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Wie Henkel die Entgeltumwandlung automatisiert

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Durch Übernahmen anderer Betriebe wachsen Unternehmen zumeist schneller als durch organisches Wachstum im Kerngeschäft. Doch die Integration neuer Belegschaften nach M&A-Transaktionen löst in der Personalabteilung einen hohen Arbeitsaufwand aus. Gerade bei der Vergütung und der betrieblichen Altersversorgung sind viele Unternehmen darum bemüht, die neuen Mitarbeiter in die eigenen Strukturen und Modelle zu integrieren. Der Konsumgüterhersteller Henkel nahm die interne Harmonisierung verschiedener bAV-Modelle 2013 in Angriff – und konnte die Teilnahme an der Entgeltumwandlung deutlich steigern.

 

Die Zielsetzung von Henkel war es, die Nachfrage der Mitarbeiter nach der Entgeltumwandlung zu erhöhen und gleichzeitig den administrativen Aufwand wegen der unterschiedlichen, nebeneinander bestehenden Vorsorgepläne zu senken. Deshalb richtete der DAX-Konzern, der weltweit rund 50.000 Mitarbeiter aus mehr als 120 Nationen beschäftigt, die Vorsorgevergütung in Deutschland neu aus. Dabei schlug der Konsumgüterhersteller gleich zwei Fliegen mit einer Klappe und passte neben der bAV auch die Basisvergütung der Mitarbeiter, die an einzelnen deutschen Standorten noch anders ausgestaltet war, an das Modell der Düsseldorfer Zentrale an.

 

Dort haben sich die Verantwortlichen bereits vor Jahren für einen einzigen Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung, die Direktzusage, entschieden. Die Direktzusage kommt inzwischen bei beiden bAV-Standbeinen zum Einsatz. Das eine ist eine rein arbeitgeberfinanzierte Altersversorgungsleistung, das andere eine Entgeltumwandlung. „In der Vergangenheit haben wir mehrere unterschiedliche Durchführungswege angeboten“, erinnert sich Martina Baptist, Head of Pension Management Germany & Switzerland bei Henkel. „Heute ist die Direktzusage grundsätzlich unser einziger Weg, während wir die anderen Modelle auslaufen lassen.“

 

Antrag als Hürde bei der Entgeltumwandlung

 

Den Anstoß für den Relaunch der Entgeltumwandlung gab die bescheidene Teilnahmerate: So ließen zum Beispiel bei den kollektivrechtlich vereinbarten Vorsorgebausteinen nur rund 50 Prozent der berechtigten Mitarbeiter Entgelt umwandeln, obwohl Henkel sowohl beim tarifvertraglichen Modell der chemischen Industrie als auch kollektivvertraglich hohe Zuschüsse für den Arbeitgeberanteil bereitstellten. Im Rahmen der Entgeltumwandlung gemäß dem Tarifvertrag der chemischen Industrie finanzierte Henkel seit 2001 die ehemaligen vermögenswirksamen Leistungen zu 100 Prozent. Dabei belief sich die Arbeitgeberleistung pro Mitarbeiter auf näherungsweise 1.000 Euro im Jahr.

 

Über Mitarbeiterbefragungen fanden Martina Baptist und ihre Kollegen den Grund für die Zurückhaltung heraus. „Die Mitarbeiter riefen diese Beiträge nicht ab, weil sie aktiv beantragt werden mussten“, erläutert die Pension-Managerin. Um die Arbeitgeberförderung im Rahmen der Entgeltumwandlung zu erhalten, mussten die Beschäftigten sowohl für die Tarifvereinbarung als auch für die Betriebsvereinbarung jeweils Anträge stellen. „Das Ausfüllen der Anträge war für viele Kollegen kompliziert, und die Entgeltumwandlung war nicht transparent genug.“

 

Also baute Henkel 2013 die Vorsorgesäule Entgeltumwandlung um. Sie wurde nun breiter und vor allem für alle Berechtigten im Konzern eine Einheitslösung. Das Prozedere der Beantragung und das Gesamtmodell der Entgeltumwandlung sollten weniger aufwendig und verständlicher werden. „Deshalb haben wir Automatismen für die Vorsorgebausteine mit oder ohne Widerrufsrecht eingebaut“, erklärt Martina Baptist. Die Mitarbeiter mussten nun die Arbeitgebermittel für die Entgeltumwandlung nicht mehr beantragen wie bislang, sondern nahmen automatisch daran teil, soweit sie sich nicht explizit davon abmeldeten. Aber: „An den Stellen, an denen der Tarifvertrag vorsieht, dass der Arbeitgeber die Beiträge zu 100 Prozent übernimmt, ist für die Mitarbeiter kein Widerruf möglich.“ De facto hat Henkel dabei aus Arbeitnehmerbeiträgen im Rahmen der tariflichen Grundförderung Arbeitgeberbeiträge gemacht. Das bescherte den Mitarbeitern deutliche finanzielle Vorteile und entlastete die Personalabteilung bei der Administration.

 

Die Reaktionen der Belegschaft an den verschiedenen Standorten fielen sehr positiv aus. Die Beteiligungsrate bei der Entgeltumwandlung stieg bis heute auf über 80 Prozent der Mitarbeiter, während weniger als 20 Prozent widersprochen haben. Der Wegfall des Antragsverfahrens erwies sich als Durchbruch für die Entgeltumwandlung und wurde von einer umfangreichen Informationskampagne begleitet. Heute wandeln Tarif- und Führungskräfte 2 Prozent ihres Tarifgehalts bzw. Monatsgehalts um.

 

Zudem wandeln beide Gruppen in Abhängigkeit von ihrer Entgeltgruppe jeweils einen festen Betrag des Weihnachtsgeldes um. Der Arbeitgeber bezuschusst die Beiträge in gleicher Höhe. Bestandsmitarbeiter haben die Option, hier auszusteigen, während neue Mitarbeiter die Weihnachtsgeldregelung akzeptieren müssen. Eine weitere Arbeitgeberleistung ist die Weitergabe der Sozialversicherungsersparnis. Top-Führungskräfte sind von dieser Förderung durch den Arbeitgeber ausgenommen, so dass sie nur eine reine Entgeltumwandlung vornehmen können.

 

Von Rentenzahlungen zu Kapitalbausteinen

 

Auch die rein arbeitgeberfinanzierte Betriebsrente wurde in den vergangenen gut zehn Jahren modernisiert. So stellte Henkel 2004 von Leistungszusagen auf Beitragszusagen um. Bis 2011 konnten sich Mitarbeiter ihre Leistungen in Form von Renten oder Kapitalbausteinen auszahlen lassen. Seit 2011 sind nur noch reine Kapitalauszahlungen in maximal fünf Jahresraten möglich. Eine kleine Minderheit der Mitarbeiter bevorzugt nach wie vor Rentenzahlungen. Diese Personen können ihr Kapital steuer- und sozialversicherungsfrei in den Pensionsfonds der chemischen Industrie umschichten und sich von ihm lebenslange Renten auszahlen lassen.

 

Ein zentrales Instrument der bAV bei Henkel ist der konzerneigene Vorsorgefonds, in den die Beiträge der arbeitgeberfinanzierten Betriebsrente wie auch die der Entgeltumwandlung fließen. Die Pensionsverpflichtungen hat Henkel längst in zwei Contractual Trust Arrangements (CTAs) ausgelagert. Der eine CTA enthält die Verpflichtungen für die aktuellen Betriebsrentner und die Rentenanwartschaften, der andere bezieht sich auf die Verpflichtungen für die Kapitalbausteine.

 

Für die Fachabteilung bedeutet die Umstellung der bAV-Modelle, dass der administrative Aufwand heute erheblich kleiner ist. Zugleich ist die Nachfrage der Mitarbeiter nach Beratung gestiegen. „Heute schätzen die Kollegen die betriebliche Altersversorgung deutlich mehr als früher“, resümiert Martina Baptist, „und das auch deshalb, weil sie eine Eigenbeteiligung einbringen.“

 

Dr. Guido Birkner,

verantwortlicher Redakteur Human Resources

FRANKFURT BUSINESS MEDIA – Der F.A.Z.-Fachverlag

guido.birkner@frankfurt-bm.com

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