Aspekte, die den Ausbildungsbetrieb betreffen, brauchen viel Raum in der Kommunikation. Mindestens ebenso entscheidend für die Wahl ist jedoch die Beschreibung des Ausbildungsberufs. Das zeigt sich in den Prioritäten, die Azubi-Bewerber verschiedenen Informationen in einer Stellenanzeige zuweisen. 61,0 Prozent der Befragten sehen in der Beschreibung des Ausbildungsberufs eine besonders hohe Priorität. Zum Vergleich: Deutlich abgeschlagen ist mit 38,2 Prozent der „Ablauf der Ausbildung“, dem viele Stellenanzeigen einen breiten Raum gewähren. Stärker als bislang sollte die Disziplin „Jobmarketing“ auf der Zielliste der Azubi-Marketing-Verantwortlichen einen Stammplatz finden. Jugendliche suchen zunächst einmal ihren Beruf fürs Leben, erst dann einen Ausbildungsbetrieb. Schaut man aber in gängige Stellenanzeigen für Auszubildende, so bietet sich im Hinblick darauf ein eher trostloses Bild: Zwar werden dort die Berufe meist beschrieben, diese Beschreibungen sind aber wenig umfangreich sowie inhaltlich und sprachlich oft kaum zielgruppenorientiert. Hier besteht ein sehr einfaches Optimierungspotenzial.
Tests schlagen KI
Was den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) im Recruiting angeht, zeigt sich die junge Generation der Studie zufolge skeptisch. So finden es nur sehr wenige Azubis und Schüler gut (4,4 Prozent), wenn Chatbots die Kommunikation mit ihnen führen oder Algorithmen deren Vorauswahl übernehmen würden (13,2 Prozent). Im Vergleich dazu schneiden Tests besser ab. Die Mehrheit (60,9 Prozent) hält eine Kombination von Tests und Vorstellungsgesprächen für Ausbildungsbetriebe für geeignet, herauszufinden, welche Kandidaten wirklich passen. Ausbildungsbetriebe sollten die Skepsis der jungen Generation gegenüber dem Einsatz von KI im Blick haben. Denn Auswahlverfahren ohne Akzeptanz der Zielgruppe sind schlechte Auswahlverfahren.
Azubi-Bewerber mögen es in Auswahlverfahren eben eher persönlich, wie die Studie in den vergangenen Jahren immer wieder gezeigt hat. Vor diesem Hintergrund trifft auch die gegenwärtige, Coronabedingte Praxis, Live-Interviews durch Videotelefonate zu ersetzen, nicht nur auf Gegenliebe: Das „Corona-Stimmungsbarometer duale Ausbildung“ von U-Form zeigt, dass 41,0 Prozent der Azubi-Bewerber es ablehnen, wenn persönliche Vorstellungsgespräche durch Video-Calls ersetzt werden.
Selbstwahrnehmung – rundum gut aufgestellt
Schüchternheit oder mangelndes Selbstbewusstsein sind für die Ablehnung von Video-Calls nicht der Grund: Denn die heutige Generation Azubi ist durchaus selbstbewusst. Wie die „Azubi-Recruiting Trends 2020“ zeigen, betrachten sich ihre Angehörigen mehrheitlich als motiviert, leistungsstark und diszipliniert. Deren Ausbilder jedoch sehen das anders. So schreiben sich über drei Viertel der Auszubildenden ein ausgesprochen „gutes Benehmen“ zu, aber nur 17,1 Prozent der Ausbildungsverantwortlichen würde das ohne Einschränkungen einem „Großteil der Auszubildenden“ zubilligen. Trotzdem bieten nur 43,5 Prozent der befragten Ausbildungsbetriebe Benimmkurse für ihre Auszubildenden an. Diejenigen, die sich über mangelndes Benehmen beklagen, sollten eigentlich aktiv werden und entsprechend Unterstützung geben. Ebenfalls hilfreich ist eine regelmäßige und ehrliche Rückmeldung zum Verhalten der Auszubildenden.
Feedback – willkommen, aber nicht oft genug
Denn die Generation Z liebt Feedback, weil sie es gewohnt ist, von ihren Eltern einbezogen zu werden. Entsprechend sehen Azubis auch das Feedback ihrer Ausbildungsverantwortlichen positiv: „Gewünscht“ finden es 84,2 Prozent, „hilfreich“ 77,9 Prozent und „motivierend“ 71,7 Prozent. Lediglich bei der Frequenz und Intensität gibt es Abstriche: 69,9 Prozent der Befragten geben an, niemals oder selten ein Feedback als „ausführliches individuelles Gespräch“ zu erhalten. Ausbildungsbetrieben ist vor diesem Hintergrund zu raten, Feedbackprozesse zu strukturieren und gezielt zu planen: Statt Feedback dem Zufall oder dem Augenblick zu überlassen, sollten sie klare Zeitpunkte definieren, wann und in welcher Form Feedback durch die Ausbilder oder die Ausbildungsbeauftragten erfolgen soll. Zum Beispiel in der ersten und letzten Woche eines Abteilungsaufenthalts.
Dabei kann ein digitales Tool sinnvoll unterstützen, in dem Ausbildungsverantwortliche Feedbackbögen erstellen oder auf vorhandene zurückgreifen können. Durch eine entsprechende Automatisierung erinnert das System alle Beteiligten daran, dass in naher Zukunft ein Feedback stattfinden soll. Dann klappt es mit der Frequenz und der Intensität, denn der Vorsatz, „möglichst oft“ Feedback zu geben, hängt zumindest in größeren Betrieben ohne Automatisierung von Feedbackprozessen in der Luft.
Keine strategische Verankerung in einem Drittel der Betriebe
In der Luft hängt in noch zu vielen Betrieben leider auch die duale Ausbildung insgesamt: Immerhin ein Drittel der befragten Ausbildungsverantwortlichen berichtet, in ihrem Unternehmen sei die duale Ausbildung kein in der HR-Strategie verankertes Thema und genieße nicht die Aufmerksamkeit des Top-Managements. In jedem fünften Unternehmen bekommt dieses von der dualen Ausbildung sogar „nicht viel mit“. Ein klares Bekenntnis zur dualen Ausbildung sieht anders aus. Immerhin geht es um nicht mehr und nicht weniger als um die Fachkräfte von morgen.
+++ Eine Bilderstrecke mit Grafiken und Infos zur Studie finden Sie › hier. +++
Die Studie |
---|
„Azubi-Recruiting Trends“ ist Deutschlands größte doppelperspektivische Befragung zum Thema Azubi-Marketing und Recruiting. Der Initiator U-Form Testsysteme wiederholt die Studie jährlich – mit jeweils wechselnden Schwerpunkten. Für die 2020er-Ausgabe hat der Solinger Ausbildungsspezialist von Januar bis März des Jahres 5754 Azubis und Schüler sowie 2001 Ausbildungsverantwortliche online befragt. Wissenschaftlich begleitet wurde die Studie wie schon in den Vorjahren von Professor Dr. Christoph Beck, Studienpartner ist die Aubi-plus GmbH. Mehr Infos zur Studie finden Sie hier: › testsysteme.de/studie |
Marketing, u-form Testsysteme, Solingen,
f.ullrich@testsysteme.de