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Neue HEUBECK-Richttafeln zur Bewertung von Pensionsverpflichtungen

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Bei der bilanziellen Bewertung von Pensionsverpflichtungen werden von der Rechnungslegungspraxis derzeit regelmäßig die HEUBECK-Richttafeln „RT 2005 G“ verwendet. Am 20. Juli 2018 hat die HEUBECK AG nach nunmehr 13 Jahren neue Richttafeln veröffentlicht.

Die neuen HEUBECK-Richttafeln „RT 2018 G“ basieren auf den aktuellen Statistiken der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung und des statistischen Bundesamts. Insgesamt steigt die Lebenserwartung in Deutschland zwar noch weiter an, allerdings nicht mehr so schnell wie in der Vergangenheit. Während diese für das Lebensalter von 60 Jahren zwischen den Volks­zählungen 1987 und 2011 für Männer im Durchschnitt jedes Jahr um rund zwei Monate und für Frauen um gut zweieinhalb Monate zugenommen hat, ist der Zuwachs in den vergangenen vier Jahren für beide Geschlechter einheitlich auf durchschnittlich weniger als einen ­Monat pro Jahr geschrumpft. Erstmalig wurden auch die Auswirkungen von sozioökonomischen Faktoren auf die Lebenserwartung berücksichtigt. Forschungsergebnisse haben hier gezeigt, dass Arbeitnehmer mit einem höheren Alters­einkommen eine höhere ­Lebenserwartung haben.

Der sich aus der erstmaligen Anwendung der neuen HEUBECK-Richttafeln ergebende Effekt auf die Bewertung der Pensionsverpflichtungen hängt grundsätzlich von den spezifischen Mitarbeiterbeständen und -strukturen sowie den jeweiligen Versorgungsregelungen im Unternehmen ab. Nach Meinung der HEUBECK-Experten werden die Effekte aber nicht so gravierend ausfallen wie bei der vorangegangenen Anpassung der HEUBECK-Richttafeln im Jahr 2005.

Konkret rechnet die HEUBECK AG damit, dass in der Steuerbilanz eine Zuführung zur Pensionsrück­stellung von 0,8 Prozent bis 1,5 Prozent erforderlich sein wird. In dem nach handelsrechtlichen oder interna­tionalen Rechnungslegungsgrundsätzen aufgestellten Abschluss erwartet die HEUBECK AG eine Erhöhung der Pensionsrückstellung von 1,5 Prozent bis 2,5 Prozent.

Steuerliche Gewinnermittlung

Damit die Bewertung der Pensionsverpflichtungen in der Steuerbilanz unter Berücksichtigung der neuen HEUBECK-Richttafeln erfolgen kann, müssen diese zunächst vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) steuerlich anerkannt werden. Die HEUBECK AG geht davon aus, dass hierzu noch vor der nächsten Bilanzsaison ein entsprechendes BMF-Schreiben ergehen wird. Bei der Veröffentlichung der HEUBECK-Richttafeln „RT 2005 G“ im Jahr 2005 hatte das BMF im Rahmen der Anerkennung dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht eingeräumt, die damals neuen HEUBECK-Richttafeln erstmals am Ende des Wirtschaftsjahres anzuwenden, das nach dem Tag der damaligen Veröffentlichung der neuen HEUBECK-Richttafeln, konkret nach dem 6. Juli 2005, endete, bzw. die alten HEUBECK-Richttafeln (RT 1998) letztmals für das vor dem 30. Juni 2006 endende Wirtschaftsjahr zu verwenden. Ob das BMF ein solches Wahlrecht erneut einräumt, bleibt abzuwarten.

Unabhängig vom Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung darf in der Steuerbilanz der Anpassungsaufwand aus der erstmaligen Anwendung der neuen HEUBECK-Richttafeln nach

§ 6a Absatz 4 Satz 2 EStG nicht sofort als Betriebsausgabe geltend gemacht werden, sondern muss gleichmäßig über einen Zeitraum von drei Jahren verteilt werden.

Handelsrechtliche Rechnungslegung

In der handelsrechtlichen Rechnungslegung sind die neuen HEUBECK-Richttafeln nach Auffassung des Hauptfachausschusses (HFA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer e.V. (IDW) für Jahres- und Konzernabschlüsse dann anzuwenden, sobald diese allgemein anerkannt sind und gleichzeitig bessere – im Sinne von „besser die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegelnde“ – Schätzwerte darstellen als die bislang von dem Unternehmen zugrunde gelegten Richttafeln. Dabei stellt die Anerkennung der neuen HEUBECK-Richttafeln durch das BMF für ertragsteuerliche Zwecke – neben der Validierung und Implementierung der neuen HEUBECK-Richttafeln durch die Rechnungslegungspraxis, insbesondere die Aktuare – einen Indikator für die allgemeine Anerkennung der neuen HEUBECK-Richttafeln dar.

Demnach ist für handelsrechtliche Abschlüsse, deren Stichtag an oder nach dem Tag liegt, an dem das (finale) BMF-Schreiben hinsichtlich der steuerlichen Anerkennung der neuen HEUBECK-Richttafeln auf der Webseite des BMF veröffentlicht wird, grundsätzlich von einer allgemeinen Anerkennung auszugehen, und die Pensionsverpflichtungen sind unter Anwendung der neuen HEUBECK-Richttafeln zu bewerten. Etwas Anderes kann sich ausnahmsweise nur ergeben, solange die Validierung und Implementierung der neuen HEUBECK-Richttafeln durch die Rechnungslegungspraxis, insbesondere durch Aktuare, noch nicht hinreichend fortgeschritten ist. Keine Rolle spielt demgegenüber, ob in dem BMF-Schreiben ein Wahlrecht zur zeitlichen Erstanwendung der neuen HEUBECK-Richttafeln für ertragsteuerliche Zwecke vorgesehen ist.

Sofern in handelsrechtlichen Abschlüssen mit Stichtag an oder nach dem Tag der Veröffentlichung des betreffenden BMF-Schreibens die neuen HEUBECK-Richttafeln noch nicht berücksichtigt wurden, müssen die Unternehmen dies im Einzelfall im (Konzern-)Anhang begründen.

Für handelsrechtliche Abschlüsse, deren Stichtag vor dem Tag liegt, an dem das zu erwartende (finale) BMF-Schreiben auf der Webseite des BMF veröffentlicht wird – zum Beispiel Abschlussstichtag 30.06.2018 oder früher –, kommt nach Auffassung des HFA eine freiwillige Anwendung der neuen HEUBECK-Richttafeln in Betracht, wenn der Bilanzierende Anhaltspunkte dafür beibringen kann, dass die Zugrundelegung der neuen HEUBECK-Richttafeln im Vergleich zu den HEUBECK-Richttafeln „RT 2005 G“ zu einer Bewertung führt, die die tatsächliche wirtschaftliche Belastung am Bilanzstichtag zutreffender abbildet. In diesem Fall ist die Anwendung der neuen HEUBECK-Richttafeln im (Konzern-)Anhang zu begründen.

Für handelsrechtliche Abschlüsse, deren Stichtag zwar vor dem Tag der Veröffentlichung des BMF-Schreibens liegt, deren Aufstellung aber erst nach der Veröffentlichung des BMF-Schreibens beendet wird, gelten die Ausführungen für Abschlüsse mit Stichtag an oder nach dem Tag der Veröffentlichung des betreffenden BMF-Schreibens entsprechend.

Die Erfolgswirkungen aus der erstmaligen Anwendung der neuen HEUBECK-Richttafeln sind in den handelsrechtlichen Abschlüssen sofort in voller Höhe zu erfassen, das heißt ohne Verteilung der Erfolgswirkung auf einen Übergangszeitraum wie in der Steuerbilanz. Der Ergebniseffekt aus den geänderten biometrischen Annahmen ist dabei in der (Konzern-)Gewinn- und Verlustrechnung nicht gesondert, sondern als Bestandteil des im Personalaufwand zu erfassenden Zuführungsbetrags zur Pensionsrückstellung auszuweisen.

Internationale Rechnungslegung

In IFRS-Abschlüssen sind die neuen HEUBECK-Richttafeln nach Auffassung des HFA dann zu berücksichtigen, wenn eine abschließende qualitative Überprüfung und Implementierung durch die Rechnungslegungspraxis erfolgt ist. Auch hier stellt die Anerkennung der neuen HEUBECK-Richttafeln durch das BMF einen Indikator da. Insoweit gelten für IFRS-Abschlüsse die vorstehenden Ausführungen zur erstmaligen Anwendung der neuen HEUBECK-Richttafeln in HGB-Abschlüssen analog.

Der Bewertungseffekt aus der erstmaligen Anwendung der neuen HEUBECK-Richttafeln ist nach IAS 19 als annahmebedingter versicherungsmathematischer Verlust nicht erfolgswirksam, sondern erfolgsneutral im Eigenkapital (Other Comprehensive Income) zu erfassen.

Andreas Wiedmann,
Partner, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater,
Bansbach GmbH
andreas.wiedmann@bansbach-gmbh.de
www.bansbach-gmbh.de