Bei Mergers & Acquisitions kann die Bewertung der Pensionsverpflichtungen die Verhandlungen über Unternehmenswert und Kaufpreis maßgeblich beeinflussen. Durch niedrige Kapitalanlagerenditen und steigende Pensionsverpflichtungen bergen intern finanzierte Systeme der betrieblichen Altersversorgung (bAV) häufig mehr Risiken als die herkömmliche Finanzschuld.
Investoren haben deshalb ein hohes Interesse daran, ein Unternehmen erst und nur dann zu erwerben, wenn die Pensionsverpflichtungen abgewickelt oder neu geregelt werden können. So auch in folgendem Praxisfall: Ein Private-Equity-Unternehmen löst durch einen Carve-out aus einem französischen Konzern der Metallbranche zwei Sparten mit insgesamt 1.700 Mitarbeitern weltweit heraus. Bereits bei der Due Diligence zieht das Private- Equity-Unternehmen die HR-Strategieberatung Lurse AG hinzu.
Vor der M&A-Transaktion wird zunächst ein Quick- Check der Pensionsverpflichtungen vorgenommen, um mögliche versteckte Risikofelder der bestehenden Versorgungswerke aufzudecken. Über ein internationales Partnernetzwerk werden für Deutschland wie auch für weitere Länder Analysen erstellt. Der Projektplan oben verdeutlicht die Projektphasen und Aktivitäten im Anschluss an die M&A-Transaktion.
Transparenz schaffen
Nach dem Verkauf steht das neue Unternehmen vor der Herausforderung, seine bAV neu zu ordnen. Die Geschäftsführung des deutschen Unternehmens strebt ein marktgerechtes und kosteneffizientes bAV-System an, das der neuen Größe als mittelständisches Unternehmen mit 400 Mitarbeitern gerecht werden soll. Die Harmonisierung eines betrieblichen Versorgungswerkes ist grundsätzlich ein sehr komplexer Prozess. Die externen Berater nehmen deshalb in engem Schulterschluss mit der Geschäftsleitung, den Personalverantwortlichen und dem Finanzchef des Unternehmens eine Bestandsaufnahme vor. Im Zuge der quantitativen und qualitativen Detailanalyse der Pensionszusagen geht es vor allem darum, die Risiken zu identifizieren, die die zukünftige Unternehmensentwicklung belasten können.
Das bestehende Versorgungswerk weist eine komplexe Struktur auf. Die Herkunft der Beiträge reicht von einem Basisbeitrag des Arbeitgebers über Förder- und Treuebeiträge bis hin zu freiwilligen Arbeitnehmerbeiträgen im Rahmen einer Entgeltumwandlung. Zwar ist das bestehende System beitragsorientiert ausgestaltet. Trotzdem handelt es sich um eine Leistungszusage mit entsprechender Bilanzierung, weil das System überwiegend intern finanziert wird und das Unternehmen die damit verbundenen Risiken selbst trägt. Durch die Herauslösung aus dem Konzern sind weder die personellen noch die fachlichen Ressourcen verfügbar, um den erheblichen administrativen Aufwand zu bewältigen, der aus dem komplexen System resultiert.
Auf Basis der Detailanalyse wird ein Harmonisierungsszenario entwickelt. Da die bAV an das Arbeitsverhältnis anknüpft, sind vorab die Rahmenbedingungen arbeitsrechtlich zu prüfen und zu klären. Die Verhandlungen mit dem Betriebsrat über die Harmonisierung stellen eine entscheidende Phase im Umstellungsprozess dar, denn bAV-Leistungen, die in Betriebsvereinbarungen zugesagt wurden, lassen sich grundsätzlich nur einvernehmlich zwischen den Betriebspartnern ändern. Von Beginn an steht daher der Dialog mit allen involvierten Parteien im Fokus, um eine von den Mitbestimmungsparteien nachhaltig akzeptierte Lösung zu erarbeiten.
bAV-System flexibel und mitarbeiternah gestalten
Das neue Altersversorgungssystem des Unternehmens wird in Form eines Lebensphasenmodells – auch Life-Cycle-Modell genannt – als rückgedeckte, beitragsorientierte Leistungszusage – sogenannter Defined-Contribution-Plan – ausgestaltet. Hierbei steht die Zusage eines Beitrags, einer Contribution, anstelle einer konkreten Rentenhöhe im Fokus. Um diese Zusage des Unternehmens an die teilnahmeberechtigten Beschäftigten zu finanzieren, werden die Beiträge künftig in eine rückgedeckte Unterstützungskasse investiert. Die Mitarbeiter haben mit dem Life-Cycle-Modell den Vorteil, ihre Versorgung an ihre persönlichen Bedürfnisse und ihre Lebenssituation anpassen zu können. Sie haben die Wahl zwischen verschiedenen Leistungspaketen. Neben der Renten- oder Kapitalleistung im Alter lassen sich entsprechend den privaten Lebensumständen und dem persönlichen Bedarf zusätzlich das Risiko einer Berufsunfähigkeit absichern und eine Hinterbliebenenversorgung vereinbaren.
Ein großer Vorteil des neuen Systems ist, dass es die Mitarbeiter involviert. Durch einen Matching-Beitrag können die Mitarbeiter den Grundbeitrag, den das Unternehmen finanziert, erhöhen. Die Beschäftigten stocken den Grundbeitrag durch einen Eigenbeitrag aus dem Bruttoentgelt im Rahmen einer Entgeltumwandlung auf. Das Unternehmen erhöht seine Leistung seinerseits durch einen weiteren Zuschuss. Durch das Matching steigt die Beteiligungsquote der Mitarbeiter an der Entgeltumwandlung deutlich. Ein ganz zentraler Aspekt im Rahmen der Umsetzung ist die umfassende Mitarbeiterkommunikation. Im Rahmen von Einzelberatungen wird den Mitarbeitern das neue System im Detail erläutert, und seine Vorteile für sie werden aufgezeigt.
Effizienz und Planbarkeit erzielen
Mit der Harmonisierung der bAV werden die vorherigen Besitzstände eingefroren. Das neue Versorgungssystem startet für zukünftige Dienstzeiten als Future-Service und für Neueintritte. Die Umgestaltung der bAV entlastet das Unternehmen spürbar. Die Pensionsverpflichtungen – die sogenannte Defined Benefit Obligation, kurz DBO – gemäß der internationalen Bilanzierung IFRS betragen vor der Harmonisierung rund 17 Millionen Euro.
Bereits im ersten Jahr nach der Harmonisierung entfällt der Anstieg der DBO aufgrund künftigen Dienstzeitaufwandes (Service-Cost) vollständig. Hinzu kommt eine zusätzliche Reduzierung der DBO für die bislang erdienten Anwartschaften (Past-Service). Diese zusätzliche Auflösung hängt von der versicherungsmathematischen Bewertungsmethode und dem Inhalt der Versorgungszusage ab. Sie kann bis zu 20 Prozent der DBO ausmachen.
Die Finanzierung der bAV ist jetzt für das Unternehmen nachhaltig kalkulierbar, Zinsrisiken sowie biometrische Risiken sind ausgelagert. Zudem lässt sich der Administrationsaufwand deutlich senken, so dass er den Kapazitäten eines mittelständischen Unternehmens gerecht wird.
Die Entscheidung für ein Matching-System hat zwei Vorteile für das Unternehmen. Das System ist günstiger als die One-Size-fits-all-Lösung, da nur die Mitarbeiter einen (höheren) Arbeitgeberbeitrag erhalten, die sich selbst an der bAV beteiligen. Zusätzlich erhält das Unternehmen einen Eindruck von der Wertschätzung der Mitarbeiter für die bAV und incentiviert gezielt diejenigen, denen die bAV besonders wichtig ist. Die Ausgestaltung in Form des Life-Cycle-Modells bietet Mitarbeitern Flexibilität, um die Versorgung an die Lebenswirklichkeit anzupassen. Die Form der Mitarbeiterkommunikation sorgt zusätzlich dafür, dass die Mitarbeiter das neue bAV-System wertschätzen und dass sich das Unternehmen nachhaltig als attraktiver und innovativer Arbeitgeber positionieren kann.
Julianne Krampulz
Senior Consultant, Lurse AG
Matthias Edelmann
Vorstand, Lurse AG