drei Werktagen pro Monat für den Vorsitz und von circa 1,5 Werkstagen pro Monat für die restlichen Mitglieder (siehe Abbildung 1).
Zusätzlich zur Tätigkeit als Vorsitzender des Aufsichtsrats kommen im Durchschnitt weitere sechs Tage Weiterbildung für den Vorsitzenden pro Jahr hinzu. Die Integration eines neuen Aufsichtsratsmitglieds beläuft sich auf circa drei Arbeitstage für den Aufsichtsratsvorsitzenden pro Monat.
Diesen Aufwendungen sind dann in weiterer Folge die Einkünfte aus der Aufsichtsratstätigkeit gegenüberzustellen. Neben der Pauschalvergütung der Aufsichtsratstätigkeit als solcher sind in Österreich Sitzungsgelder, also die Abgeltung von Tätigkeiten in der Aufsichtsratssitzung oder in der Sitzung von Ausschüssen, die gängigsten Entschädigungen. Die Abstufung erfolgt dabei nach der Rolle in den Ausschüssen und im Aufsichtsrat (siehe Abbildung 2).
Die künftige Vergütung der Aufsichtsräte
Das derzeitige Vergütungsniveau für Aufsichtsräte in Großunternehmen wird meist als angemessen angesehen. Hingegen verdienen Aufsichtsräte im Mittelstand nach Auffassung der Befragten häufig zu wenig. Sowohl in Großunternehmen als auch im Mittelstand rechnen viele Teilnehmer mit einem weiteren Anstieg der Vergütungshöhen in den kommenden Jahren. Für das eigene Unternehmen gehen die meisten Teilnehmer allerdings von stagnierenden Vergütungshöhen aus.
Die Aufsichtsratvergütung wird derzeit als zu niedrig angesehen, sie wird aber nach Meinung der Studienteilnehmer in Zukunft steigen. Die Struktur der Vergütung wird gleich bleiben. Doch wie viel sollte ein Aufsichtsrat verdienen? Eine in der Praxis verbreitete Faustformel besagt, dass sich die Vergütung eines Aufsichtsratsmitglieds aus dem für die Wahrnehmung des Mandats notwendigen Zeitaufwand, aus dem Risikoprofil des jeweiligen Unternehmens und aus einem vom Kandidaten erwarteten Tagessatz ergibt. Somit muss es auch nach Ansicht der Studienteilnehmer zu einer Erhöhung der Vergütung kommen.
Die Befragten sind sich weitestgehend darüber einig, dass die Aufsichtsratsvergütung fixe und erfolgsunabhängige Bestandteile umfassen sollte. Erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile sind deutlich umstrittener. Lediglich 8 Prozent der Teilnehmer setzen derzeit eine erfolgsabhängige Vergütung für den Aufsichtsrat ein. Somit ist in Zukunft von einer Konstanz in der Aufsichtsratsvergütung auszugehen.
Die künftige Vergütung der Vorstände
Die aktuelle Vergütungshöhe der Vorstände in Österreich ist Thema unterschiedlicher Betrachtungen und wird medial angeregt diskutiert. Die Ausgestaltung, Angemessenheit und Transparenz der Vergütung von Vorständen sind Punkte, die Unternehmen vor immer größere Herausforderungen stellen. Neben der horizontalen Angemessenheit von Vorstandsbezügen rückt auch die vertikale Angemessenheit – also die Relation zwischen den Bezügen von Vorständen und der Belegschaft – immer stärker in den Fokus.
Der Aufsichtsrat hat dafür zu sorgen, dass die Gesamtbezüge der Vorstandsmitglieder in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen des einzelnen Vorstandsmitglieds, zur Lage der Gesellschaft und zur üblichen Vergütung stehen, und hat langfristige Verhaltensanreize zur nachhaltigen Unternehmensentwicklung zu setzen. Soweit § 78 Abs. 1 AktG. Dieses Thema wird komplexer, wenn regulatorische Vorgaben wie die Berichtspflicht laut Entgeltgleichheitsgesetz in Vergütungsausschüssen eine wesentliche Rolle spielen.
Aktuell gibt es in dem Zusammenhang viele Entwicklungen, die damit verbundenen Herausforderungen sind vielfältig. Das Vergütungsniveau in Großunternehmen wird als eher zu hoch eingeschätzt, im Mittelstand überwiegend als angemessen. In Zukunft erwarten viele Teilnehmer stagnierende Bezüge.
In der Struktur der Vorstandsvergütung werden variable Vergütungskomponenten mit mehrjährigen Bemessungsgrundlagen an Bedeutung gewinnen. Insgesamt gehen viele Teilnehmer von einer steigenden Bedeutung von Nachhaltigkeitsaspekten bei der Vorstandsvergütung aus. Auch eine Unternehmensführung, die auf langfristige Ziele wie etwa Umweltschutz oder Corporate Social Responsibility ausgerichtet ist, ist ein wichtiges Instrument zur Umsetzung von Nachhaltigkeit in der Vorstandsvergütung.
Bei den allermeisten Teilnehmerunternehmen richtet sich die Vorstandsvergütung an Finanz- und Kostenzielen aus. Aufsichtsräte und Vorstände wünschen sich häufig eine Orientierung ihrer Vergütung an markt- und kundenbezogenen Zielen. Weniger als die Hälfte der Teilnehmer hat solche Ziele bis dato etabliert. Ein großer Teil der Vorstände spricht sich zudem für mitarbeiterbezogene Ziele wie beispielsweise Mitarbeiterzufriedenheit aus. (siehe Abbildung 3)
Geht es nach dem Wunsch der Aufsichtsräte, sind die wesentlichen Bestandteile der Kennzahlen Ziele nach finanziellen Komponenten, die strategische Entwicklung des Unternehmens, die Förderung von Frauen und damit gleichauf kundenbezogene Kriterien. Zusätzlich sollte eine persönliche Beurteilung durch den Aufsichtsrat Teil der Festlegung der variablen Komponenten sein.
Das Bild der Vorstände weicht davon ab. Der Top-KPI ist unisono das finanzielle Ergebnis. Diesem folgt die strategische Entwicklung des Unternehmens. Dann geht es um markt- und kundenbezogene sowie um mitarbeiterbezogene Kriterien. Dies mag auf den ersten Blick ähnlich klingen, aber in der Detaillierung stellen sie einen fundamentalen Unterschied dar. Gefragt nach der Langfristigkeit, sind sich Aufsichtsräte und Vorstände einig, dass sich die variablen Komponenten der langfristigen Unternehmensführung und auch die mehrjährige Betrachtung der Bemessungsgrundlage erhöhen werden.
Die Rolle der Aufsichtsräte in der Gestaltung der Vergütung von Vorständen wird ebenso steigen wie die Engmaschigkeit in der Gestaltung. Die Kunst wird es sein, motivierend und zugleich reglementierend einzugreifen.
Mag. Alfred Berger,
Principal, Mitglied der Geschäftsleitung, Leitung Compensation & Performance Management
Kienbaum Consultants Austria GmbH. Wien