Wie kann es gelingen, Anreize für ein ökologisch nachhaltiges Handeln im Bonus zu verankern? Die OPTIMA Unternehmensgruppe entwarf mit wissenschaftlicher Unterstützung eine erste Diskussionsgrundlage für ein neues Managementbonussystem. Sebastian Henke, Director Human Resources, erläutert das Konzept.
COMP & BEN: Welche Rolle spielen Umweltziele in Ihrem Unternehmen?
Sebastian Henke: Als Sondermaschinenbauer zum Abfüllen und Verpacken von Produkten tragen auch wir eine ökologische Mitverantwortung. Bei den Verpackungslösungen sind wir schon weit: Sie berücksichtigen die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft – Circular Packaging – und fügen sich nahtlos in die Bemühungen um Nachhaltigkeit ein. Die Novelle des Klimaschutzgesetzes vom Mai 2021 gibt vor, dass statt einer Minderungsquote von bislang 55 Prozent bis 2030 65 Prozent der klimaschädlichen Treibhausgasemissionen eingespart werden sollen. Schon heute wird die Reduzierung der CO2-Emissionen im Unternehmen intensiv betrieben, und jeder Fachbereich trägt mit seinen spezifischen Möglichkeiten dazu bei. Künftig gewinnt ökologisch nachhaltiges Handeln für uns noch mehr an Bedeutung, und wir denken darüber nach, es konsequenterweise in das Bonussystem zu integrieren.
Welche Rolle spielen Nachhaltigkeitsfaktoren bisher in der Zielerreichung?
Sebastian Henke: Die Nachhaltigkeitsfaktoren konnten freiwillig in die Zielerreichung aufgenommen werden. Somit stellen die ökologischen Ziele aktuell noch einen verbesserungsfähigen Aspekt dar, sie sollen aber künftig an Bedeutung gewinnen. In Rahmen der wissenschaftlichen Zusammenarbeit wurde überlegt, bei der Neugestaltung der Managementboni eine Verbesserung der Umweltbilanz mit zu berücksichtigen. Angedacht sind quantitative und qualitative Ziele, die einen schonenderen und nachhaltigeren Ressourcenumgang bewirken. Durch die Implementierung in den Managementbonus soll dieses Unternehmensziel noch konsequenter verfolgt werden.
Wie sieht das aktuelle Bonuskonzept aus?
Sebastian Henke: Mitarbeiter in Führungspositionen erhalten derzeit einen Bonus, der einmal jährlich ausbezahlt wird. Seine Höhe wird im Arbeitsvertrag funktionsbezogen definiert und liegt in der Regel bei circa 20 Prozent der Gesamtvergütung. Speziell im Bereich Service und Vertrieb setzt sich der Bonus aus folgenden Kennzahlen zusammen: Prognosefähigkeit (Dokumentation von Angeboten und Aufträgen), der Auftragseingang, der Gewinn der Business Unit, die Aktivitäten nach Vorgabe der jeweiligen Bereiche und die individuelle Leistungsbeurteilung durch die Führungskraft. Die Bandbreite der abteilungsrelevanten Zielerreichung erstreckt sich von 50 Prozent bis zu 150 Prozent, bei den Aktivitäten von 80 Prozent bis zu 120 Prozent.
Was soll eine neue Bonussystematik leisten?
Sebastian Henke: Für die Business Units und deren Führungskräfte sowie HR-Verantwortliche soll ein innovatives und zukunftsfähiges Bonussystem künftig effizienter zu handhaben sein. Dies könnte durch eine Vereinheitlichung über alle Geschäftsbereiche und durch zielspezifische Kennzahlen erreicht werden. Gleichzeitig wollen wir die Transparenz über die Bestandteile des Bonus und die individuelle Beeinflussbarkeit steigern.
Wie könnten neue Messgrößen aussehen?
Sebastian Henke: Unser Gedankenmodell sieht vor, dass sich der neue Bonus für Managerinnen und Manager aus quantitativen und qualitativen Elementen zusammensetzt. Neben dem EBIT gehen die quantitativen Mitarbeiterziele in das System ein. Die Basis für die qualitativen Messgrößen könnte ein individuell vereinbartes Ziel, das unter Anwendung einer angepassten OKR (Objectives and Key Results)-Methode erstellt wird. Die Schlüsselergebnisse würden so formuliert, dass die Zielerfüllung quartalsweise messbar wäre. Eine vierteljährliche Zielvereinbarung und -überprüfung tragen zu schnelleren Entscheidungen bei. Der OKR-Bonusanteil würde auf Jahresbasis ausbezahlt werden. Dabei würden sowohl Einzel- als auch Teamergebnisse vereinbart.
Welchen Stellenwert könnten die quantitativen und qualitativen Umweltziele gewinnen, wenn Sie dem ersten Entwurf folgen?
Sebastian Henke: Grundsätzlich würden wir Mindestanforderungen sowie Höchstgrenzen für die jeweiligen Zielbereiche vorgeben. Sowohl die quantitativen als auch die qualitativen Ziele müssten zu mindestens 70 Prozent erreicht werden. Eine Übererfüllung wäre bei den quantitativen Kennzahlen bis zu 120 Prozent möglich. Der Korridor für die Zielerreichung würde den Mitarbeitenden einerseits eine finanzielle Absicherung geben und andererseits auch die Möglichkeit einer Übererfüllung. Innerhalb des Bonus läge die Gewichtung von 60 Prozent auf den quantitativen und 40 Prozent bei den qualitativen Zielen. Jeweils zehn Prozent entfallen auf ökologische Ziele.
An welchen Stellen kann das Management konkret auf ökologische Ziele Einfluss nehmen?
Sebastian Henke: Es setzt die Impulse, gibt Freiräume, etwas Neues auszuprobieren und zu entwickeln. Ein Beispiel aus dem letzten Jahr: Die Business Unit Pharma, die unter anderen Abfüll- und Verpackungsanlagen für den Covid-19-Impfstoff herstellt, hat ein Reinigungsverfahren entwickelt, das den Wasserverbrauch um bis zu 45 Prozent gegenüber der herkömmlichen Variante senkt. Um die Klimaauswirkungen der zu kühlenden Medikamente stark zu reduzieren, haben wir uns nun
verpflichtet, mit dem Einsatz natürlicher Kältemitteln den Verbrauch von klimaschädlichen bis 2030 auf
21 Prozent zu reduzieren. Ein weiterer Erfolg: Die Business Unit Nonwovens hat eine Beutel-Verpackungsmaschine entwickelt, die Hygieneartikel in eine vollständig recycelbare Papierverpackung ohne Kunststoffbeschichtung und ohne Füllstoffe verpackt.
Angenommen, Sie entscheiden sich für dieses oder ein ähnliches Modell: Was wären die nächsten Schritte?
Sebastian Henke: Die Neugestaltung des Bonussystems im Management würde zwei Herausforderungen mit sich bringen: die Einführung der für OPTIMA neuen OKR-Philosophie und die Implementierung von entgeltwirksamen ökologischen Zielen. Damit die entwickelte Konzeption erfolgreich in der Praxis angewendet werden könnte, ist es zunächst von grundlegender Bedeutung, die wichtigsten Stakeholder über das Vorhaben zu informieren, sie zu überzeugen, berechtigte kritische Anmerkungen aufzugreifen und zu berücksichtigen. Der Betriebsrat sollte ebenso hinter dem Modell stehen wie die Geschäftsleitung. Erst nach erfolgter Zustimmung und Akzeptanz dieser Stakeholder würden wir weitere Implementierungsschritte einleiten.
Welche Aufgaben kommen dann auf HR zu?
Sebastian Henke: Die größte Herausforderung liegt in der Akzeptanz des Bonusmodells durch die betreffenden Mitarbeitenden. Hierfür ist ausschlaggebend, dass sie den Aufbau des gesamten Bonussystems und der einzelnen Zielelemente sowie die dazugehörige Bewertung nachvollziehen können. Insbesondere muss transparent werden, wie Managerinnen und Manager die Zielkomponenten durch ihre individuelle Leistung beeinflussen können und welche Bewertung sich daraus ergibt. Informationsveranstaltungen wären ein sehr wichtiges und unverzichtbares Instrument. Eine weitere Aufgabe wäre, alle Zielelemente zu ermitteln. Das neuartige Modell würde innerhalb einer Pilotgruppe über die Dauer eines Geschäftsjahres erprobt werden, um dann die gewonnenen Erkenntnisse zu eruieren, zu analysieren und Verbesserungspotenziale einfließen zu lassen. Anschließend kann entschieden werden, ob ein weiterer Durchlauf mit einer Pilotgruppe durchgeführt werden soll. Erst nach einer mindestens einjährigen erfolgreichen Probephase könnte das Bonusmodell im gesamten Unternehmen angewendet werden.
Wo sehen Sie ein neues Bonusmodell in zwei Jahren?
Sebastian Henke: Das Umweltbewusstsein der Bevölkerung und unserer Beschäftigten steigt nicht zuletzt durch die spürbaren Auswirkungen des Klimawandels. Ich bin mir sicher, dass das Modell eine hohe Akzeptanz erfahren würde, da immer mehr Menschen einleuchtet, wie sinnvoll und notwendig eigene Beiträge hierzu sind. Eine (Klima)-Krise übersteht man nur dann, wenn alle mitwirken und nicht nur auf politische Entscheidungen gewartet wird. Ich bin der festen Überzeugung, dass ein Unternehmen, das proaktiv Umweltziele erreichen möchte, bei allen Stakeholdern ein hohes Ansehen und Akzeptanz genießt.
Christiane Siemann ist freie Journalistin und Moderatorin aus Bad Tölz, spezialisiert auf die HR- und Arbeitsmarkt-Themen, die einige Round Table-Gespräche der Personalwirtschaft begleitet.