Abfindungen sind ein beliebtes Instrument, mit dem sich der Abschied aus der Chefetage erleichtern lässt. Nachfolgend zeigen wir auf, wie Abfindungen aus steuerlicher Sicht im nationalen wie auch internationalen Kontext zu behandeln sind.
In Deutschland unterliegen Abfindungen aufgrund des Ausscheidens aus einem Arbeitsverhältnis als Arbeitslohn der unbeschränkten oder beschränkten Besteuerung. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Besteuerung mit einem begünstigten Steuersatz erfolgen nach der sogenannten Fünftelregelung.
Hierfür ist es grundsätzlich erforderlich, dass die Abfindung in einem Veranlagungszeitraum zufließt und der Zufluss somit zu einer Zusammenballung von Einkünften führt. Die tarifermäßigte Besteuerung soll steuerliche Härten mildern, die sich bei einer Entschädigung, die sich bei normalem Ablauf auf mehrere Jahre verteilt hätte, bei Zahlung in einem Jahr aufgrund der Steuerprogression ergeben können.
Besteuerung nach einem Doppelbesteuerungsabkommen – allgemeine Regelungen
Grundsätzlich unterliegen Abfindungen, die als Entschädigung für den Verlust des Anstellungsverhältnisses und zum Ausgleich der damit in Zukunft verbundenen beruflichen und finanziellen Nachteile gezahlt werden, als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dem Artikel 15 des OECD-Musterabkommens (OECD-MA). Sie stellen kein Entgelt für eine frühere Tätigkeit im Sinne des Artikels 15 Absatz 1 Satz 2 OECD-MA dar. Sie werden nicht für eine konkrete, im Inland oder Ausland ausgeübte Tätigkeit gezahlt, sondern gerade für den Verlust des Arbeitsplatzes. Somit steht grundsätzlich dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers das Besteuerungsrecht zu. Maßgeblich hierbei ist der Zuflusszeitpunkt.
Ist der Abfindung Versorgungscharakter beizumessen, greift die Regelung zur Behandlung von Ruhegehältern (Artikel 18 OECD-MA). Das Besteuerungsrecht steht dem zum Zeitpunkt der Auszahlung betreffenden Ansässigkeitsstaat zu. Ob ein solcher Versorgungscharakter vorliegt, richtet sich nach dem Grund der Zahlung und ist im Einzelfall zu prüfen. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer bei Ausscheiden lediglich noch ein Jahr vor dem Eintritt in den gesetzlichen Ruhestand steht. Handelt es sich hingegen um Zahlungen zur Ablösung eines Pensionsanspruchs, liegen laufende Vergütungen aus unselbständiger Arbeit vor.
Wird ein Arbeitsvertrag fristlos oder vorzeitig gekündigt, erhält jedoch der Arbeitnehmer eine Gehaltsfortzahlung für die Dauer der normalen Kündigungsfrist, so stellt sich die Gehaltsfortzahlung als Entgelt für die während der normalen Kündigungsfrist auszuübende Tätigkeit dar, wenn den Arbeitnehmer eine Unterlassungsverpflichtung trifft. Andernfalls handelt es sich um sonstige Einkünfte nach Artikel 21 OECD-MA, weil die Abfindung nicht für eine Tätigkeit, sondern für die Aufgabe eines Rechtsanspruchs gezahlt wird. In beiden Fällen hat grundsätzlich ebenfalls der Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht.
Konsultationsvereinbarungen
Die Behandlung von Abfindungen kann jedoch von den allgemeinen Grundsätzen abweichen, wenn entweder im jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) eine Sonderregelung enthalten ist – dies ist beispielsweise im DBA Frankreich der Fall – oder wenn mit dem jeweils betroffenen Vertragsstaat eine Konsultationsvereinbarung getroffen wurde. Derzeit existieren derartige Vereinbarungen, die unter anderem auch die Besteuerung von Abfindungen regeln, mit Belgien, Großbritannien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz.
In der Konsultationsvereinbarung mit der Schweiz, den Niederlanden, Belgien, Österreich und zuletzt Großbritannien wird zum Beispiel im Bereich der Abfindung eine abweichende Auffassung vertreten. Danach soll in diesen Fällen dem früheren Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zugewiesen werden. War der Arbeitnehmer in der Zeit vor dem Ausscheiden aus dem Dienst auch in anderen Staaten tätig, ist die Abfindung grundsätzlich zeitanteilig auf die betroffenen Staaten aufzuteilen.
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Bindungswirkung von Konsultationsvereinbarungen
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bereits mehrfach geurteilt, dass die von Deutschland geschlossenen Konsultationsvereinbarungen die Gerichte nicht binden. Diese haben zwar Bedeutung für die Auslegung der Doppelbesteuerungsabkommen, sie dürfen jedoch den Wortlaut des Abkommens nicht ändern. Dies ändert auch die Umsetzung in nationales Recht im Rahmen von Paragraph 2 Absatz 2 Abgabenordnung (AO) nicht.
Vielmehr muss die betreffende Verordnungsermächtigung auch den Vorgaben des Artikels 80 Grundgesetz (GG) Rechnung tragen, indem er inhaltlich an das betreffende DBA anknüpft und indem die darin getroffene Regelung als äußere Grenzlinie aufgenommen wird.
Beispiel: Arbeitsverhältnis in den Niederlanden – Wohnsitz in Deutschland
Ein leitender Angestellter X mit deutscher Staatsangehörigkeit hat mehrere Jahre für die Firma Y, die ihren Sitz in den Niederlanden hat, gearbeitet und für diesen Zweck unter der Woche in den Niederlanden gewohnt. Zugleich hat der Arbeitnehmer mit seiner Familie in Deutschland gelebt. 2008 wurde das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und seinem Arbeitgeber aus dringenden betrieblichen Gründen beendet. Als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes wurde dem Arbeitnehmer eine Abfindung gewährt. Diese wurde jedoch nicht ausgezahlt, sondern in den Niederlanden in eine Rentenversicherung umgewandelt. 2009 nahm der frühere Mitarbeiter ein neues Arbeitsverhältnis in Deutschland bei einem anderen Arbeitgeber auf.
Nach Paragraph 7 der Konsultationsvereinbarung zwischen Deutschland und den Niederlanden hat grundsätzlich der Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht. Dies ist vorliegend Deutschland. War X in früheren Jahren sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland tätig, so ist – entgegen Artikel 10 DBA – das Besteuerungsrecht entsprechend zeitanteilig aufzuteilen.
In den Niederlanden war die Umwandlung der Abfindung in einen Anspruch auf wiederkehrende Bezüge steuerfrei. Die spätere Auszahlung der Rente unterliegt jedoch in den Niederlanden der Steuerpflicht. Da für Versorgungsbezüge grundsätzlich der Wohnsitzstaat – hier Deutschland – das Besteuerungsrecht hat, rechnen die Niederlande grundsätzlich die deutsche Steuer an. In Deutschland unterliegen die wiederkehrenden Bezüge in Höhe des Ertragsanteils der Steuerpflicht.
Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung gilt zudem im Zeitpunkt der Umwandlung die Abfindung als zugeflossen. Somit ist die Abfindung – soweit diese auf Arbeitstage in Deutschland entfällt – in Deutschland steuerpflichtig. Der Anteil für eine Tätigkeit in den Niederlanden unterliegt in Deutschland dem Progressionsvorbehalt und wirkt sich somit im Rahmen des Steuersatzes aus.
Folgt man der Auffassung des Bundesfinanzhofs, dass die getroffene Konsultationsvereinbarung keine Anwendung findet, hat allein der Ansässigkeitsstaat zum Zeitpunkt des Zuflusses das Besteuerungsrecht. Vorliegend ist dies Deutschland.
Beispiel: Arbeitsverhältnis in Deutschland – Wegzug in die Schweiz
Der Manager Z wohnte bis zum 30. April 2010 in Deutschland und übte in Deutschland eine nichtselbständige Tätigkeit aus. Am 1. Mai 2010 verzog er in die Schweiz, wo er eine neue nichtselbständige Tätigkeit aufnahm. Das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und seinem inländischen Arbeitgeber wurde mit dem Vertrag vom 30. Dezember 2009 aus dringenden betrieblichen Gründen einvernehmlich zum 31. Juli 2010 beendet. Der Kläger wurde unter Fortzahlung der regulären Bezüge sowie unter Zahlung von Boni für 2009 und 2010 zum 1. Januar 2010 unwiderruflich freigestellt. Als Entschädigung für den Verlust des Anstellungsverhältnisses und zum Ausgleich von bereits entstandenen und von damit in Zukunft verbundenen beruflichen und finanziellen Nachteilen vereinbarten die Vertragspartner eine Abfindung in Höhe eines Einmalbetrags von 780.500 Euro. Dieser wurde im September 2010 ausgezahlt.
Nach Paragraph 24 der Konsultationsvereinbarung zwischen Deutschland und der Schweiz hat – entgegen Artikel 15 DBA – nicht der Ansässigkeitsstaat, sondern grundsätzlich der frühere Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht. Dies ist im vorliegenden Fall Deutschland. War Z in früheren Jahren in mehreren Ländern tätig, ist das Besteuerungsrecht entsprechend zeitanteilig aufzuteilen. Somit möchte Deutschland die Abfindung im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht besteuern. Der deutsche Arbeitgeber ist verpflichtet, Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen.
Würde entsprechend dem Urteil des BFH die Konsultationsvereinbarung zwischen Deutschland und der Schweiz nicht greifen, steht das Besteuerungsrecht nach Artikel 15 Absatz 1 Satz 1 DBA dem Ansässigkeitsstaat zu. Dieser war nach dem erfolgten Umzug zum Zeitpunkt der Auszahlung die Schweiz.
Fazit
Gerade Abfindungszahlungen im internationalen Kontext bergen durchaus ein erhebliches Risiko einer Doppelbesteuerung. Vor allem dann, wenn die betroffenen Staaten unterschiedliche Auffassungen zur Qualifikation und Besteuerung von Abfindungen vertreten oder in einem Staat die getroffene Konsultationsvereinbarung vor Gericht keine Anerkennung findet. Daher ist dringend zu empfehlen, jeden Fall vor Auszahlung der Abfindung umfassend zu prüfen.
Dr. Bob Neubert
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Gesellschafter
BANSBACH GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft
Kerstin Eisenreich
Steuerberaterin und Prokuristin
BANSBACH GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft