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Die neue Welt der Benefits und ihre Kosten

Die Corona-Pandemie hat die Flexibilitätsanforderungen am Arbeitsmarkt fundamental verändert. Hybride Meeting- und Arbeitsmodelle sowie flexibilisierte Arbeitszeiten und Homeoffice treffen allerdings weiter auf starre Vergütungs- und Benefits-Modelle. Bringt die „Nach-Corona-Zeit“ nun Cafeteria-Modelle an betrieblichen Sozialleistungen, bei denen Mitarbeiter flexibel nach ihren individuellen Bedürfnissen aus einer Palette von Zusatzleistungen wählen können?

Der Aufschrei war groß, als Facebook, Twitter, Google und andere US-Firmen vor Kurzem ankündigten, Mitarbeitern im Homeoffice das Gehalt kürzen zu wollen. Google-Mitarbeiter erwartet eine Gehaltseinbuße von rund 10 bis 25 Prozent, wenn sie zukünftig ausschließlich im häuslichen Büro arbeiten wollen. Die exakte Höhe lässt sich mit einem internen Gehaltsrechner bestimmen und fällt je nach Standort unterschiedlich aus. Das heißt: Wer in einer Gegend mit niedrigen Mieten wohnt – abseits des Bürostandorts in einem Ballungsraum –, dem werden die günstigeren Lebenshaltungskosten als Vergütungsabschlag entsprechend angerechnet.

Solch ein Modell ließe sich in Deutschland kaum realisieren. Gleichwohl könnte es unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten dafür durchaus gute Gründe geben, vorausgesetzt, Mitarbeiter wären bereit, für die Vorzüge der mobilen Arbeit, für mehr Wohnraum und günstigere Mieten im ländlichen Raum freiwillig auf einen Teil ihres Gehalts verzichten. Oder aber ein entsprechender Wertfaktor würde bei Neueinstellungen allgemeine Akzeptanz finden.

Anhaltspunkte für diese Annahme gibt es durchaus. In einer repräsentativen Befragung von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Rahmen des Sodexo Verpflegungsbarometers  gaben 60,3 Prozent der Arbeitnehmer Anfang August 2021 an, dass sie im Homenoffice zum Beispiel durch den Wegfall von Wegezeiten und Fahrtkosten eine finanzielle Entlastung spüren. Fast zwei Drittel der Beschäftigten könnten also theoretisch bereit sein, diese Entlastung als zusätzlichen Benefit zu sehen.
Dagegen gaben 39,7 Prozent Mehrausgaben zu Protokoll. Auch wenn die Unterschiede nicht allzu gravierend ausfallen, so zeigen sich doch ein West-Ost- und ein Nord-Süd-Gefälle.

Überraschenderweise wurde die finanzielle Zusatzbelastung durch das Homeoffice in den ostdeutschen Bundesländern mit 42,2 Prozent (gegenüber 38,6 Prozent in den westdeutschen) und im Norden Deutschlands mit 42,4 Prozent gegenüber 35,9 Prozent im Süden der Republik im Vergleich zum Gesamtschnitt merklich stärker wahrgenommen.

Obgleich fast 40 Prozent der Beschäftigten eine finanzielle Mehrbelastung im Homeoffice beklagen, fühlen sich mehr als jeder Achte der Befragten im Homeoffice ausgeglichener (50,6 Prozent) oder zumindest genauso ausgeglichen wie zuvor (30,4 Prozent). Und nur 19 Prozent reklamieren eine psychische Mehrbelastung. Besonders erfreulich: Nur 4,7 Prozent spüren eine deutliche Mehrbelastung.

Unterschiedliche Benefits für Präsenzarbeitsplatz und Homeoffice

Dass einige der bislang bekannten und etablierten Benefits im Homeoffice nicht mehr wirken, ist bereits vielfach konstatiert worden. Beispielsweise können die Remote-Arbeitenden nicht auf den Obstkorb im Büro zugreifen. Auch das bezuschusste Jobticket nützt ihnen wenig, wenn das Pendeln entfällt. Und wer mobil von zu Hause arbeitet, der geht natürlich auch nicht ins Betriebsrestaurant.

Einige dieser Benefits lassen sich ausgleichen: Beschäftigte können auch im Homeoffice mit Verpflegungsgutscheinen einen flexiblen und zudem noch steuerlich geförderten Essenszuschuss erhalten. Viele Arbeitgeber haben in der Corona-Zeit die 44-Euro-Freigrenze für Sachleistungen bewusst dafür eingesetzt, um Zusatzbelastungen der Beschäftigten auszugleichen. Vielfach wurde dafür auch der sogenannte Corona-Bonus gemäß § 3 Nr. 11a Einkommensteuergesetz genutzt. Hierüber können besonders belasteten Beschäftigten noch bis März 2022 bis zu 1500 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei gewährt werden.

Zusatzleistungen auf Erreichbarkeit und Wirkung überprüfen

In vielen Unternehmen dürfte sich die Frage stellen, wer genau den Umfang und die Flexibilität der Inanspruchnahme betrieblicher Zusatzleistungen bestimmt. Die Finance-Verantwortlichen mit Optimierungssicht auf die Lohnkosten oder Human Resources mit dem Fokus Compensation und Benefits als erlebbarer Teil der Unternehmenskultur? Eine bewusste und modulare Betrachtung betrieblicher Zusatzleistungen als flexibles Auswahlsystem findet bislang, so scheint es, oftmals eher im Rahmen von Lohnoptimierungsansätzen statt.

Das ist bedauerlich, denn Nettolohnoptimierung und Steuern sparen sind sicher wichtige Nebenaspekte, jedoch kein Wert an sich. Auch der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung haben vor diesem Hintergrund seit Jahresbeginn die Möglichkeiten der Lohngestaltungen durch das Zusätzlichkeitserfordernis (§ 8 Abs. 4 EStG) stärker eingeschränkt. Betriebliche Zusatzleistungen helfen, Wertschätzung und Anerkennung zu zeigen und besondere Belastungen auszugleichen.
Um alle Mitarbeiter zu erreichen, braucht es daher eine Neubestimmung der betrieblichen Benefits. Und zwar zunächst dahingehend, welche Leistungen generell allen Mitarbeitern gewährt werden sollen. Dies kann beispielsweise eine Sachbezugskarte im Rahmen der 44-Euro-Freigrenze (50-Euro-Freigrenze ab 1. Januar 2022) sein. Im nächsten Schritt sollte definiert werden, welche betrieblichen Angebote und Benefits Mitarbeitende im Betrieb nutzen können, und ob und wie diese Leistungen auch für Homeoffice-Beschäftigte angeboten werden, beziehungsweise in welcher Form sie ausgeglichen werden können.

Wichtig ist es, vorab offen zu diskutieren, welche Erwartungen die Beschäftigten haben, und ob die Zuordnung und Sichtbarkeit als Arbeitgeber-Benefit wirklich greifbar ist.

Für die einzelnen Benefit-Komponenten müssen leistungsstarke und zuverlässige Lösungsanbieter gefunden werden. Je umfangreicher die Benefit-Auswahl, desto größer wird naturgemäß der interne Administrationsaufwand. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen kann es deshalb von Vorteil sein, sich auf einige wirkungsvolle Benefits zu konzentrieren.

Dass gerade für Fach- und Führungskräfte durch den höheren Anteil an variabler Vergütung auch mehr Vergütungsbausteine angeboten werden, sollte nicht dazu führen, Benefits nur als Teil des Executive Pay zu betrachten. Ganz im Gegenteil: Benefits sind für alle da! Gerade der „Breiteneinsatz“ steigert die Arbeitgeberattraktivität für alle Arbeitnehmerschichten.

Attraktivität des Präsenzarbeitens steigern

Statt Gehälter zu kürzen, um Mitarbeiter zurück ins Büro zu führen und gemeinschaftliches Arbeiten wiederzubeleben, wären als Gegenentwurf auch höhere Löhne für Präsenzarbeiter vorstellbar. Zudem können Benefits dazu beitragen, die richtigen Impulse und Anreize zu setzen. Dafür gibt es gute Beispiele: Goldmann Sachs setzt im neu renovierten Messeturm in Frankfurt auf eine Kaffeebar mit Außenbereich, ein neu gestaltetes Lunch-Restaurant, eine Lounge-Area und ein Event-Space. Hiermit werden Anreize zur Büropräsenz gesetzt. An anderen Standorten gibt es kostenloses Frühstück, Mittagessen und Eiscreme oder das Drei-Gänge-Abend-Menü für alle diejenigen, die weniger Tage in der Woche ins Büro kommen, dafür aber länger arbeiten.

Auch bei Samsung wird in Lounge-Architektur, neue Besprechungsräume und die Café-Bar mit Barista-Service investiert, um die Rückkehr ins Büro möglichst attraktiv zu machen und den Wohlfühlfaktor zu erhöhen. So entsteht Raum für kreativen Austausch, Innovationen und neue Produktivität. Benefits tragen in vielfältigen Ausprägungen ihren Teil dazu bei, positive Anreize zu setzen und die Loyalität der Mitarbeitenden zu fördern. Es gibt also gute Gründe, für jedes Unternehmen das jeweils passende optimale Benefits-Modell zu suchen und konsequent umzusetzen.

George Wyrwoll
HR-Experte, Head of Communications
Sodexo Benefits and Rewards Services
George.Wyrwoll(*)sodexo(.)com
www.sodexo.de