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Neue bAV bei Einzelverträgen: Lohnt sich eine Vertragsumstellung?

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Die langanhaltende Niedrigzinspolitik hat in vielen Unternehmen dazu geführt, dass die Pensionsverpflichtungen deutlich angestiegen sind und die relative Eigenkapitalposition vieler Bilanzen über Gebühr belastet haben. Anlass genug für einige Finanz- und Personalverantwortliche, bestehende Regelungen auf den Prüfstand zu stellen. So auch bei der Deutschen Lufthansa, bei der je nach Belegschaftsgruppe unterschiedliche Regelungen zur Altersversorgung Anwendung finden.

 

Die Altersversorgungsthematik bei der Lufthansa ist vielschichtig. Schließlich sitzt der Arbeitgeber drei unterschiedlichen Gewerkschaften gegenüber, je nachdem, ob es um die Piloten, das Kabinen- oder Bodenpersonal geht. Die Diskussionen um die Tarifverhandlungen und auch zur Altersversorgung haben deshalb auch in der Öffentlichkeit einen gewissen Raum eingenommen.

 

Neue Versorgungsregelung für Führungskräfte

 

Im Führungskräftebereich der Lufthansa sieht die vertragliche Situation anders aus: Mit Übernahme einer Führungsfunktion und deutschem Anstellungsvertrag wird die Führungskräfte-Versorgungsregelung mit einer Dotierung, die in der Vergangenheit nach Ebenen gestaffelt ausgestaltet war, einzelvertraglich vereinbart. 2015 verabschiedete die Lufthansa eine neue Versorgungsregelung für die Führungskräfte: Die Entwicklung der Beiträge sollte sich zukünftig am Kapitalmarkt orientieren. Darüber hinaus wurde die Frage schnell beantwortet, ob sich eine neue Regelung nur auf neue Führungskräfte beziehen soll oder ob auch die Altersversorgung für den Führungskräftebestand – entgegen dem Vorgehen in vielen anderen Unternehmen – neu gestaltet werden soll.

 

Generell war die Zielsetzung, für die gesamte Belegschaft eine Neuregelung zu schaffen. Denn es sollten sich natürlich auch umstellungsbedingt gewünschte bilanzielle Effekte einstellen. Insofern lag es auf der Hand, die bestehenden Führungskräfte miteinzubeziehen. In ihrer Vorbildfunktion tragen sie dazu bei, die Akzeptanz der notwendigen Schritte in der breiten Belegschaft zu fördern. Es war von Anfang an klar, dass dies ein anspruchsvolles Unterfangen sein würde, denn jede Führungskraft muss überzeugt werden, eine neue Vereinbarung zu treffen. Mitte 2015 entstand hierzu eine Strategie unter Berücksichtigung folgender Grundsätze:

  1. Attraktives Design bei ökonomisch erträglicher Belastung
  2. Sorgfältige Kommunikation zur Einführung
  3. Transparenz in Regelung und Vorgehen sowie Fortführung des vertrauensvollen Umgangs
  4. Angebot von Vergleichsberechnungen bei Ermöglichung individueller Annahmen
  5. Umfängliche Informationen zur individuellen Versorgungssituation

Natürlich musste zunächst einmal das richtige Beitragsniveau für die neue Altersversorgungsregelung gefunden werden. In diesem Zusammenhang hat sich die Lufthansa für einen zwischen Beständen und neuen Führungskräften differenzierten Ansatz entschieden. Dabei war es wichtig , dass der Wert der Dotierung nicht nur aufgrund von Berechnungen der Auswirkungen einzelner Musterfälle festgelegt wird, sondern auf der Basis solider Informationen. So wurden die Auswirkungen der geplanten Veränderungen in jedem Einzelfall untersucht, um festzustellen, wie sich der Vergleich der Niveaus vor und nach Umstellung darstellen würde. Darüber hinaus wurde überlegt, wie der ansonsten übliche Ansatz in der Altersversorgung, bei dem jede Führungskraft die gleichen Standardleistungen bezieht, interessanter ausgestaltet werden könnte. Mit der Möglichkeit, individuell gestaltete Eigenbeiträge erbringen und zusätzliche Leistungen wählen zu können, wurde die Attraktivität des Ausgangsmodells deutlich erhöht.

 

Einbau eines Matching-Elements

 

Um die Verständlichkeit des Modells bei der Umstellung nicht zu beinträchtigen, wird den begünstigten Führungskräften ein Grundmodell mit einer bestimmten Eigenbeteiligung und zusätzlichen Risikoleistungen als Ausgangsbasis angeboten. Je nach individueller Bedürfnislage kann die Führungskraft individuell konfigurieren und entsprechende Entscheidungen zur persönlichen Ausgestaltung treffen. Um dem Wunsch des Arbeitgebers Nachdruck zu verleihen, verantwortungsvolle Führungskräfte an der Bildung des betrieblichen Altersversorgungsvermögens zu beteiligen, wurde darüber hinaus ein Matching-Element eingerichtet. Bei diesem leistet der Arbeitgeber zusätzliche Beiträge, wenn die Führungskraft entsprechende Eigenleistungen erbringt. Das Matching ist attraktiv und hat entscheidend dazu beigetragen, das Verständnis für den Umstieg und die Notwendigkeit der Kostensenkung bzw. -verteilung zu fördern.

 

Die Komplexität der Altersversorgungsthematik aufgrund von Langfristigkeit und unterschiedlicher Funktionsweise von betrieblicher, gesetzlicher und privater Vorsorge sowie der unterschiedliche Kenntnisstand der Thematik erfordern eine sorgfältige Kommunikation. Möglichst alle Führungskräfte sollen von der Notwendigkeit überzeugt werden, ihre Verträge umzustellen. Aber nicht zuletzt rechtfertigt die Höhe der Aufwendungen für diese wichtige Arbeitgeberleistung weitgehende Kommunikationsmaßnahmen. Zum einen wurden bei der Lufthansa die klassischen Wege der allgemeinen Information über Veranstaltungen, Broschüren und Intranetauftritt genutzt. Zum anderen hat man sich dazu entschieden, individuelle Beratungsgespräche mit Experten für jede der circa 1.000 Führungskräfte im Konzern anzubieten, bei denen neben der betrieblichen Altersversorgung auch angrenzende Fragen der Vorsorge beziehungsweise Absicherung thematisiert werden können.

 

Der eigentliche Vorteil dieses Vorgehens ist, dass in den Gesprächen nicht nur Fragen zum Verständnis der Neuregelung beantwortet werden können, sondern vielmehr auch konkret auf die je nach Alter, familiärer Situation und finanziellen Rahmenbedingungen unterschiedlichen Bedürfnisse des Einzelnen wunschgemäß eingegangen werden kann. Auch im Nachgang der Gespräche können noch gezielt Fragen beantwortet werden, die, soweit sie von allgemeiner Relevanz sind, darüber hinaus Eingang in den FAQ-Katalog des Intranetportals gefunden haben.

 

Für die Gespräche gilt der Grundsatz, maximale Transparenz zu schaffen und auf das bestehende Vertrauen zu bauen. Auch in Fällen, in denen eine Umstellung auf den ersten Blick für die Führungskraft nachteilig sein könnte, wird diese Thematik offen angesprochen und werden entsprechende Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor besteht in der Möglichkeit, Prognoseberechnungen unter realistischen, individuell anpassbaren Annahmen zu erstellen. Zu diesem Zweck wurde ein flexibles Berechnungstool geschaffen. Eigens an den Umstellungsprozess und an die spezielle Situation der Lufthansa angepasst, erlaubt es dem Nutzer, beispielsweise Aussagen über die Entwicklungen seiner bisherigen Versorgung wie auch der Neuregelung zu treffen. Die zugrundeliegenden Parameter kann die Führungskraft selbst anpassen. So lassen sich Hochrechnungen bei unterschiedlichen Annahmen zur Entwicklung der Kapitalmärkte und der versorgungsfähigen Bezüge durchführen. Darüber lässt sich prognostizieren, wie sich laufende Eigeninvestitionen oder Einmalzahlungen auf das Versorgungsniveau voraussichtlich auswirken. Mit der individuellen An- oder Abwahl von zusätzlichen Leistungen können ebenso Auswirkungen auf das Versorgungsniveau simuliert werden.

 

Nahezu zeitgleich mit der Umstellung der Altersversorgung stand bei der Lufthansa die Umsetzung von anderen Projektergebnissen mit Einfluss auf die Vergütung beziehungsweise Ausstattung der Führungskräfte an. Denn infolge der Verschlankung der Führungsstrukturen übernahmen zahlreiche Führungskräfte neue Aufgaben. Nicht unerheblich für den Erfolg der Umstellung war ein zeitlich und inhaltlich abgestimmtes Vorgehen verschiedener Personalbereiche mit dem Ergebnis, dass die betroffenen Führungskräfte vor dem Hintergrund eines vollständigen Bildes aller sie betreffenden Maßnahmen eine Entscheidung fällen konnten. Ganz generell gilt es, das Umfeld weiterer personeller Maßnahmen zu berücksichtigen. So wird beispielsweise die Einführung eines laufenden oder einmaligen Eigeninvestments in die Altersversorgung idealerweise dann stattfinden, wenn ohnehin die Ergebnisse einer Gehalts- beziehungsweise Bonusrunde umgesetzt werden.

 

Zwischenfazit

 

Die Umstellungsaktion ist bei der Lufthansa noch nicht abgeschlossen, sondern befindet sich auf gutem Weg in die zweite Halbzeit. Auch wenn Führungskräfte teilweise auf liebgewonnene Sicherheiten verzichten müssen, bietet die neue Systematik eine Reihe von attraktiven Gestaltungselementen, die an die individuelle Bedürfnislage der Führungskräfte angepasst werden können. Bislang haben sich nahezu alle Führungskräfte für die Umstellung positiv entschieden. Nicht nur für die Erstellung versicherungsmathematischer Gutachten, sondern auch für die Ausgestaltung und Implementierung hat sich die Lufthansa externe professionelle Beratung an Bord geholt. Der Erfolg der Implementierung lässt sich auf gute Kommunikationsmaßnahmen wie unter anderem den Einsatz eines Tools zurückführen, das die Möglichkeit bietet, aus dem Stegreif aussagekräftige Hochrechnungen auf der Basis individueller Annahmen zu erstellen, aber insbesondere auch darauf, dass die Lufthansa den zeitaufwendigen Weg geht, jede Führungskraft individuell durch einen professionellen Versorgungsexperten zu beraten.

 

Frank E. Hoyck, Managing Partner

Hoyck Management Consultants GmbH

info@hoyck.com

www.hoyck.com

 

Jörg Jeebe,

Projektleiter Versorgung Führungskräfte Konzern

Deutsche Lufthansa AG