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Systemsicher auf Disruptionskurs

Das Paradox der digitalen Disruption stellt Kunden und Anbieter vor dasselbe Problem: Warum sollte man in ein digitales Tool für das HR-Management investieren, wenn uns der beständige Wandel dazu zwingt, möglichst systemoffen und agil zu sein? Mit einem Tool zur Stellenbewertung lässt sich dieser Widerspruch sicher nicht beseitigen, aber aufzeigen, wie Unternehmen Systementscheidungen auf sicherem Disruptionskurs treffen.

Raus aus der Blackbox, rein in die Deutungshoheit

Jede Systementscheidung führt ein Unternehmen in bestimmte Arbeitsabläufe, Anwendungsroutinen und Verhaltensmechanismen – und setzt so der Anpassungsfähigkeit Grenzen. Doch gerade diese Anpassungsfähigkeit gehört zu den Grundfesten disruptiv-agiler Unternehmen.

Aus unserer Sicht war bisher speziell die Stellenbewertung alles andere als anpassungsfähig. Wir haben sie vorrangig als eine preisintensive Interaktion mit einer System-Blackbox wahrgenommen, die vornehmlich von Beratern beherrscht und dementsprechend extern honoriert werden musste. Das führte zu einer Abhängigkeit von externer Expertise – in einem Feld, das für das moderne, strukturierte und evidenzbasierte HR-Management immer wichtiger wird. Denn mit einer sinnvollen Stellenbewertung wird es überhaupt erst möglich, eine tragfähige Stellenarchitektur zu schaffen, mit der es sich agil auf jede Systemstörung reagieren lässt.

Bei der Stellenbewertung sowie dem Design von Laufbahn- und Kompetenzmodellen handelt es sich um ein zutiefst internes Können, das jedoch bisher oft in externen Händen lag. Jedes digitale Tool, das Fachwissen zurück ins Unternehmen holen soll, muss also erst einmal beweisen, dass es wirklich hilft, interne Handlungskompetenz aufzubauen.

Dies lässt sich simpel feststellen: Sind die Mitarbeiter in der Lage, das System zu verstehen, es selbständig anzuwenden und intuitiv zu nutzen? Mit diesem Schritt von der Blackbox zur Deutungshoheit bleibt das Wissen im Unternehmen, wird dort zu Handlungskompetenz und kann nicht nur an der Oberfläche, sondern entlang des ganzen Wertschöpfungsprozesses angewendet werden. In der Stellenbewertung ist diese Anwendbarkeit bares Geld wert – nicht nur in Form von abgestimmten Lohnverhältnissen, sondern auch in Form einer diskriminierungsfreien HR-Politik und einem Arbeitgeberimage, das die klügsten Köpfe für den Wandel der Arbeitswelt anzieht.

Weg vom Unternehmen, hin zum Nutzer

Noch vor wenigen Jahren war die Entwicklung eines digitalen Systems bis zum nächsten Update ausformuliert und ein eher statistisches Produkt. Heute werden erfolgreiche Produkte ergebnisoffen gestaltet. Anbieter und Nutzer werden vom Lieferanten und Abnehmern zu gleichberechtigten Entwicklungspartnern, die konstant an der Verbesserung des Tools arbeiten.

Ein disruptionssicheres System speist sich kontinuierlich aus den Rückmeldungen der Nutzer und honoriert dieses Engagement mit der schnellen Umsetzung und einer möglichst großen Anpassungsfreiheit jenseits von Schriftgrößen oder Hintergrundfarben. Die Nutzer gewinnen dadurch die Sicherheit, dass sie auch zukünftige Bedarfe und Anforderungen an die digitalen Systeme mit dem gleichen Anbieter und Grundprodukt umsetzen können. Der Anbieter wiederum sichert sich über Lizenzen einen treuen Kundenstamm, der en passant das Produkt verbessert.

Weniger Buzz, mehr Wissenschaft

Mit Schlagwörtern wie Agile Management und auch dem Heilsversprechen der Digitalisierung lässt sich viel Geld machen – und viel Geld zum Fenster herauswerfen. Ein System, das den Nimbus moderner Managementmethoden als USP anpreist, sollte bereits bei einer oberflächlichen Überprüfung beweisen, dass diese Buzzwords auf einem soliden, evidenzbasierten Fundament stehen.

Anbieter sollten dafür nicht nur die eingesetzten wissenschaftlichen Grundlagen – etwa aus der Organisationstheorie oder Arbeitspsychologie – offenlegen. Sie sollten auch deutlich machen, wie diese in funktionierende Algorithmen übersetzt werden. Noch wichtiger ist es, die Arbeitsweise des Systems so transparent zu kommunizieren, dass jeder Nutzer denselben Weg ohne externe Unterstützung noch einmal gehen und zum gleichen Ergebnis kommen könnte.

Würde an irgendeiner Stelle des Bewertungsprozesses auf kryptische oder proprietäre Merkmale hingewiesen, steigt die Chance, dass dieses System dem Realitätscheck nicht standhält.

Die Innovationskraft eines modernen Gradingsystems liegt darin, wie es Erkenntnisse verifiziert, kombiniert und in eine Anwendung übersetzt, mit deren Hilfe ein unbedarfter Nutzer zu einem belastbaren Ergebnis kommt, das dem Projekterfolg zuträglich ist.

Abstraktion statt Agilität

Die moderne Stellenbewertung hat eine schwierige Aufgabe: Sie soll eine Wertigkeitsfeststellung für immer unvergleichbarere Aufgaben vornehmen. Soll zudem der Bruch zwischen traditionellen Hierarchien und fluider Agilität abgebildet werden, scheint dies unmöglich zu sein.

Allerdings folgt dieser Gedanke einer Fehleinschätzung: Zumindest aus Sicht der Stellenbewertung ist agil nur eine Art, Arbeitsabläufe oder Organisationen zu strukturieren. Daraus ergibt sich kein Bedarf für einen dedizierten Bewertungsalgorithmus. Strukturell ist es bei entsprechender Betrachtungshöhe nicht notwendig, einen Unterschied zwischen klassischen Stellen und agilen Positionen zu konstatieren.

Die meisten Positionen in agilen Umgebungen lassen sich nach unserer Erfahrung in der Fachlaufbahn gut bewerten. Agile Strukturen zeichnen sich durch flache Hierarchien und die Verlagerung der Entscheidungskompetenz von der Führungskraft zu den Teammitgliedern aus – das ändert aber nichts an den immanenten Aufgaben innerhalb der Organisation. Nur deren Verteilung, die Stellenbezeichnung und interne Strukturen der Machtverteilung ändern sich.

Zukunftssichere Systeme setzen also auf eine Form der Abstraktion, die eine maximale Integrationsfähigkeit in alle Unternehmensstrukturen ermöglicht. Wichtig ist, dass diese Abstraktion qualitativ sauber begründet und in Praxistests verifiziert wird.

Ein Anbieter muss nicht nur sagen können, welche Faktoren er warum integriert, sondern auch, welche er aus welchen Gründen aus der Betrachtung streicht. Analog zur wissenschaftlichen Basis beweist sich die Zukunftssicherheit eines Systems häufig daran, dass Buzzwords der Unternehmensführung für die Arbeitsweise keine Rolle spielen. Das ist insbesondere wichtig, wenn man bedenkt, dass Hierarchien keineswegs verschwinden, sondern nur verlagert bzw. häufig informalisiert werden.

Gelingt es dem System, diesen Grundsatz in Algorithmen zu kondensieren, kann es theoretisch reibungslos in jeder Organisationsstruktur umgesetzt werden – und die Bewertungsergebnisse behalten auch bei Neuausrichtungen ihre Gültigkeit.

Dies ist ein springender Punkt: Disruptionssichere Systeme und Anwendungen können mit dem Selbstbewusstsein angeboten werden, den konstanten Wandel als gegeben zu akzeptieren, ihn aber in der fundamentalen Arbeitsweise zugunsten einer ordnenden Struktur ohne ständige Neujustierung zu ignorieren.