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Neuerungen in der Besteuerung von Mitarbeiter- beteiligung

Eine wichtige Stellschraube für All Employee Share Plans in Deutschland ist die steuerliche Förderung durch den Freibetrag, der zum 1. Januar 2021 auf 1440 Euro erhöht wurde. Weiterhin wurde mit dem Fondsstandortgesetz eine neue Möglichkeit der Steuerstundung eingeführt. Zudem können Vorteile aus der Mitarbeiterbeteiligung als mehrjährige Vergütungen von einem niedrigeren Steuersatz profitieren. Zur Anwendung dieser Neuerungen hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) am 16. November 2021 in einem Schreiben Stellung genommen.

Mitarbeiteraktienprogramme führen für Unternehmen und Beschäftigte zu einer „Win-win-Situation“, weshalb bei deutschen Unternehmen insbesondere All Employee Share Plans üblich sind. Die Beteiligung erfolgt regelmäßig über sogenannte Share-Matching-Pläne oder Gratisaktien, wobei verschiedene Parameter und Gestaltungsmöglichkeiten häufig kombiniert werden.

Steuerlicher Freibetrag (§ 3 Nr. 39 EStG)

Durch die Erhöhung des steuerlichen Freibetrags werden All Employee Share Plans wesentlich attraktiver. Das BMF hat zum einen bestätigt, dass der steuerliche Freibetrag nur für echte Aktien gilt und virtuelle Aktienpläne oder Barzahlungen zum Aktienerwerb nicht vom steuerlichen Freibetrag profitieren. Zum anderen gilt weiterhin als Voraussetzung für die Aktienbeteiligung, dass alle Arbeitnehmer (auch Teilzeitbeschäftigte oder geringfügig Beschäftigte), die zum Zeitpunkt der Überlassung ein Jahr oder länger in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen des Arbeitgebers stehen, ein Angebot erhalten müssen. Dabei ist zu beachten, dass die Erhöhung des Freibetrags für das ganze Jahr 2021 Anwendung findet und somit auch Vorteile aus Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen, die zwischen Januar und Juni zugeflossen sind, von der Erhöhung profitieren können, sofern die relevanten Voraussetzungen vorliegen.

Depotgebühren

Die bisherige Position der Finanzverwaltung von 2009, wonach innerhalb einer vertraglich vereinbarten Sperrfrist vom Arbeitgeber übernommene Depotgebühren nicht zu Arbeitslohn führen, wurde erweitert. Nunmehr wurde vom BMF festgestellt, dass vom Arbeitgeber übernommene Depotkosten nicht zu Arbeitslohn führen, sofern diese zwecks Minderung des administrativen Aufwands (zum Beispiel für ein zentral verwaltetes Sammeldepot) übernommen werden. Unseres Erachtens sollte somit in diesem Fall eine steuerfreie Übernahme von Depotgebühren auch außerhalb einer vertraglich vereinbarten Sperrfrist möglich sein.

Relevanter Bewertungsstichtag

Hinsichtlich des relevanten Bewertungsstichtags bestand seit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 7. Mai 2014 eine gewisse Rechtsunsicherheit, inwieweit die Finanzverwaltung auch den vom BFH bestätigten Wert der Aktien bei Abschluss des für beide Seiten verbindlichen Veräußerungsgeschäfts für steuerliche Zwecke akzeptieren würde. Nach Auffassung des BMF war bis dato grundsätzlich nur der Tag der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien für steuerliche Bewertungszwecke relevant. Das BMF hat nunmehr jedoch klargestellt, dass beide Ansätze angewendet werden können, lässt allerdings weiter offen, was genau der Abschluss des für beide Seiten verbindlichen Veräußerungsgeschäftes im Einzelfall ist.

Steuerstundung (§ 19a EStG neu)

Mit dem Fondsstandortgesetz wurde für Arbeitnehmer von Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) die Möglichkeit geschaffen, eine Steuerstundung für die geldwerten Vorteile aus der Übertragung anteilsbasierter Vergütungen von bis zu zwölf Jahren zu wählen. Voraussetzungen hierfür sind unter anderem die folgenden Regelungen:

  • Es handelt sich um eine Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird; eine Beteiligung an verbundenen Unternehmen des Arbeitgebers ist nicht begünstigt (keine Konzernregel, dies ist abweichend zum Steuerfreibetrag nach § 3 Nr. 39 EstG geregelt, wo auch Beteiligungen an Konzerngesellschaften qualifizieren).
  • Das Unternehmen des Arbeitgebers ist zum Zeitpunkt der Aktienausgabe ein KMU (beschäftigt weniger als 250 Mitarbeiter und erzielt entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. Euro oder weist eine Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Mio. Euro auf). Dabei sind verbundene Unternehmen in die Ermittlung der relevanten Schwellenwerte einzubeziehen.
  • Arbeitgeber und Arbeitnehmer stimmen der vorläufigen Nichtbesteuerung zu, eine Nachholung der vorläufigen Nichtbesteuerung im Rahmen der Einkommensteuererklärung ist nicht möglich.
  • Sofern die Voraussetzungen vorliegen, erfolgt die Besteuerung der Anteile nicht bereits bei Übertragung der Vermögensbeteiligung, sondern erst zum frühesten Zeitpunkt
  • bei einer Veräußerung oder Verfügung (zum Beispiel Einlage in ein Betriebsvermögen) über die Vermögensbeteiligung oder
  • zwölf Jahre nach Erhalt der Vermögensbeteiligung oder
  • zum Ende des Dienstverhältnisses mit dem bisherigen Arbeitgeber; dabei kann die Lohnsteuer durch den bisherigen Arbeitgeber steuerfrei übernommen werden.

Weiterhin kann bei einer Übertragung von Vermögensbeteiligungen die sogenannte Fünftelregelung Anwendung finden, sofern die Mitarbeiterbeteiligung eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten darstellt. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Fünftelregelung bei einer Übertragung von Vermögensbeteiligungen und der Inanspruchnahme der Steuerstundung des §19a EStG gelten als erfüllt, sofern seit Übertragung der Vermögensbeteiligung mindestens drei Jahre vergangen sind. Die Fünftelregelung kann eine begünstigende Versteuerung zu einem niedrigeren Steuersatz ermöglichen.

Fazit

Die Vervierfachung des Steuerfreibetrags zeigt, dass das Thema Mitarbeiterbeteiligung auch beim Gesetzgeber präsent ist. Dies ist ein begrüßenswerter Schritt zur weiteren Förderung von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen und damit auch der Aktienkultur in Deutschland. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Einführung einer Steuerstundung die Mitarbeiterbeteiligung bei KMU vor dem Hintergrund der restriktiv erscheinenden Voraussetzungen fördert. Allerdings hat die neue Bundesregierung im Koalitionsvertrag angekündigt, die Mitarbeiterbeteiligung für Start-ups attraktiver zu gestalten, sodass die weiteren Entwicklungen noch offen sind.

Niklas Radü
People Advisory Services, Manager
EY
niklas.radue(*)ey(.)com
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Frank Betz
People Advisory Services, Director
EY
frank.betz(*)ey(.)com
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Gordon Rösch
Partner, People Advisory Services
EY
gorden.roesch(*)ey(.)com
www.ey.com