Nach drei Jahren Corona-Pandemie präsentiert sich die bAV im Mittelstand robust. Nur wenige Betriebe berichten von sehr negativen Auswirkungen der Pandemie auf die Betriebsrenten. Das zeigt die neue Studie „Betriebliche Altersversorgung im Mittelstand 2022“ von Generali Deutschland und F.A.Z. Business Media.
Nach drei Corona-Jahren ist es Zeit, Bilanz zu ziehen. Insgesamt lässt sich resümieren: Die Folgen der Pandemie für die betriebliche Altersversorgung im Mittelstand bleiben begrenzt. Nur knapp jeder zwanzigste Betrieb vermeldet aktuell negative Auswirkungen auf die eigenen bAV-Pläne. Vor einem Jahr war es noch jeder zehnte Betrieb. Rund ein Fünftel der Befragten beklagt, dass der verfestigte Niedrigzins die Finanzierung von Garantieleistungen erschwert. Gestiegen ist die Nachfrage nach Zusatzangeboten im Gesundheitsmanagement. Für die neue Studie „Betriebliche Altersversorgung im Mittelstand 2022“ von Generali Deutschland und F.A.Z. Business Media befragte Forsa im Mai 2022 rund 200 bAV-Personalverantwortliche aus deutschen mittelständischen Unternehmen.
Digitale Infrastruktur ausgebaut
Ein Ergebnis der Studie belegt: Die Pandemie hat die digitale Transformation und Modernisierung der bAV und ihrer Infrastruktur vorangetrieben. So verweist jeder vierte bAV-Experte im Mittelstand auf überwiegend digitale Beratungs- und Informationsgespräche im eigenen Betrieb. Rund 70 Prozent – und damit tendenziell etwas weniger als in der Vorgängerstudie von 2021 – nennen mindestens einen digitalen Prozess, den der eigene Betrieb inzwischen nutzt beziehungsweise benötigt. Offensichtlich können mittelständische Betriebe inzwischen ihren Bedarf an digitalen Funktionen rund um die bAV besser abschätzen als noch in den beiden ersten Pandemiejahren. Größere Betriebe sind bei der digitalen Transformation der bAV Vorreiter, kleinere Betriebe geben einen geringeren Digitalisierungsbedarf an.
BAV-Beteiligung im Management steigt
Nachdem sich die Marktdurchdringung in der bAV in den ersten Corona-Jahren 2020 und 2021 auf der Ebene des Managements, der Führungskräfte und der Mitarbeitenden jeweils rückläufig entwickelt hat, zeigen sich teilweise wieder Zuwächse. So geben die Befragten den Anteil des Topmanagements, das mindestens ein bAV-Angebot nutzt, im Schnitt mit 57,7 Prozent an – nach 52,3 Prozent im vergangenen Jahr. Mit diesem Zuwachs um über fünf Prozentpunkte hat die Marktdurchdringung bei dieser Arbeitnehmergruppe zwar noch nicht den Stand der Vor-Corona-Zeit erreicht, aber die Rückgänge aus dem Vorjahr sind zu einem Teil wettgemacht. Auch das mittlere Management hat sich mit einem Anteil von 48,1 Prozent nach rückläufigen 43,8 Prozent im Vorjahr wieder deutlich erholt. Dagegen liegt die Beteiligung der Mitarbeiter mit 41,5 Prozent auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahr.
BAV als Benefit gewinnt während der Pandemie
Mittelständische Betriebe verzeichnen unter ihren Beschäftigten während der Corona-Krise eine höhere Wertschätzung für den Benefit bAV. Nachdem im vergangenen Jahr noch 12 Prozent der befragten bAV-Experten auf die gestiegene Wertschätzung hinwiesen, sind es in diesem Jahr bereits 18 Prozent. Zwar schlägt sich die gestiegene Beliebtheit noch nicht spürbar in einer höheren Marktdurchdringung auf der Ebene der Mitarbeiter nieder. Aber die Verantwortlichen berichten, dass die bAV permanent ein Gesprächsthema zwischen ihnen und den Arbeitnehmern ist. Thematisiert werden dabei vor allem der finanzielle Beitrag des Arbeitgebers zur bAV, das Vorsorgeangebot insgesamt und der Bedarf an individueller Beratung.
Die Corona-Pandemie hat auch in anderer Hinsicht ein Umdenken der Beschäftigten angestoßen. So urteilen viele Mitarbeiter heute anders über die Frage, wie sie ihre Lebensrisiken – auch mit Hilfe des Arbeitgebers – besser absichern können. Aktuell stimmen 66 Prozent der Befragten der These zu, dass die Absicherung der Arbeitskraft und die Hinterbliebenenversorgung für die Beschäftigten in der Pandemie genauso wichtig waren wie ihre Altersvorsorge. 71 Prozent erwarten, dass Nachhaltigkeitsaspekte in der Kapitalanlage künftig noch mehr an Gewicht gewinnen werden.
Arbeitgeberzuschuss bei Entgeltumwandlung
In fast jedem zweiten Betrieb ist der 15-prozentige Arbeitgeberzuschuss bei Entgeltumwandlungen über alte versicherungsförmige Zusagen ein Gesprächsthema zwischen bAV-Fachabteilung und Mitarbeitern. Aktuell setzen 55 Prozent der Betriebe eine bAV mit Arbeitgeberbeteiligung, die über den 15-prozentigen gesetzlichen Arbeitgeberzuschuss hinausgeht, als Bindungsinstrument ein. Dieser Wert liegt deutlich unter früheren Angaben zu einer finanziellen Arbeitgeberbeteiligung in der Studienreihe. Offensichtlich will aktuell nicht jedes Unternehmen das finanzielle Matching bei der Entgeltumwandlung über die Pflichtweitergabe hinaus erhöhen.
Dessen ungeachtet erzielt die bAV weiterhin sehr hohe Zufriedenheitswerte bei den Arbeitgebern im Hinblick auf ihre Wirkung als HR- und Bindungsinstrument. 80 Prozent der Betriebe, die eine bAV mit Arbeitgeberbeteiligung anbieten, die über den 15-prozentigen gesetzlichen Arbeitgeberzuschuss hinausgeht, zeigen sich sehr zufrieden oder zufrieden. Davon äußern allein 47 Prozent, sie seien mit der Wirkung ihrer bAV sogar sehr zufrieden.
Zeitwertkonten als Bindungsinstrument im Mittelstand
43 Prozent der mittelständischen Betriebe bieten ihren Beschäftigten Zeitwertkonten (ZWK) mit dem Ziel an, diese länger an sich zu binden. Damit zählen ZWK zwar nicht zu den am häufigsten eingesetzten Bindungsinstrumenten im Mittelstand, doch sie erzielen bei den Nutzern eine hohe Zufriedenheit von 81 Prozent. Kleinere, mittlere und größere Betriebe, die ZWK anbieten, haben mehrheitlich Gleitzeitkonten im Angebot. Kurzzeitkonten finden sich vor allem in mittleren und größeren Betrieben ab 100 Mitarbeitern. Ebenso bieten mittlere und größere Unternehmen häufiger Altersteilzeitkonten an. Kleinere Betriebe arbeiten häufiger als größere Betriebe mit Lebensarbeitszeit- beziehungsweise Langzeitkonten. Flexikonten und Beschäftigungssicherungskonten kommen hingegen seltener zum Einsatz.
Versicherungen behaupten Spitzenplatz
85 Prozent der befragten Betriebe kooperieren bei der betrieblichen Altersversorgung mit Versicherungsunternehmen. Damit erreicht die Versicherungsbranche als Kooperationspartner des Mittelstands in dieser Studienreihe einen neuen Höchstwert. Laut der Detailanalyse liegen die Versicherer auch bei allen Untergruppen der Betriebe deutlich vor anderen bAV-Anbietern und Dienstleistern. Auch die Direktversicherung als bAV-Durchführungsweg erreicht aktuell einen neuen Höchstwert: 91 Prozent der Betriebe bieten ihren Beschäftigten Direktversicherungen an. Damit legt dieser Durchführungsweg im Vorjahresvergleich um neun Prozentpunkte zu. Alle anderen Kooperationspartner erzielen im Mittelstand keine Mehrheitsnennung. So arbeiten 41 Prozent der Betriebe etwa mit Versicherungsmaklern zusammen, 32 Prozent mit Pensionskassen. Es fällt auf, dass sich mehr mittelständische Betriebe untereinander zusammenschließen, um in der bAV über ein gemeinsames Versorgungswerk zu kooperieren.
Rein arbeitnehmerfinanzierte Entgeltumwandlung rückläufig
Unter den angebotenen Finanzierungsformen für die betriebliche Altersversorgung behaupten sich an erster Stelle im Mittelstand die Modelle, die auf einer gemischten Finanzierung aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen aufbauen. Sie erreichen aktuell einen Wert von 80 Prozent und bestätigen damit den Höchstwert aus der Befragung des vergangenen Jahres. Gemischt finanzierte bAV-Pläne haben sich im Mittelstand längst als die prägende Finanzierungsform etabliert.
Mit deutlichem Abstand dahinter liegen rein arbeitnehmer- und rein arbeitgeberfinanzierte bAV-Pläne. Die rein arbeitnehmerfinanzierte Entgeltumwandlung fällt gegenüber der Befragung von 2021 um sieben Prozentpunkte auf 43 Prozent der mittelständischen Betriebe zurück und erreicht ungefähr das Niveau der Jahre 2018 und 2019. Offensichtlich treffen Modelle mit einer reinen Arbeitnehmerfinanzierung insbesondere in der Krise der beiden vergangenen Jahre auf eine schwächere Nachfrage der Beschäftigten und der Arbeitgeber – zugunsten anderer Finanzierungsmodelle mit einer stärkeren Einbindung des Arbeitgebers. Bei Entgeltumwandlungen über alte versicherungsförmige Zusagen ist stets der 15-prozentige Arbeitgeberzuschuss hinzuzurechnen.
Die dritte Finanzierungsvariante ist die rein arbeitgeberfinanzierte Betriebsrente. Sie präsentiert sich mit einem Anteil von 29 Prozent aktuell stabil und bewegt sich seit 2016 auf einem konstanten Niveau. Daran lässt sich ablesen, dass die Arbeitgeber, die bislang jahre- oder jahrzehntelang bereit waren, ihren Beschäftigten eine Betriebsrente zu finanzieren, diesen Benefit auch ungeachtet der schwierigen Marktsituation weiterhin anbieten wollen. Die Entgeltumwandlung – sowohl die rein arbeitnehmerfinanzierte Variante als auch Pläne mit Matching-Komponenten – wird von 95 Prozent der Betriebe angeboten. Dieser hohe Wert bestätigt ihre nahezu vollständige Marktabdeckung.
Dr. Thorsten Fischer
Head of bAV
Generali Deutschland AG
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Dr. Guido Birkner
Chefredakteur
dnp – Deutsche Pensions- und Investmentnachrichten & institutional assets
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