Die Diskussion über die Beziehung zwischen Performance-Management und variabler Vergütung ist in vollem Gange. In einigen Organisationen setzt sich die Meinung durch, die direkte Verbindung von individueller Leistungsbeurteilung und variabler Vergütung einfach zu kappen und Boni nur noch an die Unternehmensperformance zu koppeln. Doch löst das alle Herausforderungen der variablen Vergütung?
Bei der Ausgestaltung eines variablen Vergütungssystems stellt sich zuerst die Frage, wie sich der Gesamtbetrag ermitteln lässt, der im Unternehmen für die variable Vergütung zur Verfügung steht. Ist die variable Vergütung ein berechneter Anteil des Unternehmens- oder des Bereichsergebnisses, der nach festgelegten Kriterien auf Abteilungen und Mitarbeiter verteilt wird? Wird also der Bonustopf top-down definiert? Oder bestimmt sich die variable Vergütung über die Zielerreichungsgrade der Unternehmens- und der individuellen Ziele? Hier liegt ein Bottom-up-Prozess zugrunde.
Natürlich ist auch eine Kombination aus beiden Ansätzen möglich. Diese gemischte Variante müsste sicherstellen, dass aufgrund der Zielerreichung nicht mehr variable Vergütung ausgeschüttet würde, als wirtschaftlich verkraftbar wäre.
Ausgestaltungsparameter variabler Vergütungsmodelle
Neben den beiden grundsätzlichen Ansätzen besteht noch die Möglichkeit, die variable Vergütung formelbasiert zu ermitteln. Die Höhe der variablen Vergütung ergibt sich dann direkt aus dem erzielten Umsatz oder Ergebnis. Diese Ansätze sind oft bei Vertriebsmitarbeitern zu finden.
Eine weitere Option besteht darin, die variable Vergütung vollkommen frei, also diskretionär, zu ermitteln und zu verteilen. Diese Variante trifft man heute zum Beispiel im Asset-Management häufiger an.
Unterschiedliche Zielgruppen in einem Unternehmen erfordern oft verschieden ausgestaltete Modelle der variablen Vergütung. So sind individuelle Ziele mit einer Verknüpfung zur variablen Vergütung für Mitarbeiter, die nach Tarifvertrag vergütet werden, kritisch zu hinterfragen. Doch für Mitarbeiter im Vertrieb und im mittleren Management kann die Verknüpfung von individuellen Zielen mit variabler Vergütung ein effizientes Steuerungsinstrument sein. Für das Top-Management ist wahrscheinlich ein Schwerpunkt auf der Verknüpfung mit der Unternehmensebene zielführender als eine Bindung an individuelle Ziele.
Welche Ausgestaltung ist für mein Unternehmen richtig?
Bei der Beantwortung dieser Frage spielen neben den obengenannten technischen Ausgestaltungsalternativen weitere Aspekte eine relevante Rolle. Letzten Endes ist ein variables Vergütungssystem immer nur so gut, wie konsequent und einheitlich seine Anwender handeln. Da ist es zweitrangig, wie ausgefeilt das System ist oder wie viel Aufwand dort betrieben wird, um zu verhindern, dass wenig anspruchsvolle Planungsprozesse regelmäßig Übererfüllungen zulassen oder dass über Kalibrierungsrunden ein einheitlicher Leistungsbegriff verankert wird.
Vor allem beeinflusst eine Reihe kultureller Rahmenbedingungen die Auswahl der technischen Parameter wesentlich. Entscheidend ist die Frage, woher ein Unternehmen kommt und wohin sich seine Unternehmens- und Leistungskultur langfristig entwickeln soll. Die Verantwortlichen im Unternehmen sollten sich intensiv mit der Frage beschäftigen, was sie im Unternehmen mit variabler Vergütung erreichen wollen. Auch sollten sie sich darüber klarwerden, ob die eigenen Mitarbeiter und Führungskräfte bereit sind, diesen Wechsel mitzugehen.
Fazit
Die technischen Herausforderungen eines variablen Vergütungssystems lassen sich mit Erfahrung meistern. Doch die Königsdisziplin bei der Einführung oder Weiterentwicklung der variablen Vergütung besteht darin, kulturelle Aspekte zu berücksichtigen und richtig einzuschätzen, um langfristig sowohl die Steuerungswirkung aus der Unternehmensperspektive als auch die Akzeptanz der Mitarbeiter zu generieren.
Wenn das Thema variable Vergütung so komplex ist, stellt sich die Frage, warum ein Unternehmen sie nicht ganz abschafft und nur noch Fixgehälter zahlt. Die Antwort: Unternehmen bestehen nicht nur aus dem Homo oeconomicus, sondern aus unterschiedlich sozialisierten und handelnden Individuen. Deren Erwartungen in Bezug auf eine leistungsgerechte Bezahlung und deren Wertekanon sind so zu treffen, dass möglichst viele Mitarbeiter das System der variablen Vergütung als eine angemessene Form der leistungsgerechten Bezahlung und als vereinbar mit ihrem persönlichen Wertekanon annehmen. Wenn ein Arbeitgeber variable Vergütung vollkommen abschafft, sind damit sicher einige Mitarbeiter einverstanden. Doch ist fraglich, ob die Mehrheit der Position zustimmt.
Sicher ist eine komplette Abschaffung eine Option, die die Verantwortlichen zumindest gedanklich durchspielen können. Aber sie sollten bitte nicht einfach wieder Sonderzahlungen grassieren lassen und nach spätestens fünf Jahren erneut nach einem objektiveren System rufen. Dieses Hin und Her bringt weder das Unternehmen voran, noch wirkt es positiv auf die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter ein.
Andreas Hofmann
Managing Partner
Hoyck Management Consultants GmbH