Vergütung: Gehaltswünsche von MINT-Talenten überfordern Arbeitgeber
Die Coronapandemie, die fortschreitende Digitalisierung und der demographische Wandel haben die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften aus dem MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) ansteigen lassen. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen.
Doch gerade im MINT-Bereich haben Unternehmen oftmals andere Vorstellungen von einer angemessenen Vergütung als die Talente selbst. Gerade zu Beginn ihrer Karriere liegen die Gehaltserwartungen von MINT-Talenten deutlich über denen der Unternehmen. Das ist eines der Ergebnisse einer Studie, die die SAP-Anwendergruppe DSAG gemeinsam mit dem Internetanbieter get in durchgeführt hat. An der Studie haben 255 Unternehmen sowie 2.200 Fachkräfte aus der IT-Branche und dem Ingenieurwesen teilgenommen.
Diskrepanz zwischen Gehaltsvorstellung und Gehaltsangebot
Die Befragung zeigt, dass Berufsanfänger aus dem IT-Bereich und aus dem Ingenieurwesen – vor allem, wenn sie nach einer Berufsausbildung auf den Arbeitsmarkt kommen – deutlich höhere Gehälter erwarten, als die Unternehmen zu zahlen bereit sind. Auch Berufsanfänger mit Bachelor-Abschluss im IT-Bereich haben Gehaltserwartungen, die weit über der Zahlungsbereitschaft der Arbeitgeber liegen. Absolventen mit einem Masterabschluss in Informatik dagegen haben ähnliche Gehaltsvorstellungen wie die Unternehmen. Masteranden aus dem Ingenieurwesen unterschätzen sogar die Zahlungsbereitschaft der Unternehmen.
Besonders groß ist die Kluft zwischen Arbeitgebern und IT- und Ingenieur-Experten, die eine Berufsausbildung sowie eine mindestens dreijährige Berufserfahrung haben. Ihre Gehaltsvorstellungen liegen deutlich über denen der Unternehmen. Etwa zwei Drittel der befragten Unternehmen bieten IT-Professionals ein Gehalt unter 50.000 Euro pro Jahr. Mehr als die Hälfte der potentiellen Arbeitnehmer (55 Prozent) lehnt dieses Angebot ab. Rund ein Viertel von ihnen fordert stattdessen ein Jahresgehalt zwischen 50.000 und 59.000 Euro, knapp ein Drittel (30 Prozent) sogar eines deutlich über 60.000 Euro.
Eine ähnliche Diskrepanz zeigt sich bei Ingenieuren mit Ausbildungsabschluss und Berufserfahrung: Zwei Drittel der Befragten (66 Prozent) wünschen sich ein Jahresgehalt über 50.000 Euro. Nur ein Drittel der Unternehmen kommt diesem Wunsch nach. Dagegen liegen die Gehaltsvorstellungen von Ingenieuren mit Masterabschluss oftmals unterhalb der Zahlungsbereitschaft der Unternehmen.
Talente finden über Gehalt und weitere Benefits
Unternehmen, die weniger zahlen möchten oder können als potentielle Kandidaten erwarten, sind gut beraten, ihnen Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen. Das sollten sie gerade gegenüber Berufsanfängern kommunizieren, die sich fast ausschließlich am Gehalt orientieren. Kandidaten mit Berufserfahrung setzen dagegen eher auf ein positives Unternehmensumfeld und Benefits wie flexible Arbeitszeiten, Home-Office und individuelle Entwicklungsmöglichkeiten. Wer diese Bereiche beleuchtet, kann als Arbeitgeber seine Attraktivität erhöhen.
Kirstin Gründel beschäftigt sich mit den Themen Compensation & Benefits, Vergütung und betriebliche Altersversorgung. Zudem kümmert sie sich als Redakteurin um das F.A.Z.-Personaljournal. Sie ist redaktionelle Ansprechpartnerin für das Praxisforum Total Rewards.