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Weltweite Reaktionen von HR und C & B auf die Corona-Krise

In die bislang vorliegenden Befragungsergebnisse sind die Antworten von gut 3.800 Unternehmen weltweit eingeflossen. Eine dritte Umfrage läuft gerade.

Die meisten Unternehmen haben keine vorgefertigten Spielregeln für die aktuell turbulente und unvorhersehbare Situation. Unternehmenslenker versuchen, Stabilität, Richtung und Klarheit zu geben, doch die Situation verändert sich sehr schnell, und Unternehmen wie Länder befinden sich in verschiedenen Phasen der Krise. 

Wirtschaftliche Auswirkung

Länder, Regionen und Branchen sind von der Pandemie sehr unterschiedlich betroffen. Die Wahrnehmung der Ernsthaftigkeit der Auswirkungen ist zwischen März und April deutlich negativer geworden. Die am stärksten betroffenen Sektoren sind unter anderem Reise, Handel und Transport. Weniger betroffen sind Gesundheit, Energieversorger und Versicherungen. Die Anzahl der Unternehmen, die noch im März unsicher waren, ob und inwiefern sie betroffen sein werden, ist zurückgegangen, einhergehend mit einer gestiegenen Anzahl von Unternehmen, die aktiv geworden sind, um Maßnahmen der Personalkostensenkung umzusetzen. Signifikante Auswirkungen auf das Geschäft – das heißt 15 bis 30 Prozent Umsatzeinbruch – erwarten weltweit 33 Prozent der befragten Unternehmen. In Deutschland stellen wir einen Anstieg in dieser Kategorie von 26 auf 29 Prozent der befragten Unternehmen fest.

Maßnahmen

Die Mehrzahl der befragten Unternehmen hat noch keine Gehaltskürzungen umgesetzt. In der Zeit von März bis April ist der Anteil der Unternehmen mit Kürzungen von 4 auf 15 Prozent angestiegen. Rechnet man dazu auch die Unternehmen, die Maßnahmen planen, ergibt sich ein Anteil von 29 Prozent. Im gleichen Zeitraum hat sich der Anteil der Unternehmen, die Gehälter einfrieren, von 12 auf 21 Prozent fast verdoppelt. Und rechnet man auch hier wieder die Unternehmen hinzu, die Maßnahmen planen, beträgt der Anteil 42 Prozent. Auf der anderen Seite haben 29 Prozent der befragten Unternehmen Prämien für die Arbeitnehmer ausgerufen, die in der aktuellen Situation kritische Arbeiten ausführen. Gleichzeitig ziehen die Unternehmen dauerhafte Entlassungen und temporäre Reduktion der Belegschaft in Betracht, wobei vielen Aktivitäten durch staatliche Maßnahmen gestützt sind.

Veränderungen der variablen Vergütungen sind aktuell noch selten, insbesondere noch nicht bei langfristig wirkenden Systemen, also Long-term Incentives (LTI). Zwischen März und April ist der Anteil der befragten Unternehmen, die ihre kurzfristigen variablen Vergütungsprogramme reduzieren, aussetzen oder verschieben, von 8 auf 14 Prozent gestiegen. Der Anteil der Unternehmen, die Vertriebsvergütungen angepasst haben, ist von 6 auf 11 Prozent gestiegen. Im Bereich der variablen Vergütung wird am häufigsten die Anpassung von Zielvereinbarungen genannt. Dies sowohl für Vertrieb (26 Prozent) als auch Nicht-Vertriebspositionen (29 Prozent).

Im regionalen Vergleich werden Gehaltskürzungen in Süd-, Zentral und Nordamerika tendenziell stärker umgesetzt als in Asien und EMEA. Im Vergleich der Industrien sind die häufigsten Gehaltskürzungen im Konsumgüter-, die seltensten im Gesundheitsbereich zu finden. Dies geht einher mit der generellen wirtschaftlichen Betroffenheit der Branchen.

Die Unterstützung erkrankter Mitarbeiter erfolgt bei der Mehrzahl der Unternehmen durch Fortzahlung der vollen Vergütung. Auf die Arbeitsplätze und Arbeitsorganisation bezogen, ist die häufigste Anpassung jetzt und über die Krise hinaus das schnellere Ermöglichen, zu Hause arbeiten zu können. Viele Unternehmen bieten zudem virtuelle Entspannungsmöglichkeiten und/oder Gesundheitsprogramme an.

Bei Abwesenheiten und Einstellungen lässt sich beobachten, dass viele Unternehmen die bezahlte Abwesenheit zusätzlich aktiv managen und freiwillige, unbezahlte Abwesenheiten ermöglichen. Weiterhin werden Neueinstellungen zurückgestellt, externe Mitarbeiter reduziert sowie aktive Restrukturierung vorgenommen.

Kurzfristige Maßnahmen inkludieren auch die Reduktion von Überstunden und Arbeitszeit sowohl mit als auch ohne staatliche Kurzarbeitsprogramme. Bei der Frage nach Veränderungen bezüglich der Rückkehr an den Arbeitsplatz werden die Antworten „freiwilliges Arbeiten von zu Hause“, „verbesserte technische Ausrüstung“, „Verringerung des sozialen Kontaktes im Büro“ und „gesteigerte Sicherheitsmaßnahmen“ oft genannt. Die größten Herausforderungen in der Pandemie sind das „Messen und Verbessern der Effizienz von Remote Arbeitenden“, „unzureichende Mittel zur Kontrolle und Vorbeugung der Infektion innerhalb der Gebäude (Masken, Desinfektionsmittel, Training etc.)“, „weiterhin Schwierigkeiten zur Vorhersage der benötigten Belegschaft in der sich entwickelnden wirtschaftlichen Lage“ und „Aufrechterhalten von Mitarbeiterengagement und Vertrauen in die Führungsmannschaft“.

Zusammenfassung

Länder, Regionen und Industriezweige sind aktuell unterschiedlich betroffen. Unternehmen bekommen zunehmend Transparenz über die Auswirkungen auf das eigene Geschäft und nehmen diese als ernst wahr. Die am stärksten betroffenen Industriezweige sind Reise, Handel und Transport, Öl & Gas, Bau und Konsumgüter. Zunehmend setzen Organisationen Maßnahmen zur Personalkostenreduktion und im Vergütungsmanagement um. Das Einfrieren von Gehältern findet aktuell noch häufiger als Gehaltskürzung Anwendung. Wir konstatieren einen steigenden Trend zu Prämien für Mitarbeiter in der vordersten Linie mit kritischen Aufgaben für das Geschäft. Eine große Mehrheit erwartet zukünftig noch deutlich größere Veränderungen im Management der Belegschaft inklusive höherer Kostendisziplin, eines größeren Anteils virtueller Arbeitsplätze und verbesserter Kommunikation mit Arbeitnehmern.

Im Dialog zwischen Unternehmen und KF-Experten werden bestimmte Vorgehensweisen als erfolgsversprechend eingeschätzt. Das Wohlergehen der Mitarbeiter hat weiterhin höchste Priorität. Führungskräfte sollen mit gutem Beispiel vorangehen. Informationen werden ehrlich und zeitnah geteilt. Kommunikation in beide Richtungen wird bestärkt. Entscheidungen, insbesondere zur Reduktion von Personalkosten, sind gut ausbalanciert. Angesichts des temporären Charakters der Lage sollen kurzfristige drastische Maßnahmen vermieden werden, und diese passen zur individuellen Situation des Unternehmens bzw. der Industrie bzw. der Region.

In einer ersten Phase wird die Reward-Strategie überprüft. Dabei werden Überlegungen zum Warum, Was und Wie der Personalkostenprogramme angestellt. In der zweiten Phase wird ein mehrgleisiger Ansatz entwickelt. Dabei kommen die typischen Themen Entlassung, Einstellungsstopp, Arbeitszeitreduktion, Abbau externer Arbeitskräfte, Reduktion von Mehrarbeit, Aussetzen variabler Zahlungen und Gehaltsanpassungen sowie das Aussetzen von Benefitsprogrammen auf den Prüfstand. Bei einer Reduktion der Belegschaft sollten negative Aspekte für den Neustart ausreichend berücksichtigt werden. In der Phase drei werden die finanziellen Wirkungen dem Risiko der Veränderung der Arbeitnehmerbeziehung gegenübergestellt und Auswirkungen auf Motivation, Engagement, Prozessrisiken, Glaubwürdigkeit der Führung und zeitliche Aspekte berücksichtigt. Dabei helfen übergreifende Teams wie Personal, Recht oder Operations. In der vierten Phase werden die Maßnahmen mit Vorsicht, Empathie und Kommunikation umgesetzt, wobei es gilt, flexibel zu bleiben, um den Kurs kurzfristig ändern zu können, wenn Bedarfe sich ändern.

Holger Jahn
Senior Client Partner
Korn Ferry
holger.jahn(*)kornferry(.)com
www.kornferry.com