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Neues Gesetz stärkt die betriebliche Altersversorgung – bei inhaltlichen Schwächen

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Die gute Nachricht: Das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) eröffnet Unternehmen völlig neue Möglichkeiten. Bei Bestehen eines Tarifvertrags sowie bei entsprechender Einigung mit den Tarifpartnern können sie reine Beitragszusagen ohne Garantien offerieren. Doch das Gesetz hat auch Lücken, wie eine Studie der HR-Strategieberatung Lurse zeigt.

 

Das neue Gesetz soll insbesondere die Motivation kleinerer und mittelständischer Unternehmen zum Einstieg in die bAV erhöhen. Schließlich können sie zum ersten Mal im Rahmen versicherungsförmiger Durchführungswege eine betriebliche Altersversorgung (bAV) anbieten, für deren dauerhaftes Leistungsniveau der Arbeitgeber nicht haften muss. Aber auch für die traditionelle bAV bringt das BRSG eine Reihe von Änderungen und Neuerungen mit sich.

 

Das sind eigentlich hochattraktive Möglichkeiten. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Hierzu hat Lurse eine Studie durchgeführt. Die Befragung von HR-Entscheidern und -Experten aus 66 namhaften Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größe richtete sich auch an die Hauptzielgruppe des Gesetzes, an kleinere und mittelständische Unternehmen. Das plakative Ergebnis: Zwar stellt man die Notwendigkeit für Veränderungen kaum infrage. Jedoch kritisieren 80 Prozent der Teilnehmer den konkreten Inhalt des Gesetzes.

 

bAV hochattraktiv, Komplexität zu hoch

 

Der Gegensatz zwischen Stellenwert der bAV und deren Umsetzung im Gesetz ist frappierend. So belegte die Studie, dass die bAV zwar nach wie vor hohe Attraktivität und Relevanz in Unternehmen besitzt, wie man an Verbreitung und dem Grad der Beschäftigung mit dem neuen Gesetz erkennt. Immerhin 44 Prozent der Befragten sind die wesentlichen Grundsätze bereits bekannt.

 

Doch stehen dem deutliche Defizite in der Ausprägung einzelner Gesetzeselemente gegenüber. So vermissen über 60 Prozent der Befragten Anpassungen an steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Regelungen. Sie hätten die volle SV-Pflicht in der Leistungsphase gekappt. Hauptkritikpunkt ist mit etwa 80 Prozent die Komplexität in der bAV insgesamt.

 

Fördermöglichkeiten in der Kritik

 

Wesentliche Bestandteile des BRSG sind die gezielte Förderung der Riester-bAV sowie ein Fördermodell für Geringverdiener. Damit hat es der Gesetzgeber grundsätzlich gut gemeint. Allerdings werden beide Komponenten kritisch bewertet: 83 Prozent der Befragten erwarten keine höhere Teilnahmequote ihrer Mitarbeiter bei Riester-geförderten Pensionsplänen.

 

66 Prozent planen kein spezielles Angebot für Geringverdiener in ihrem Unternehmen. Als Hauptgründe geben 67 Prozent ihr unternehmensspezifisches (hohes) Einkommensniveau an. Außerdem besteht bei 43 Prozent der Unternehmen Skepsis darüber, ob der erforderliche hohe Administrationsaufwand für eine Umstellung gerechtfertigt ist.

 

Unternehmen erwarten Zusatzkosten durch die Weitergabe der SV-Ersparnis

 

55 Prozent der Unternehmen sehen sich durch die verpflichtende Weitergabe der Sozialversicherungs-Ersparnis bei der Entgeltumwandlung des Mitarbeiters mit Mehrausgaben konfrontiert. Gut zwei Drittel dieser Unternehmen erwarten dabei eine nennenswerte Erhöhung der Zusatzkosten – entweder weil bereits heute eine hohe Teilnehmerquote an der Entgeltumwandlung besteht oder weil in Zukunft mit einer deutlichen Steigerung gerechnet wird. Wie genau mit der Bezuschussung umgegangen werden soll, ist allerdings noch weitgehend unklar. Das zeigt die Abbildung links.

 

Sozialpartnermodell fraglich

 

Schließlich sieht das Betriebsrentenstärkungsgesetz auch die Einführung einer reinen Beitragszusage über ein Sozialpartnermodell ohne Garantien vor. Hintergrund war hier, dass gerade kleinere und mittlere Unternehmen die Arbeitgeberhaftung als großes Hemmnis beim Anbieten der betrieblichen Altersversorgung sahen. Doch viele Unternehmen verfügen nach eigenen Angaben heute über eine bAV, die bereits gut für die Zukunft aufgestellt ist.

 

79 Prozent der Unternehmen sind daher nicht davon überzeugt, eine reine Beitragszusage über ein Sozialpartnermodell einzuführen. Es bleibt also abzuwarten, ob sich die für Sozialpartnermodelle erforderlichen großen Kollektive überhaupt realisieren lassen. Und ob das BRSG sein volles Potenzial entfalten kann.

 

Miroslaw Staniek,

Partner und Aktuar,

Lurse AG,

mstaniek@lurse.de

www.lurse.de