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Wie Vertriebsvergütung nicht funktioniert und was sich jetzt verbessern lässt

Die meisten Unternehmen wollen ihre Vertriebsmannschaft erfolgreich incentivieren. Angesichts des direkten Zusammenhangs zwischen der Performance der Vertriebsmannschaft und den Umsatzergebnissen ist die Relevanz des Themas jedem klar. Trotzdem hapert es in der Praxis – meistens aus drei Gründen.

Das Jahresende ist eine hektische Phase, auch für diejenigen, die die Gestaltung der Vertriebsvergütung verantworten. Sogar die am besten organisierten Unternehmen beginnen den Review-Prozess oft erst im Spätherbst. Ist das Geschäftsumfeld beständig, mag es möglicherweise ausreichen, marginale Änderungen noch kurz vor Jahresende vorzunehmen.

Jahresendspurt statt Mid-Year-Review

Diese Just-in-Time-Methode berücksichtigt allerdings nicht, dass die meisten Vertriebsvergütungspläne eine Lebensdauer von nur wenigen Jahren haben und dass oft grundlegende Anpassungen notwendig sind, um Veränderungen in Geschäftsstrategie, Verkaufsrollen und Unternehmensprioritäten abzubilden. Wenn Unternehmen dies zu spät angehen, fehlt ihnen am Ende des Jahres die Zeit für die Abstimmung und Modellierung von Veränderungen. Idealerweise sollte man den Prozess zur Jahresmitte spätestens aber im September starten, um größere Änderungen angemessen einarbeiten zu können. In vielen Unternehmen ist der Betriebsrat in Änderungen an der Vertriebsvergütung einzubinden. Hier ist ausreichend Vorlaufzeit einzuplanen, um Anpassungen so wie geplant zu Beginn des neuen Geschäftsjahres einführen zu können.

Verschlusssache statt „verständlich für alle“

„Wollen wir wirklich mit den Vertriebsmitarbeitern über ihre Vergütung sprechen und sie an unseren Überlegungen teilhaben lassen? Wäre es nicht besser, alle vergütungsbezogenen Fragestellungen unter Verschluss zu halten, bis wir eine wasserdichte Lösung kommunizieren können? So könnten wir Störgefühle und falsche Erwartungen vermeiden.“ Solche Bedenken sind in Unternehmen weit verbreitet.

Ja, die Kommunikation im Zusammenhang mit Vergütungsfragen ist ein sensibles Thema. Oft ist es unmöglich, alle Bedenken auszuräumen, vor allem deshalb, weil verschiedene Personen unterschiedliche Auffassungen davon haben, was kritische Punkte sind. Allerdings dürfte das Unwissen darüber, was die Vertriebsmitarbeiter über ihre Vergütung denken, nicht dazu beitragen, ihre Sichtweise zu ändern. Im Beratungsalltag treffen Interviews oder Fokusgruppen mit Vertriebsmitarbeitern jedoch meistens auf eine positive Resonanz. Mitarbeiter schätzen es, wenn man mit ihnen spricht – selbst dann, wenn nicht all ihre Vorschläge umgesetzt werden.

Kreatives Chaos statt definierter Prozesse

In einer Welt voller Daten, Key-Performance-Indicators, Dashboards und Prozesse haben viele Unternehmen dennoch anstelle einer Methodik zur Überprüfung ihrer Vertriebsvergütung nur skelettartige, kaum vorhandene Prozesse festgelegt. Dies steht in starkem Kontrast zu fast allen anderen Organisationsbereichen, in denen Prozesse klar definiert und penibel dokumentiert sind. Dabei handelt es sich beispielsweise um Prozesse zur Definition des Jahresbudgets oder zur Genehmigung der langfristigen Strategie oder um Schritte, mit denen ein neues Produkt auf den Markt gebracht werden soll.

Warum sollte sich die Vorgehensweise beim Review des Vertriebsvergütungssystems davon unterscheiden? Ein definierter Prozess zur regelmäßigen Überprüfung der Vertriebsvergütungssystematik stellt ein essentielles Element in der Steuerung und Governance der Vertriebsvergütung dar. Klar definierte Verantwortlichkeiten sind dabei unerlässlich. In Nordamerika werden oft eigene Rollen für die Vertriebsvergütung geschaffen, während sie in Deutschland häufig in einer Grauzone zwischen Vertrieb und HR schwebt. Auch deshalb werden häufig einmal – meist in Eigenregie des Vertriebs – definierte Pläne für lange Zeit nicht mehr angefasst. Der Erfolg eines solide gestalteten Reviewprozesses lebt aber von klaren Rollen und Verantwortlichkeiten.

Jetzt umdenken

Wie könnte man es anders machen? Was wäre, wenn wir den Stress zum Jahresende umgehen, offen kommunizieren und auf einen ordentlich definierten Fahrplan und klare Rollenverantwortlichkeiten zurückgreifen? Wie wäre es, wenn wir mit den alten Gewohnheiten brechen und ausreichend Zeit für den jährlichen Review der Vertriebsvergütung – inklusive einer potentiellen Umgestaltung – einplanen? Der erste Schritt wäre ein sorgfältig durchdachtes Konzept, das einen offenen Dialog ermöglicht und ein, zwei ungeplante Schleifen zulässt, während alle ein klares Ziel vor Augen haben. Das vierte Quartal lässt sich für die Implementierung nutzen, anstatt dann erst den Überprüfungs- und Designprozess zu beginnen. Eine klare, markterprobte Methodik hilft dabei, die Vergütung an fünf Grundsätzen auszurichten:

  • Untermauerung der Strategie: Unterstreicht die Vertriebsvergütung die Geschäfts- und Vertriebsstrategie und das gewünschte Verkaufsverhalten?
  • Ausrichtung an Vertriebsrollen: Wie gut spiegeln die Anreizsysteme die Charakteristiken der jeweiligen Vertriebsrolle wider?
  • Steigerung der Motivation: Steigert die Vertriebsvergütung die Motivation der Vertriebsmitarbeiter?
  • Unterstützung bei der Gewinnung und Bindung von Talenten: Wie attraktiv und wettbewerbsfähig ist die Vertriebsvergütung?
  • Ermöglichung einer effektiven Steuerung: Bietet die Vertriebsvergütung einen klaren ROI und eine solide Governance?

Motivation für die Extrameile

Der Mehrwert einer funktionierenden Vertriebsvergütung dürfte die Risiken so neu definierter Prozesse deutlich übersteigen. Dabei sollte – wie in einem kürzlich auf WorldatWork.org erschienen Artikel diskutiert wurde –, nicht unterschätzt werden, wie wichtig es ist, ein klares Ziel vor Augen zu haben und den Weg dorthin sorgfältig zu planen. Um Vertriebsmitarbeiter für eine neue Vergütungssystematik zu gewinnen, bedarf es mehr als nur einer technisch gut gestalteten Vergütungssystematik. Ein durchdachter und definierter Prozess hilft, ein Umfeld zu schaffen, in dem Mitarbeiter motiviert sind, die Extrameile für das Unternehmen zu gehen.