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Neuer Ansatz für Performance und Global STI bei Bayer

Frau Gramkow und Herr Dr. Wickert, wie stellt sich Bayer im Performance-Management und beim Short-term Incentive (STI) neu auf?

Vera Gramkow:
2016 haben wir mit dem Vorstand vereinbart, uns die Momente anzusehen, die einen hohen Einfluss auf die Unternehmenskultur haben. Am Performance-Management nehmen fast alle Beschäftigten teil. Wir haben hier als erstes einen neuen Purpose für das Performance-Management definiert. Der Ansatz soll die Mitarbeiter motivieren und inspirieren, jeden Tag ihr Bestes zu geben. Sie sollen wissen und mitentscheiden, wie sie durch ihre Leistung zum Erfolg des Unternehmens beitragen können. Sie sollen bewusst über heutige Erfahrungen und Erfolge reflektieren, um Erlerntes künftig zielgerichtet anwenden zu können. Und sie sollen sich wertgeschätzt und ansprechend belohnt fühlen, sowohl als Individuum als auch als Mitglied eines Teams. Die Veränderungen im Performance-Management gehen mit einer Veränderung der variablen Vergütung und mit deutlich mehr Agilität in den Arbeitsprozessen einher. „Pay for Performance“ bleibt als Leitlinie erhalten, aber wir definieren die einzelnen Elemente neu.

Welchen Ansatz haben Sie für den Kulturwandel gewählt?

Vera Gramkow: Als ersten Schritt haben wir wissenschaftliche Literatur und Studien zum Thema ausgewertet. Anschließend haben wir uns intensiv mit anderen Unternehmen ausgetauscht, um deren Erfahrungen zu bewerten und herauszufinden, was für uns passen könnte und was nicht. Und drittens haben wir eine groß angelegte Mitarbeiterbefragung durchgeführt, um Wünsche und Bedürfnisse unserer Kolleginnen und Kollegen besser zu verstehen.

Welche Rolle spielt agiles Arbeiten in diesem Zusammenhang?

Vera Gramkow: Eine große Rolle! Wir haben im Januar 2017 ein Experiment gestartet, an dem mehrere Tausend Mitarbeiter aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen und Ländern freiwillig teilgenommen haben. Sie haben durch ihr Feedback maßgeblich dazu beigetragen, dass wir in Continuous Improvement-Loops die Effektivität unseres neuen Ansatzes erkennen und an wichtigen Punkten nachbessern konnten. Der erste Zyklus des Experiments war ein solcher Erfolg, dass wir ihm im vorigen Jahr einen zweiten haben folgen lassen. Dabei ging es uns darum, den neuen agilen Ansatz stärker zu verankern und gemeinsam mit den Teilnehmern an dem Experiment über den globalen Roll-out nachzudenken. Der Roll-out selbst begann schließlich im Januar 2019. Das neue Performance-Management und das neue STI-Modell gelten jetzt bereits für die übergroße Mehrheit unserer weltweiten Belegschaft.

Was sind die Elemente, die Bayer mit dem neuen Performance-Management nutzt?

Vera Gramkow: Unsere Mitarbeiter sollen sich auf wenige, aber wichtige Ziele konzentrieren und diese im Laufe des Jahres bei Bedarf ändern können. Zudem sind neben Individualzielen auch Teamziele möglich. Führungskräfte und Mitarbeiter sollen sich im Rahmen des Performance-Managements holistisch austauschen und sich gegenseitig Feedback geben. In unseren Check-Ins ermutigen wir die Mitarbeiter, die Dinge anzusprechen, die ihnen jeweils wichtig sind – sei es das persönliche Befinden, aktuelle Herausforderungen, möglicher Unterstützungsbedarf oder die Reaktion auf erhaltenes Feedback. Solche Gespräche sollen einmal pro Quartal stattfinden, wobei Frequenz und Format des Gesprächs von Beschäftigten und Führungskräften frei wählbar sind. Mit dem regelmäßigen Austausch fördern wir auch kontinuierliches Feedback, das mit positiver Intention gegeben wird, um dem anderen zu helfen und ihn Stärken erkennen zu lassen. Am Ende des Jahres bekommt der Mitarbeiter noch einmal ein Feedback in Form eines Contribution-Statements zur Standortbestimmung und zum individuellen Beitrag zum Unternehmenserfolg.

Sind Performance-Management und das STI-Modell direkt miteinander verknüpft?

Heiko Wickert: Einen direkten Link zwischen beiden gibt es bei Bayer nicht mehr – mit einer Ausnahme: Sollte jemand am Jahresende das schlechtestmögliche Contribution-Statement haben, dann bekommt er auch keinen Bonus. Die Konzeption des neuen STI-Systems erfolgte auf einer breiten Informationsbasis: Wir haben uns natürlich angeschaut, was im Markt passiert und welche wissenschaftlichen Erkenntnisse es zu materiellen und immateriellen Anreizwirkungen gibt. Nicht zuletzt haben wir in den vergangenen beiden Jahren hinsichtlich der variablen Vergütung in unsere weltweite Organisation hineingehört und in begrenztem Rahmen mit neuen STI-Modellen experimentiert. Herausgekommen ist ein neues, zeitgemäßes Modell für den STI. Er besteht heute aus zwei Bausteinen. Der erste Baustein ist der Company-Bonus. Er setzt sich wiederum aus zwei Komponenten zusammen, aus dem Divisionsteil und dem Konzernteil. Letztlich bekommt also jeder Mitarbeiter einer Division denselben Auszahlungsfaktor für den Company-Bonus. Eine individuelle Komponente hat Bayer hier abgeschafft. Wir sind davon überzeugt, dass es die Mitarbeiter eher hemmt als fördert und motiviert, wenn wir die individuelle Leistung direkt mit der Incentivierung verknüpfen würden. Die neue Unternehmenskultur bei Bayer sieht anders aus. Wir wollen, dass die Mitarbeiter etwas Neues wagen und damit experimentieren, ohne Angst vor einem Scheitern haben zu müssen und ohne finanziell bestraft zu werden.

Also belohnt Bayer herausragende individuelle Leistungen von Beschäftigten überhaupt nicht mehr mit einem Bonus?

Heiko Wickert: Doch, mit dem zweiten Baustein des STI wollen wir besonders leistungsstarke Mitarbeiter individuell hervorheben. Für die Belohnung solcher Mitarbeiter oder ganzer Teams steht den Führungskräften ein Budget für sogenannte Top-Performance-Awards (TPA) zur Verfügung. Manager können selbst beurteilen, ob ein Mitarbeiter oder ein Team für eine herausragende Leistung zeitnah belohnt werden soll. Die Kriterien für die Vergabe eines individuellen TPA sind eng an unsere neuen Unternehmenswerte und -kultur angelehnt. Gerade die deutlich gestiegene Eigenverantwortung der Manager bedeutet für Bayer eine kulturelle Herausforderung. Aber wir setzen bewusst dieses Signal, um auch durch unsere Anreizsysteme den kulturellen Wandel zu unterstützen. Gegenwärtig holen wir Feedback von unseren Führungskräften und Mitarbeitern ein, um zu erfahren, ob das neue STI-Modell ihren Anforderungen entspricht oder ob wir noch einmal nachjustieren müssen.

Wie sah das frühere Bonussystem in Ihrem Unternehmen aus?

Heiko Wickert: Früher hing die Höhe des STI von der Zielerreichung bei drei Teilkomponenten ab – der Konzern-, der Divisions- und der individuellen Komponente –, die jeweils zu einem Drittel in die Erfolgsmessung eingeflossen sind. Die individuelle Performance war also integraler Bestandteil der STI-Systematik. Im neuen System haben wir diese Verknüpfung aufgelöst und die individuelle Performance im Rahmen des TPA von der Unternehmensperformance separiert.

Finden immer noch klassische Gehaltsgespräche bei Bayer statt?

Heiko Wickert: Die jährliche Gehaltserhöhung sowie die STI-Zahlungen erachtet Bayer als wichtige Touchpoints für Manager und Mitarbeiter, da sie eine gute Gelegenheit liefern, über die persönliche Leistung und die des Unternehmens zu sprechen. Das kann im Rahmen von Feedback- bzw. Karrieregesprächen oder in einem anderen Format erfolgen. Da machen wir keine konkreten Vorgaben.