Foto: © frittipix/Fotolia.de
Im Juli dieses Jahres ist das Entgelttransparenz (ETG) in Kraft getreten. Ab dem 6. Januar 2018 können Mitarbeiter in Unternehmen ab 200 Beschäftigten ihren individuellen Anspruch auf Auskunft über die Entgeltstrukturen im Betrieb wahrnehmen. Aus einer aktuellen Studie geht hervor, dass Arbeitgeber noch recht unsicher in Bezug auf einige Aspekte des Gesetzes sind.
Vor circa einem halben Jahr ermittelte eine Studie von > Lurse, wie es um den Umsetzungsgrad des Entgelttransparenzgesetzes in Deutschland stand. Danach sahen die Unternehmen vor allem bei drei Punkten Herausforderungen: bei der Definition von Vergleichsgruppen und Entgeltelementen, bei der Prozessgestaltung und bei der Kommunikation. Im November fragte Lurse in einer Folgestudie nach, wie sich die Unternehmen inzwischen auf die Umsetzung des ETGs vorbereitet haben. Insgesamt wurden für beide Studien 231 HR-Entscheider und -Experten aus mittelständischen und großen Unternehmen befragt. 41 Prozent der befragten Unternehmen sind nicht tarifgebunden, die übrigen unterliegen entweder einem Tarifvertrag oder einem Haustarif.
Betriebliche Prüfverfahren kaum im Einsatz
Die Studie zeigt, dass etwa die Hälfte der Unternehmen bereits Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen sowie zur Herstellung von Entgeltgleichheit durchführt. Betriebliche Prüfverfahren wenden hingegen nur sechs Prozent der Firmen an. Nach Ansicht von Desirée Genovese, Consultant bei Lurse, sprechen die Ergebnisse deutlich dafür, dass in neuen Arbeitswelten ein Umdenken bei Arbeitszeitflexibilität, Vereinbarkeit von Familie und Beruf stattfindet, das sich auch auf der Unternehmensagenda wiederfindet. Der eher geringe Einsatz von betrieblichen Prüfverfahren lege nahe, dass bestehende Differenzen auf unterschiedlichste Gründe zurückgeführt würden und eine Ungleichbehandlung häufig nicht im Fokus stehe.
Besondere Herausforderung: Bildung von Vergleichsgruppen
Eine besondere Herausforderung für die befragten Unternehmen stellt offenbar die Bildung von Vergleichsgruppen dar. So haben 43 Prozent der Befragten noch nicht darüber entschieden, welche Verfahren sie zur Bildung von Vergleichsgruppen heranziehen werden. Bei den Unternehmen, die diese Frage bereits für sich beantwortet haben, findet man zwei unterschiedliche Strategien: 28 Prozent der Firmen entwickeln undifferenziert möglichst große Vergleichsgruppen, während ebenso viele Arbeitgeber differenziert möglichst kleine Vergleichsgruppen bilden. Bei den Unternehmen mit über 5000 Mitarbeitern tendiert knapp die Hälfte zu einer undifferenzierten Verfahrensweise.
Unterschiedliche Kriterien zur Ermittlung gleich(wertig)er Tätigkeiten
Gefragt nach den Kriterien zur Ermittlung von gleichen und gleichwertigen Tätigkeiten, gaben 41 Prozent der Studienteilnehmer Funktionen an. 35 Prozent sagen, dass sie sich als Kriterium an Job-Familien halten. Tarifgebundene Unternehmen orientieren sich außerdem an Tarifgruppen sowie an Gehaltsbändern. Zusätzlich zum Grundgehalt fließen bei 61 Prozent der Befragten Zulagen und jeweils bei 57 Prozent Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld in die Berechnung des durchschnittlichen Bruttomonatsgehaltes ein. Tarifgebundene Unternehmen beziehen deutlich mehr zusätzliche Bestandteile ein als nicht tarifgebundene Firmen.
Für die Kommunikation bei Auskünften ist meist HR zuständig
Darüber, welcher Grad an Offenheit den Mitarbeitern bei Auskünften zur firmeninternen Entgeltstruktur herrschen soll, sind die Unternehmen noch unentschlossen. Bislang verfügt lediglich ein Fünftel der Befragten ohne Tarifbindung über eine klare Kommunikationsstrategie. Wer mit den Mitarbeitern kommunizieren soll, wurde dagegen zumeist festgelegt: In 86 Prozent der Unternehmen ist die Personalabteilung bei diesem Thema zuständig. Nur in Ausnahmefällen soll es dem Betriebsrat überlassen werden, Auskunftsverlangen der Mitarbeiter zu beantworten.
Anpassungen im Falle von Entgeltdifferenzen oft noch nicht entschieden
Ob im Falle von bestehenden Entgeltdifferenzen Anpassungen vorgenommen werden sollen, hat mehr als jedes zweite befragte Unternehmen noch nicht geklärt. Nur gut ein Fünftel der Studienteilnehmer gab an, Korrekturen vornehmen zu wollen. Bei welcher Höhe der Entgeltdifferenz eine Anpassung vorgenommen werden soll, hat die Mehrheit jedoch noch nicht entschieden. Lediglich jeder vierte Arbeitgeber hat dazu schon konkretere Vorstellungen und beziffert den kritischen Wert für einen Anpassungsbedarf bei einer Entgeltdifferenz auf elf bis 20 Prozent.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.