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Total Rewards zwischen Digitalisierung, Globalisierung und Agilität

Längst brechen traditionelle Organisationen ihre Strukturen auf, richten agile Teams ein und bauen Hierarchien ab. Wie verändern diese Innovationen Total-Rewards-Ansätze? Dietmar Schmidhuber, HR-Director beim Düsseldorfer Henkel-Konzern, berichtete auf dem „Praxisforum Total Rewards“ des F.A.Z.-Fachverlags, wie der Konzern durch innovative Benefitspläne sein Employer-Branding stärkt.

Der 140 Jahre alte Konsumgüterhersteller Henkel hält schon seit jeher ein soziales Leistungsportfolio für seine Mitarbeiter bereit. Im Jahr 1912 entschloss sich das Unternehmen, Mitarbeitern zu helfen, die überschuldet waren; später führte es eine Rentenversicherung ein, zu der Mitarbeiter nichts zuzahlen müssen, und trug durch die Verteilung von Aktien zur Vermögensbildung bei.

Heutzutage bemüht sich das Unternehmen laufend, seine Sozialleistungen weiterzuentwickeln, beispielsweise mit einer Pflegeversicherung und Benefits wie Betriebskindergarten, bezuschusstes Kantinenessen und Dienstfahrrad. „Das sind für mich Standards, die essentiell sind und dazu beitragen, Alleinstellungsmerkmale zu haben“, sagte Dietmar Schmidhuber. So gebe es in Deutschland wahrscheinlich kein weiteres Unternehmen, das eine betriebliche Pflegeversicherung anbietet. Das mache sich bei Employer-Branding-Themen, Mitarbeiterbindung und -motivation sowie in der Reduzierung von Fehlzeiten bemerkbar und stärke die Verbundenheit der Mitarbeiter zum Unternehmen sowie die Arbeitgebermarke.

Berufsunfähigkeitsversicherung für alle

Seit vier Jahren hat Henkel eine Berufsunfähigkeitsversicherung für alle Mitarbeiter im Portfolio, die er bezuschusst. Für alle Mitarbeiter gilt ein Einheitstarif, den das Unternehmen ausgehandelt hat. Hintergrund dieses Vertrags war, dass Henkel den etwa 100 beim Konzern beschäftigten Feuerwehrleuten eine derartige Versicherung anbot, da Feuerwehrleute der Statistik nach mit 50 bis 55 Jahren berufsunfähig werden und in eine reguläre BU-Versicherung aufgrund ihres hohen Risikos nicht aufgenommen werden. Die Hälfte aller Konzernmitarbeiter hat die Versicherung über das Unternehmen abgeschlossen, bei den Feuerwehrleuten sind es sogar 100 Prozent. 

Altersteilzeit

Laut Flächentarifvertrag für die chemische Industrie gibt es zusätzliche Altersfreizeittage, sogenannte Runzeltage. Das sind 20 zusätzliche Urlaubstage jährlich für Mitarbeiter, die älter als 55 Jahre sind und im Schichtbetrieb arbeiten, bzw. 17 zusätzliche Urlaubstage für Mitarbeiter außerhalb des Schichtbetriebs, die älter als 57 Jahre sind. Für Teilzeitmitarbeiter gibt es keine Runzeltage.

Um Planungsschwierigkeiten, gerade in der Produktion, zu vermeiden, die durch die Runzeltage entstehen, hat Henkel 2014 ein Altersteilzeitmodell entworfen, das über zwölf Jahre läuft, und es in einem Haustarifvertrag festgeschrieben. Mit 55 Jahren können Mitarbeiter an dem Modell teilnehmen, bekommen dann zwar keine Runzeltage mehr, haben aber einen festen, garantierten Ausstiegsplan. Für den Henkel erleichtert das Modell mit dem Namen TANDEMS („Teilzeit und Ausbildung normalisiert die Demografie im Schichtbetrieb“) die Nachfolgeplanung.

Private Gesundheitsleistungen

Seit 2017 hat Henkel alle Mitarbeiter als Privatpatienten krankenversichern lassen. Dadurch können die Beschäftigten jede Art von Präventionsuntersuchung als Privatversicherte wahrnehmen, darunter Schwangerschaftsvorsorge, Untersuchungen im orthopädischen Bereich, Sportuntersuchungen oder auch Augenuntersuchungen zum grünen und grauen Star. Für diese Leistungen zahlen die Mitarbeiter nichts dazu. Das Unternehmen profitiert von dieser Sozialleistung, da die Mitarbeiter weniger Krankheitstage haben.

Betriebliche Pflegeversicherung

Mitarbeiter drohen zunehmend auszufallen, wenn sie Angehörige pflegen müssen. Zudem ist Pflege für viele Menschen kaum noch finanzierbar. Im Durchschnitt sind nur 5 Prozent der Deutschen ausreichend für den Pflegefall abgesichert. Um die Finanzierungslücke bei den eigenen Mitarbeitern und deren Familien zu schließen, bietet der Konzern eine betriebliche Pflegezusatzversicherung an, die die staatlichen Leistungen aufstockt. Alle Mitarbeiter erhalten eine Basisabsicherung, unabhängig von ihrem Beschäftigungsstatus, ihrem Gesundheitszustand oder einer etwaigen Schwerbehinderung. Sie können diese Absicherung entsprechend ihrer privaten Wünsche erhöhen und auch Versicherungsverträge für Lebenspartner, Eltern und Kinder abschließen.

Sozialleistungen des Arbeitgebers wertschätzen

Damit die Mitarbeiter wahrnehmen, was der Arbeitgeber ihnen als Benefits anbietet, fährt Henkel mehrgleisig:

  • Als das Unternehmen die Pflegeversicherung einführte, informierte es seine Mitarbeiter in mehr als 40 Veranstaltungen. Zusätzlich gab es an allen Standorten Beraterteams, um Mitarbeiter samt Familien zu informieren. Dadurch hatten die Mitarbeiter die erforderliche Zeit, um den neuen Benefit zu verstehen, um ihn auch angemessen nutzen und wertschätzen zu können.
  • Über alle Leistungen können sich die Mitarbeiter jederzeit im Intranet informieren. Zudem konnte jeder bei Einführung der Pflegeversicherung über einen Button im Intranet direkt einen Beratungstermin vereinbaren.
  • Seit mehr als zwei Jahrzehnten erhält jeder Mitarbeiter jährlich einen Entgeltreport, in dem alle Leistungen aufgeführt sind, die er im Jahresverlauf erhalten hat. Jede Leistung ist umgerechnet in Geld ausgedrückt. So sieht beispielsweise ein Mitarbeiter, der ein Jahresgehalt von 60.000 Euro hat, einen Wert von 85.000 Euro.

Kirstin Gründel beschäftigt sich mit den Themen Compensation & Benefits, Vergütung und betriebliche Altersversorgung. Zudem kümmert sie sich als Redakteurin um das F.A.Z.-Personaljournal. Sie ist redaktionelle Ansprechpartnerin für das Praxisforum Total Rewards.