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Verkäufer in Autohäusern bleiben beim Entgelt auf der Strecke

Dass die Automobilbranche in der Krise steckt, bekommt auch der Autohandel zu spüren. Vor allem der Vertrieb verzeichnet beim Entgelt einen Rückgang, während der Service kräftig zulegen kann.

Während die Jahresbruttogehälter in Autohäusern über alle Berufe hinweg von 2013 bis 2019 um 15 Prozent auf der Basis einer 40-Stundenwoche gestiegen ist, verzeichneten die Funktionen im Verkauf einen Rückgang um 2 Prozent. Dabei lässt sich der Gesamtdurchschnitt von +15 Prozent auf einen jährlichen Durchschnittswert von rund 2,5 Prozent herunterbrechen. Hingegen verzeichnet der Vertrieb unter dem Strich Einbußen, vor allem im Segment Gebrauchtwagen. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Vergütungsbericht Automobilbranche 2019“, die die Zeitschrift „Autohaus“ in Kooperation mit Christoph Kroschke GmbH und der Hochschule Stralsund veröffentlicht hat. An der Untersuchung nahmen 77 Handelsbetriebe teil.

Den Entgelteinbußen im Vertrieb stehen Zuwächse für die Büroangestellten (+24 Prozent), für die Werkstatt bzw. den Service (+14 Prozent) und die leitenden Funktionen (+8 Prozent) gegenüber. Zugleich zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den neuen und alten Bundesländern im Vergleich der Bruttojahresgehälter. Im Durchschnitt beträgt das Bruttojahresgehalt in Ostdeutschland ohne Firmenfahrzeug und über alle Positionen im Autohaus hinweg 35.933 Euro, in Westdeutschland sogar 46.453 Euro.

Das Gefälle im Gesamtentgelt zwischen West und Ost zeigt sich auch innerhalb der einzelnen Berufsgruppen. So verdienen Personen in leitenden Funktionen mit 79.183 Euro in den alten Bundesländern eindeutig mehr als die Kollegen in den neuen Ländern mit 52.094 Euro. Ähnlich sieht die Kluft bei den Verkäufern aus. Hier verdient der Vertriebsmitarbeiter im Westen durchschnittlich 55.312 Euro, im Osten lediglich 37.807 Euro. Somit verdienen die Mitarbeiter in westdeutschen Autohäusern über alle Positionen hinweg im Durchschnitt rund 29,3 Prozent mehr als in Ostdeutschland.

Schwindende Tarifbindung

Dass die Tarifbindung der Unternehmen in Deutschland kontinuierlich zurückgeht, zeigen auch die Ergebnisse der Studie zu Autohäusern. Lediglich 22 Prozent – und damit weniger als ein Viertel – der Unternehmen, die an der Gehaltsstudie teilnahmen, gaben an, an einen Tarifvertrag gebunden zu sein. Ihr Personalkostenanteil in Höhe von 47 Prozent an den betriebsbedingten Kosten liegt deutlich über dem Vergleichswert der Betriebe ohne Tarifbindung (35 Prozent).

Die Autohäuser mit einer Tarifbindung weisen im Schnitt ein Bruttojahresgehalt von 52.492 Euro auf, die nicht tariflich gebundenen Wettbewerber ein durchschnittliches Entgelt von nur 41.848 Euro. Auch diese Werte verstehen sich als Bruttojahreseinkommen ohne Firmenfahrzeug und über alle Positionen hinweg.

Somit verdienen die Beschäftigten in tarifgebundenen Betrieben insgesamt etwa 25,4 Prozent mehr als diejenigen in Autohäusern ohne Tarifbindung. Das zeigt sich deutlich bei den Mitarbeitern in leitenden Funktionen. Hier erhalten die tarifgebundenen Beschäftigten im Schnitt 94.756 Euro, die Mitarbeiter in außertariflich organisierten Unternehmen hingegen nur 69.825 Euro. Ähnlich ist die Relation bei den Verkäufern mit 66.243 Euro in tarifgebundenen Betrieben und 47.520 Euro in Häusern ohne Tarifbindung.

Gewinner und Verlierer bei Durchschnittseinkommen

Die Autohaus-Studie identifiziert Gewinner und Verlierer bei den Einkommen im Zeitraum von 2013 bis 2019. Die Autoren zeigen auf, wie sich die Einkommen der betrachteten Positionen entwickelt haben, und ziehen Rückschlüsse auf die Nachfrage nach den einzelnen Profilen am Arbeitsmarkt. Angesichts des durchschnittlichen Anstiegs beim Gehalt von weniger als 15 Prozent über alle Positionen hinweg im Betrachtungszeitraum verzeichnen nur elf der insgesamt 20 untersuchten Positionen Entgeltzuwächse, die oberhalb dieses Durchschnittswerts liegen. Am besten von allen Berufsprofilen schneiden die angestellten Geschäftsführer (+87 Prozent), Serviceleiter (+41 Prozent), Buchhalter bzw. Controller (+39 Prozent), EDV-Leiter und Assistenten der Geschäftsleitung/Centerleitung (jeweils +29 Prozent) ab.

Die Studienautoren erklären diese hohen Zuwächse in den genannten Positionen mit dem Anwachsen von immer größer werdenden Betriebseinheiten. So sehen sie beispielsweise einen Zusammenhang zwischen der starken Entgeltentwicklung bei den Serviceleitern mit einem Plus von 41 Prozent und ihrem Einsatz in größeren Betrieben. Der persönliche Aufstieg auf der Gehaltsleiter geht demnach nicht nur auf einen Zuwachs an persönlicher Verantwortung der Serviceleiter in der eigenen Funktion zurück, sondern auch auf mehr Umsatz- bzw. Ertragsverantwortung für diese Personengruppe. Laut der Autohaus-Studie konnten die Serviceleiter in den zurückliegenden sechs Jahren zudem ihren Rückstand im durchschnittlichen Jahresbruttogehalt auf die Verkaufsleiter verkürzen.

Zu den Verlierern der Gehaltsentwicklung von 2013 bis 2019 gehört vor allem die Gruppe der Verkäufer. So liegen die Seniorverkäufer im Gebrauchtwagensegment mit einem Minus von 21 Prozent als Schlusslicht am unteren Ende der Entwicklung. Diese Performance fällt umso stärker ins Gewicht, als sich die Gruppe im Zeitraum von 2009 bis 2013 noch über einen Entgeltzuwachs von 47 Prozent freuen durfte. Offensichtlich – so die Studienautoren – finden die Entwicklungen im Markt hier ihren deutlichen Niederschlag. Der Handel mit Gebrauchtwagen verlagert sich zunehmend ins Internet und erschwert die Lage der stationären Händler.

Bedarf an professionellem Personalmanagement

Nur gut jeder zehnte befragte Betrieb im Autohandel beschäftigt einen Personalleiter (12 Prozent). Auch wenn viele der an der Studie teilnehmenden Autohäuser von der Mitarbeiterzahl her KMUs sind und die HR-Funktion oft noch nicht oder nicht hauptberuflich besetzt haben, täte dem Automobilhandel laut den Studienergebnissen mehr professionelles Personalmanagement gut. Die Studienautoren bescheinigen den Verantwortlichen in den Autohäusern, „ihre Hausaufgabe in Sachen Personalkosten erledigt zu haben“. Tatsächlich steigen aufgrund der Marktentwicklung die Personalkosten an den betriebsbedingten Kosten im Autohaus anteilig.

Dabei bewerten viele Befragte die Personalkosten als Investitionen in die Zukunft des eigenen Hauses. Angesichts steigender Anforderungen und gesellschaftlicher Veränderungen werden Autohäuser in den nächsten Jahren schauen müssen, wie sie wichtige Positionen mit den richtigen Mitarbeitern besetzen können. Das wird für Autohäuser strategisch umso erfolgsentscheidender sein, als allgemeine Trends auf dem Arbeitsmarkt – zumindest bis zur Corona-Pandemie – auch für den Autohandel gelten. Dazu zählen eine steigende Fluktuation von Fach- und Führungskräften, die demographische Entwicklung, der technologische Wandel in der Automobilindustrie und ein verändertes Mobilitätsverhalten von immer mehr Menschen.

Die stationären Autohäuser stehen also vor Herausforderungen, die durch die Corona-Pandemie und ihre Folgen noch an Schärfe gewinnen werden. Deshalb mahnen die Studienautoren Hersteller, Importeure, Verbände, Autohäuser und Wissenschaftler an, künftig stärker auf die Leistungsfähigkeit des Autohandels und damit auf die Vertriebsmannschaften zu achten. Handlungsbedarf sehen sie vor allem bei der Professionalisierung des Personalmanagements in Autohäusern. Dabei spielt auch die Vergütung eine Schlüsselrolle.

Dr. Guido Birkner
Leitender Redakteur Human Resources
FRANKFURT BUSINESS MEDIA – Der F.A.Z.-Fachverlag
guido.birkner(*)frankfurt-bm(.)com
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