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BAV in Deutschland: Flexibel – und noch ausbaufähig

Im Dotierungsrahmen und Leistungsniveau unterscheiden sich betriebliche Altersversorgungspläne von Arbeitgeber zu Arbeitgeber erheblich. Ähnlich sind sie sich jedoch im Aufbau: Fast alle sind beitragsorientiert und flexibel ausgestaltet, wie der Deutsche bAV-Index von WTW belegt.
Wie sieht die „typische bAV“ in Deutschland aus? Der WTW-Studienreport von 2021 untersuchte Strukturmerkmale, Leistungen und Kosten der Versorgungswerke von insgesamt 200 Unternehmen. Die Ergebnisse wurden nach Branche und Anzahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter in Deutschland gewichtet, sodass die Studie ein repräsentatives Abbild der aktuellen arbeitgeberfinanzierten bAV in Deutschland zeigt.

Nur noch sieben Prozent der Unternehmen bieten historisch gewachsene endgehaltsabhängige Versorgungsordnungen für ihre neu eintretenden Mitarbeiter an. Beitragsorientierte Zusagen haben sich im Markt breit durchgesetzt. Nur noch sieben Prozent der Unternehmen bieten historisch gewachsene endgehaltsabhängige Versorgungsordnungen für ihre neu eintretenden Mitarbeiter an. Neu eingeführte Zusagen wurden ausnahmslos beitragsorientiert ausgestaltet. Endgehaltsabhängige Zusagen werden, wenn überhaupt, nur noch für spezielle Personenkreise wie Geschäftsführer und Organ-Mitglieder gewählt.

Von den ehemals vorherrschenden Festzinszusagen haben sich die Arbeitgeber weitgehend verabschiedet. Fast drei Viertel (71 Prozent) der betrachteten Unternehmen in Deutschland arbeiten mit kapitalmarktorientierten Zinsmodellen. Die so gestalteten Zusagen können flexibel auf Zinsschwankungen reagieren und bieten bei einer positiven Zinsentwicklung die Chance auf eine attraktive Rendite. Aufgrund schlanker Administrationsmöglichkeiten sind versicherungsbasierte Lösungen insbesondere bei kleinen und mittelständischen Unternehmen nach wie vor am beliebtesten. Größere Unternehmen, die über eine ausreichend große Anzahl an Mitarbeitern verfügen, bieten häufiger eine fondsbasierte Ausgestaltung an.

Zuschuss zur Entgeltumwandlung weit verbreitet

Matching-Modelle eignen sich, um die Teilnahmequote an der Entgeltumwandlung zu erhöhen. Daher belohnen etwa 80 Prozent der Unternehmen, die eine Entgeltumwandlung im arbeitgeberfinanzierten System zulassen, Eigenleistungen mit einem Matching-Betrag, der über die gesetzlichen Mindestanforderungen (zum Beispiel den obligatorischen Zuschuss der eingesparten Sozialabgaben nach Betriebsrentenstärkungsgesetz) hinausgeht.

Deutlich wird in der Analyse der Daten auch, dass Mitarbeiter ihre bAV vor allem dann schätzen, wenn sie zu ihrem Altersversorgungsbedarf passt. Im Hinblick auf die Auszahlungsoptionen der bAV-Leistungen gewinnt Flexibilität daher immer mehr an Bedeutung. So sehen rund 75 Prozent der aktuell offenen Versorgungswerke eine flexible Auszahlung vor und überlassen es meist den Mitarbeitern, die für ihre Lebenssituation am besten geeignete Auszahlungsform (Einmalkapital beziehungsweise Raten oder eine lebenslangen Rente) zu wählen. Hoch geschätzt werden auch Risikoleistungen.

Prämien: Große Unterschiede zwischen Unternehmen und Branchen

Für einen typischen Tarifmitarbeiter investieren Unternehmen im Median 3,2 Prozent des Grundgehalts in die bAV. Für einen außertariflichen Mitarbeiter liegt die ermittelte Kostenprämie bei 4,3 Prozent und für eine Führungskraft bei 6,5 Prozent des jeweiligen Grundgehalts.

Große Unterschiede mit Blick auf die Werthaltigkeit einer bAV-Zusage zeigen sich sowohl zwischen den einzelnen Unternehmen als auch den einzelnen Branchen. So bietet etwa die Pharmabranche insbesondere im Tarifbereich traditionell eine sehr hochwertige bAV an. Ganz anders verhält es sich bei Unternehmen aus der Bauwirtschaft: Eine attraktive bAV spielt hier eine geringere Rolle.

Leistungsniveau: Ergänzende Entgeltumwandlung notwendig

Setzt man die resultierende Altersleistung in Relation zur letzten Grundvergütung, so ergibt sich der erzielbare Versorgungsgrad. Dieser liegt bei vier bis fünf Prozent des letzten Grundgehalts für arbeitgeberfinanzierte Leistungen im Median. Altersleistungen, die auf einer Entgeltumwandlung des Mitarbeiters basieren, kommen noch hinzu – und dürften für eine bedarfsgerechtere Absicherung auch zwingend erforderlich sein. Denn das ermittelte marktübliche Niveau der arbeitgeberfinanzierten bAV reicht kaum aus, um das aufgrund der demografischen Entwicklung sinkende Niveau der gesetzlichen Rente aufzufangen, geschweige denn, das Auskommen im Alter darüber hinaus zu verbessern. Unabhängig von den konkreten Modellen braucht eine solide Alterssicherung in Deutschland daher eine Stärkung der zweiten Säule.

Dr. Johannes Heiniz
Leiter General Consulting Retirement
WTW
johannes.heiniz(*)willistowerswatson(.)com
www.willistowerswatson.com

Anne Becker
Associate Director General Consulting Retirement
WTW
anne.becker(*)willistowerswatson(.)com
www.willistowerswatson.com

Dr. Tino Krekeler
Lead Associate General Consulting Retirement
WTW
tino.krekeler(*)willistowerswatson(.)com
www.willistowerswatson.com