Aktuelle Ausgabe

Newsletter

Abonnieren

SAP lässt sich die Verjüngungskur wieder etwas kosten

Der Softwarekonzern SAP hat im Januar ein Umbauprogramm angekündigt, das bis zu 4.400 Stellen weltweit betreffen kann. Allein in Deutschland sollen etwa 1.200 Mitarbeiter mit über 56 Jahren gehen – freiwillig sowie mit Vorruhestands- oder Abfindungszahlungen. Doch Abfindungen können vor allem für Arbeitnehmer ein zweischneidiges Schwert sein.

Mit dem Umbauprogramm, das bis 950 Millionen Euro kosten soll, will sich der Softwarekonzern stärker auf die neuen Funktionen Datenanalyse, Clouddienste und Künstliche Intelligenz fokussieren. Ab 2020 kalkuliert das Unternehmen mit jährlichen Einsparungen zwischen 750 und 850 Millionen Euro. Ungeachtet des anlaufenden Stellenabbaus: Für die technologische Neuausrichtung braucht SAP in der Summe nicht weniger, sondern mehr Mitarbeiter. Deren Zahl soll 2019 laut Konzernangaben von 96.500 auf voraussichtlich 105.000 steigen. Betriebsbedingte Kündigungen sind laut einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat bis 2023 vom Tisch.

Vorruhestands- und Abfindungsprogramm von 2015

Bereits im ersten Kürzungsprogramm von SAP im Jahr 2009 setzten die Verantwortlichen auf Freiwilligkeit und lukrative Abfindungen – mit Erfolg. Seitdem ließ der Konzern weitere Abfindungsrunden folgen. Allein 2015 haben insgesamt rund 3.000 Mitarbeiter den Konzern freiwillig mit Vorruhestandsregelungen und Abfindungen in der Tasche verlassen, nachdem es zuvor erstmals betriebsbedingte Kündigungen bei SAP gegeben hatte.

Die Vorruhestandsregelung von 2015 sprach Mitarbeiter der Geburtsjahrgänge 1960 und früher an. Die Höhe der Abfindung richtete sich laut einem Bericht der Rhein-Neckar-Zeitung nach der Dauer der individuellen Betriebszugehörigkeit. So erhielten Mitarbeiter, die zehn Jahre im Unternehmen waren, 18,5 Monatsgehälter, Kollegen mit 20 Jahren Betriebszugehörigkeit 33,5 Monatsgehälter, und bei 30 Beschäftigungsjahren erwarteten die Mitarbeiter 43,5 Monatsgehälter. Alternativ zur Auszahlung einer Abfindungssumme konnten die Mitarbeiter bei einer Freistellung auch die Fortzahlung des Gehalts wählen.

Neben dem Vorruhestandsprogramm bot SAP 2015 – auch wie jetzt – ebenfalls ein Abfindungsprogramm für jüngere Freiwillige an. Das Programm war auf Beschäftigte in bestimmten Einheiten beschränkt, die nicht mehr strategische Wachstumsfelder waren. Dabei entsprachen die Abfindungen nach Angaben der Rhein-Neckar-Zeitung in der Höhe denen der Vorruhestandsregelung. Zusätzlich gewährte der Arbeitgeber in beiden Programmen Einmalzahlungen von 20.000 Euro sowie Zusatzbeträge von 5.000 Euro pro Kind.

Das aktuelle Abfindungsprogramm ist nach Angaben eines Unternehmenssprechers ähnlich strukturiert wie das von 2015. SAP bietet Abfindungen in erster Linie in Deutschland und in kleinerem Umfang noch in Frankreich an. Zudem unterstützt der Konzern freiwillig ausscheidende Mitarbeiter, die SAP-Berater werden wollen.

Aufhebungsvertrag – ein zweischneidiges Schwert

Bei solchen freiwilligen Abfindungsprogrammen, wie sie SAP seit 2009 einige Mal durchgeführt hat, einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Regel auf einen Aufhebungsvertrag, um das Beschäftigungsverhältnis zu kündigen. Gerade aus Sicht des Arbeitnehmers sind dabei einige arbeitsrechtliche Vorgaben zu beachten. Unterschreibt ein Angestellter einen Aufhebungsvertrag und ist er nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses ohne eine neue Beschäftigung, sperrt ihm die Agentur für Arbeit in der Regel nach § 158 SGB III zwölf Wochen lang den Bezug des Arbeitslosengeldes, da er durch die Zustimmung zur Auflösung sein Beschäftigungsverhältnis selbst beendet, seine Arbeitslosigkeit also selbst herbeiführt. Das Gesetz spricht hier von einem Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Hier sollten Mitarbeiter, die im Zusammenhang mit einem Aufhebungsvertrag eine Abfindung erhalten, im Vorfeld prüfen, inwieweit dieses Geld für die Finanzierung des Lebensunterhalts auch ohne Arbeitslosengeld ausreicht.

Abfindung im Fall einer Kündigung

Deutlich häufiger werden in Deutschland Abfindungen im Zusammenhang mit nicht freiwilligen Kündigungen gezahlt. Allerdings haben Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber keinen gesetzlichen oder vertraglichen Anspruch auf eine Abfindung bei der Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses. Ausnahmen von der Regel sind Sozialpläne oder Rationalisierungstarifverträge.

Kündigt ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer und streiten beide Parteien vor dem Arbeitsgericht über die Wirksamkeit der Kündigung, können beide Seiten den Arbeitsrichter um einen Vorschlag für einen Vergleich bitten, der die Zahlung einer Abfindung beinhaltet. In vielen Fällen schlagen Arbeitsrichter auch vor, dass der Arbeitgeber den gekündigten Arbeitnehmer durch eine Zahlung abfindet. Dieser Vorschlag des Richters ist aber keine bindende Vorgabe an die beiden Parteien.

Je nach Einzelfall belaufen sich die Zahlungen, die ein Arbeitsgericht vorschlägt, in vielen Fällen auf ein halbes oder ein ganzes Bruttogehalt für jedes Beschäftigungsjahr. Ist der Arbeitgeber ein Kleinunternehmen, werden häufig nur 25 Prozent eines Monatsgehalts als Basis für eine Abfindung genannt. Hingegen gewähren Großunternehmen oft Abfindungen von mehr als einem Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr.

Abfindung, Sozialversicherung und Steuer

Für Abfindungszahlungen besteht keine Beitragspflicht zur Sozialversicherung, sofern die Abfindung den Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes entschädigt. Allerdings fallen für den Beschäftigten Solidaritätsbeitrag und gegebenenfalls Kirchensteuer an. Auch ist ein Arbeitnehmer, der für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG erhält, dadurch steuerpflichtig, wobei für Abfindungen als außerordentliche Einkünfte Steuerbegünstigung gilt. Dabei ist irrelevant, ob die Abfindung nach einer Kündigung oder nach dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags entrichtet wird.

Bei der Besteuerung der Abfindung kommt laut § 34 Abs. 1 EStG das Fünftelungsverfahren zum Zug. Eine steuerlich begünstigte Behandlung nach der Fünftelregelung bedeutet, dass sich hierbei nur ein Fünftel progressiv auf den persönlichen Steuersatz auswirkt. Grundsätzlich können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertraglich auf eine Zahlungsweise der Abfindung einigen, die sich steuermindernd für den Arbeitnehmer auswirkt. Das setzt voraus, dass die Abfindungszahlung in einem Kalenderjahr vorgenommen wird bzw. dass lediglich 5 Prozent der Gesamtabfindung schon im Vorjahr entrichtet wurden.