Die Verwaltung der bAV ist eine komplexe Angelegenheit, die Unternehmen vor einige Herausforderungen stellt. Wie schätzen diese heute und in Zukunft den Aufwand ein? Worauf kommt es bei der Auswahl externer Dienstleister an? Und welche Rolle wird die Digitalisierung künftig spielen? Antworten auf diese und andere Fragen gibt eine Studie von Mercer.
Die Erhebung wurde im Sommer 2017 in Auftrag gegeben. Dafür wurden deutsche Großunternehmen mit 500 bis 5.000 Mitarbeitern aus den Sparten Industrie, Handel und Dienstleistung befragt. Zur Datenerhebung interviewte das Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag der Mercer Deutschland GmbH 100 bAV-Verantwortliche in Unternehmen dieser drei Branchen. Die Befragung wurde von Juli bis August 2017 im CATI-Verfahren (Computer Assisted Telephone Interview) durchgeführt.
Die Ausgangssituation
97 Prozent der deutschen Großunternehmen haben mittlerweile die betriebliche Altersvorsorge für ihre Mitarbeiter im Unternehmen etabliert. Dabei setzen 74 Prozent auf eine Versicherungslösung, 12 Prozent auf eine selbst organisierte Absicherung. 11 Prozent der Unternehmen bieten beide Möglichkeiten an.
Der Verwaltungsaufwand wächst
Der Aufwand für die bAV-Verwaltung nimmt kontinuierlich zu. 41 Prozent der Befragungsteilnehmer beklagen, dass sie in den vergangenen fünf Jahren mit einem merklichen Anstieg konfrontiert wurden. Je größer das Unternehmen ist, desto ausgeprägter ist dieser Effekt: Bei Unternehmen mit mehr als 2.000 Mitarbeitern geben 62 Prozent an, dass die Anforderungen gestiegen sind.
Hauptgrund dafür ist der höhere Informationsbedarf der Mitarbeiter. Ihr Interesse an detaillierten Informationen ist berechtigt und nachvollziehbar, insbesondere vor der Entscheidung, in den Aufbau von Altersversorgungsansprüchen zu investieren. Jedoch stellen die Unternehmen ernüchtert fest, dass bei der Mitarbeiter-information bislang keine Skaleneffekte auftreten. Im Gegenteil: Je größer das Unternehmen, desto häufiger die Beschwerden über den wachsenden Aufwand.
Full-Service-Anbieter sind gefragt
Die Verwaltung von Anwartschaften und Auszahlungen aus bAV sowie die gegebenenfalls damit einhergehenden Spar- und Entsparprozesse liegen für fast alle Unternehmen weit außerhalb ihres Kerngeschäfts. Entsprechend naheliegend ist es, damit verbundene Aufgaben an einen spezialisierten Dienstleister auszulagern. So hat jede sechste Firma die bAV-Verwaltung komplett outgesourct, und ein weiteres Drittel lässt sich zumindest teilweise von Spezialisten unterstützen.
Sogenannte Full-Service-Anbieter sind dabei die bevorzugten Outsourcing-Partner. Mehr als 80 Prozent der Befragten wünschen sich, alle Dienstleistungen aus einer Hand zu erhalten.
Bei der Auswahl des Dienstleisters erweist sich der lückenlose Datenaustausch als wichtigstes Kriterium. Der Grund liegt auf der Hand: Eine gute Kommunikation zwischen Auftraggeber und -nehmer ist essenziell, denn bei der Einbindung von Outsourcingpartnern stehen am Ende die Unternehmen für die reibungslose Abwicklung rechtlich in der Verantwortung.
Weitere Kriterien sind die Einhaltung neuer Governance- und Compliance-Verpflichtungen bei Änderungen des Rechtsrahmens sowie die Bereitstellung einer digitalen Plattform zur Verwaltung der Betriebsrenten und Anwartschaften.
Die Ansprüche an solche digitale Lösungen unterscheiden sich von Unternehmen zu Unternehmen. 65 Prozent wünschen sich eine Plattform, auf der sämtliche im Unternehmen angebotenen Nebenleistungen präsentiert werden und Mitarbeiter ihren persönlichen Versorgungsstand abfragen können. Die Entwicklung eines solchen digitalen Angebots ist jedoch in der Regel derart komplex, dass Unternehmen bei der Realisierung mit einem externen Partner zusammenarbeiten müssen.
Die Unternehmen haben erkannt, dass die Möglichkeiten der Digitalisierung damit jedoch noch lange nicht ausgeschöpft sind. In 60 Prozent aller Unternehmen wird eine Lösung begrüßt, mit der Mitarbeiter ihre Ansprüche tagesaktuell abfragen können statt nur mit Bezug auf bestimmte Stichtage. Ein sogenanntes responsives Design solcher Lösungen hat indes nicht denselben Stellenwert: Nur jeder zweite Befragte ist der Ansicht, dass die Plattform nicht nur am PC, sondern auch auf Smartphone oder Tablets funktionieren muss.
Es überrascht nicht, dass in der Entscheidung für einen potenziellen Outsourcingpartner am Ende die Kosten die größte Rolle spielen. Darüber hinaus zeigt die Studie aber auch, dass der Wunsch nach innovativen Lösungen, eine Zertifizierung des Outsourcingpartners sowie nachweisbare technische Expertise wichtige Faktoren sind. Und nicht zuletzt soll die Dienstleistung in der Lage sein, die Gewohnheiten und Bedarfe im eigenen Unternehmen korrekt abzubilden – was entsprechendes Branchen-Know-how voraussetzt.
Kommunikation durch digitale Medien
Das Interesse der Unternehmen an digitalen Lösungen der bAV-Verwaltung speist sich aus den Erwartungen, wie sich die Kommunikation mit den Mitarbeitern in Zukunft entwickeln wird. In vielen Unternehmen gehen die Befragten davon aus, dass das gesamte Portfolio an Onlinekanälen – von Onlineportalen über das Intranet bis hin zu E-Mails, Social Media und Chats – wichtiger wird, als es heute ist. Allen diesen Kommunikationswegen ist gemein, dass hier mit einmaligem Aufwand eine größere Anzahl Mitarbeiter angesprochen werden kann oder – im Falle der Chats – durch vorgefertigte Standardantworten individuelle Fragen schneller und effizienter beantworten werden können als in einer Eins-zu-eins-Gesprächssituation.
Die Relevanz der papiergebundenen Medien wie Rundbriefe oder Mitarbeiterzeitschriften nimmt nach Einschätzung der Befragten weiter ab. Gleiches gilt für das Telefon als Kanal der Eins-zu-eins-Kommunikation: 14 Prozent sagen einen Rückgang und nur 8 Prozent eine wachsende Bedeutung voraus.
Digitalisierung reduziert den Aufwand
Nicht nur in der Kommunikation, sondern auch bei der bAV-Organisation selbst trägt die Digitalisierung zur Vereinfachung der Abläufe bei – eine Aussage, die 64 Prozent der Befragten bestätigen. Am größten ist der Zuspruch in den Firmen, die sowohl eine selbst organisierte Absicherung als auch versicherungsgestützte Lösungen bereitstellen. Diese Unternehmen zeigen auch die größte Bereitschaft, künftig weiter in die Digitalisierung der bAV-Prozesse zu investieren.
Darüber hinaus zeigt die Befragung, dass sich nicht nur die Organisationsform, sondern auch die Betriebsgröße darauf auswirkt, wie die Digitalisierungsplanung aussieht: Je größer das Unternehmen ist, desto größer ist auch der Bedarf an digitalen Tools.
Fazit
Ein hoher Anteil der in der Studie befragten Unternehmen nimmt über die vergangenen Jahre hinweg einen gestiegenen Administrationsaufwand für die bAV wahr. Dieser beruht vor allem auf dem höheren Informationsbedarf der Mitarbeiter. Die Arbeitgeber versuchen im Rahmen von Digitalisierungsprojekten, dieser Entwicklung verstärkt gegenzusteuern. Dabei ist insbesondere die Onlinemitarbeiterkommunikation ein wichtiger Baustein. Andere Firmen entscheiden sich angesichts des gestiegenen Administrationsaufwands dafür, die bAV-Verwaltung an einen externen Spezialisten zu vergeben – ein Trend, der nach unserer Einschätzung weiter zunehmen wird.
Ralf Laumann,
Principal und Mitglied des Vorstands,
Mercer Pensionsfonds AG