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Vertriebsvergütung hält mit strategischen Veränderungen nicht Schritt

Auswirkungen der Digitalisierung treffen Vertriebsmitarbeiter unvorbereitet

Auch sind der Umfang und die Tiefe der durch die Digitalisierung getriebenen Veränderungen in Geschäftsmodellen und Arbeitsweisen bei den meisten deutschen Vertriebsmitarbeitern noch nicht angekommen, wie eine Deloitte-Studie zur Vertriebsvergütung belegt. Speziell auf den Vertrieb zugeschnittene monetäre Anreizsysteme gelten weithin als wichtiges Steuerungsinstrument, um strategische Prioritäten in das Tagesgeschäft des Vertriebs zu übersetzen. Die Studie stützt diese Sicht, da sie die motivierende Wirkung monetärer Anreizsysteme – im Einklang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen – belegt. Die These, dass eine leistungs- bzw. erfolgsabhängige variable Vergütung im Vertrieb generell einen Anreiz zur Erbringung hoher Leistung setzt, findet die Zustimmung von 87 Prozent der befragten 312 Vertriebsmitarbeiter in Deutschland. Dies gilt generationenübergreifend: Bei Befragten unter 30 Jahren liegt der Zustimmungswert immer noch bei 80 Prozent. Ein signifikantes Absinken der Bedeutung finanzieller Anreize für junge Mitarbeiter lässt sich zumindest im Vertrieb nicht nachweisen.

Fraglich ist jedoch, ob Unternehmen das Steuerungsinstrument Vertriebsvergütung tatsächlich zielgerichtet nutzen. So erwarten zwar 57 Prozent der Befragten eine deutliche Veränderung der Vertriebsstrategie ihres Unternehmens in den nächsten drei Jahren. 47 Prozent der Befragten halten unternehmensseitig vorgenommene Anpassungen am Vertriebsvergütungssystem jedoch für unzureichend, um den strategischen Veränderungen gerecht zu werden. Weitere 41 Prozent beobachten sogar ein gänzlich unverändertes monetäres Anreizsystem trotz Veränderungen in der Vertriebs- bzw. Geschäftsstrategie (siehe Abbildung oben). Variable Vergütungssysteme scheinen mit der strategischen Dynamik in deutschen Vertrieben also nicht Schritt zu halten. Entsprechend überrascht es nicht, dass nur 27 Prozent der Teilnehmer ihrer eigenen variablen Vergütung eine bedeutende Unterstützung der Unternehmensstrategie attestieren. Fast die Hälfte der Befragten sieht einen Bedarf nach zumindest substantiellen Änderungen an ihrem eigenen monetären Anreizsystem, wenn nicht gar nach dessen grundlegender Neugestaltung.

In Bezug auf die unveränderte Herausforderung, Topmitarbeiter im Vertrieb zu gewinnen, zu engagieren und zu halten, sollten Unternehmen die Bedeutung der Vertriebsvergütung nicht unterschätzen. Generell besteht unter den befragten Vertrieblern eine gewisse Bereitschaft zum Arbeitgeberwechsel. Über ein Viertel der Befragten hält einen Arbeitgeberwechsel schon innerhalb der nächsten zwei Jahre für eher bzw. sehr wahrscheinlich. Einen möglichen Anlass für einen solchen Wechsel sehen 53 Prozent der Befragten in einem bei ansonsten gleichen Arbeitsbedingungen besseren variablen Vergütungssystem.

Neben der variablen Vergütung beleuchtet die Studie auch das Thema Nebenleistungen, das durch neue Möglichkeiten der unternehmensseitigen Optimierung und Administration ebenso wie durch veränderte Erwartungshaltungen der Mitarbeiter in jüngster Vergangenheit wieder einen prominenteren Platz auf der HR-Agenda eingenommen hat. So sehen 50 Prozent der befragten Vertriebsmitarbeiter ein attraktives Nebenleistungspaket als einen möglichen Grund für einen Arbeitgeberwechsel – die Bedeutung ist also annähernd identisch zur variablen Vergütung. Ebenso würden 52 Prozent der Befragten eine andere Zusammensetzung ihrer Nebenleistungen bevorzugen (siehe Abbildung rechts). Ein wichtiger Treiber scheint das steigende Interesse an individuellen Wahlmöglichkeiten zu sein. Während 75 Prozent der Teilnehmer angeben, dass sie individuelle Auswahlmöglichkeiten aus einem Bündel an Nebenleistungen begrüßen würden, haben derzeit 50 Prozent gar keine und weitere 32 Prozent nur geringfügige Wahlmöglichkeiten.

Neben Fragen zu Compensation & Benefits-Themen beschäftigt sich die Studie auch mit der Wahrnehmung der Digitalisierung durch Vertriebsmitarbeiter. Die Hypothese der Autoren ist, dass die Digitalisierung sowie die aus ihr folgenden neuen Geschäftsmodelle und technischen Neuerungen zu einem signifikanten Wandel in der Arbeitswelt von Vertriebsmitarbeitern führen werden. So schätzen Experten, dass sich 20 bis 50 Prozent der heutigen Aufgaben eines Vertriebsmitarbeiters durch digitale Technologien ersetzen lassen. Von den Studienteilnehmern nehmen allerdings nur 23 Prozent an, dass sich ihre Aufgabe in den nächsten drei Jahren stärker verändern wird als in den letzten Jahren. Nur 11 Prozent der Befragten sehen derzeit eine Gefährdung ihrer beruflichen Situation in den nächsten fünf Jahren. Wer Veränderungen auf sich zukommen sieht, nennt zumeist Digitalisierung/Automatisierung, die Etablierung neuer Vertriebskanäle und Geschäftsmodelle sowie eine stärkere Spezialisierung im Vertrieb bei gleichzeitig wichtiger werdender Teamarbeit als Gründe. Solche grundlegenden Veränderungen in Vertriebsorganisationen werden zum Beispiel durch die Einführung von Omni-Kanalstrategien oder die Umstellung auf X-as-a-Service-Geschäftsmodelle erforderlich. Die grundlegenden Trends zukünftiger Vertriebsorganisationen scheinen von Vertriebsmitarbeitern erkannt zu werden, offenbar aber nicht das Ausmaß, in dem sie auch die eigene Arbeit betreffen werden.

Generell herrscht unter deutschen Vertriebsmitarbeitern derzeit eine hohe Zufriedenheit mit dem eigenen Job. Insgesamt 87 Prozent der Befragten zeigen sich zufrieden oder sogar sehr zufrieden mit ihrer heutigen Aufgabe. An ihrer Tätigkeit schätzen sie insbesondere die Arbeit mit Kunden, die Erzielung sichtbaren Erfolgs und ihre sonstigen Arbeitsbedingungen wie zum Beispiel die Reisetätigkeit. Sie werden sich jedoch auf sehr einschneidende Veränderungen in ihrem Arbeitsalltag vorbereiten müssen, die viele von ihnen offenbar bisher noch nicht realisieren. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Mitarbeiter auf und für die digitale Vertriebswelt vorzubereiten. Zudem müssen sie sich für die besten Talente durch eine effektive, die Strategie unterstützende Vertriebsvergütung und individuell optimierte Nebenleistungen als langfristig attraktiven Arbeitgeber darstellen..

Die Studie liefert Details zu den Perspektiven deutscher Vertriebsmitarbeiter zur Veränderungsdynamik in ihrem Arbeitsumfeld, zu Faktoren für die Zufriedenheit mit Aufgaben und für mögliche Wechselbereitschaft, sowie Erwartungen an eine attraktive Vertriebsvergütung und Nebenleistungslandschaft. Link zur Studie

Marcus Minten
Director, Human Capital
Deloitte Consulting GmbH
mminten(*)deloitte(.)de
www.deloitte.de 

Prof. Jochen Panzer
Senior Manager, Human Capital
Deloitte Consulting GmbH
jpanzer(*)deloitte(.)de
www.deloitte.de