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„Vermeiden Sie Argumentationen“

Andreas Goßen ist COO und Referent des Schranner Negotiation Instituts, Bild: privat
Andreas Goßen ist COO und Referent des Schranner Negotiation Instituts, Bild: privat

Personalwirtschaft: Herr Goßen, wie bereite ich mich auf meine Gehaltsverhandlung vor?
Andreas Goßen: Sie sollten vor der Verhandlung stets genau definieren und formulieren, was Sie konkret wollen. Wir nennen es aus verhandlungstechnischer Sicht einen Forderungskatalog.

Ist Aggression ein gutes Mittel, um Forderungen durchzusetzen?
Eher nicht. Je schwieriger die Verhandlung, desto angenehmer sollte das Gespräch sein. Verwenden Sie positive Formulierungen, um nicht angreifbar zu sein. Ebenso sollten Sie darauf achten, dass keiner der Gesprächspartner sein Gesicht verliert.

Was sollte ich kommunizieren: die Summe, die ich tatsächlich haben möchte, oder eine höhere Zahl, um dann auf den richtigen Kompromiss zu setzen?
Einerseits kommt es auf die Beziehung, andererseits auf die Gesetzmäßigkeiten einer Verhandlung an. Haben Sie eine sehr belastbare und vertrauliche Beziehung, so besteht die Möglichkeit, mit offenen Karten zu spielen und die tatsächliche Zahl zu nennen. Einfacher ist es, neben einer Zahl noch weitere Forderungen zu platzieren. Denn Gehaltsverhandlungen werden für beide Seiten angenehmer, je mehr konkrete Forderungen auf dem Tisch liegen. Verhandeln Sie beispielsweise nicht über „Homeoffice: ja oder nein“, sondern „Homeoffice in 2018 viermal pro Quartal“.

In welchem Verhältnis bestimmen einerseits Inhalte und andererseits Strategie und Geschick den Erfolg einer Verhandlung?
Bei der Begleitung von schwierigen Verhandlungen beobachten wir häufig, dass man zu sehr inhaltlich vorbereitet in Verhandlungen geht und den eigentlichen Verhandlungsprozess nicht beachtet. Es gilt jedoch: Derjenige führt das Ergebnis, der den nächsten Schritt bestimmt, und nicht derjenige, der das angeblich bessere Argument hat.

Verhandeln hat nichts mit argumentieren zu tun

Wie gehe ich damit um, wenn der Verhandlungspartner blockt?
Stellen Sie konkrete Forderungen und vermeiden Sie Argumentationen. Verhandeln hat nichts mit argumentieren zu tun. Je mehr konkrete Forderungen Sie stellen, desto mehr Möglichkeiten haben beide Seiten, eine Lösung zu finden. Und vermeiden Sie, recht haben zu wollen.

Wenn ein Personaler sein Gehalt verhandelt, kennt er auch die andere Seite gut. Wie kann er das für sich nutzen?
Aus meiner Sicht ist es eher weniger relevant, ob Sie als Personaler oder Mitarbeiter aus einer Fachabteilung verhandeln. Fokussieren Sie sich auf Ihre Ziele und Punkte, und lassen Sie sich weniger von der „anderen Seite“ beeinflussen.

Wie läuft es ab, wenn an Ihrem Institut ausgewiesene Experten miteinander verhandeln?
In unserem Unternehmen unterscheiden wir zwei Formen von HR-Verhandlungen: Die erste Form besteht aus qualitativem Feedback und konkreten Maßnahmen, die sich auf die Aufgaben und die Stelle beziehen. Die zweite Form ist die reine Gehaltsverhandlung. Da gilt bei uns: Wenn Sie eine Forderung stellen, hat Ihr Gegenüber auch das Recht, eine eigene Forderung zu stellen. Sofern ich also im nächsten Jahr 18 Prozent mehr Gehalt mochte, steigen bei meinem Vorgesetzten auch die Erwartungen an meine Ziele. An dem Punkt wird es spannend.

Interview: Wiebke Joester.

Zur Person: Andreas Goßen ist COO und Referent des ›Schranner Negotiation Instituts (SNI) in Zürich, verantwortlich für den Bereich Research & Development. Das SNI bietet Beratung bei schwierigen Verhandlungen in Politik und Wirtschaft sowie Seminare zur Verhandlungsausbildung von Managern.