Übergang in den Beruf - Wie geht es nach der Prüfung weiter?
Schritt für Schritt durch den Ausbildungsprozess.So gehen Sie vor!
- Lassen Sie von den Fachabteilungen ein Anforderungsprofil der offenen Stellen erstellen.
- Aktualisieren Sie die individuellen Stärkenprofile der Auszubildenden.
- Gleichen Sie die Profile ab und führen Sie Entwicklungsgespräche mit den Auszubildenden.
- Bereiten Sie die Auszubildenden durch gezielte Maßnahmen auf ihr künftiges berufliches Tätigkeitsfeld vor.
- Bestellen Sie Paten oder Mentoren.
Der Übergang als Prozess
Der Begriff „Übergang“ beinhaltet unterschiedliche Bedeutungen: Umformung, Wechsel, aber auch Übertritt, Grenzübergang, Brücke oder Bindeglied. Alle diese Bedeutungsgehalte sind mit der Situation des „Übergangs von der Ausbildung in den Beruf“ verbunden. Wie beim Eintritt in die Ausbildung, so handelt es sich auch hier um eine Veränderungssituation, auf die der Auszubildende – wie auch die aufnehmende Fachabteilung – vorzubereiten sind. Der Wechsel von der Ausbildungs- in die Berufsphase muss daher durch gezielte Maßnahmen (Brücken) unterstützt werden.
Der inhaltliche und zeitliche Schwerpunkt der entsprechenden Maßnahmen liegt zwar in der Nachprüfungsphase, der „Übergang“ sollte jedoch als Prozess verstanden werden, der bereits mit dem ersten Ausbildungstag beginnt und die erste Zeit der Berufstätigkeit mit einschließt.
Motivation
Nach der Prüfung ist bei den Auszubildenden häufig die „Luft raus“. Die Spannung ist weg. Die Jugendlichen sind „ausgepowert“ und warten nur noch auf das Zeugnis und die offizielle Verabschiedung. Der Beginn der Berufstätigkeit ist noch einige Wochen entfernt. Was genau auf sie zukommen wird, wissen sie noch nicht. In dieser Situation ist es wichtig, einen neuen Spannungsbogen aufzubauen durch:
- Aktualisierung des individuellen Stärkenprofils,
- Entwicklung von Perspektiven („Wie geht es weiter?“),
- Weiter-Qualifizierung (Qualifizierung für die neuen Aufgaben; Erwerb von Zusatzqualifikationen),
- Einsatz in der neuen Abteilung,
- Begleitung des Einsatzes in der neuen Abteilung.
Maßnahmen
Aktualisierung des individuellen Stärkenprofils
Zur Förderung der Selbstwirksamkeitserwartung bei dem Auszubildenden und eines möglichst passgenauen Einsatzes seiner Kompetenzen und Qualifikationen in der Fachabteilung ist das individuelle Stärkenprofil zu aktualisieren. Dies kann im Rahmen eines 360-Grad-Feedbacks erfolgen:
- Selbsteinschätzung durch Auszubildenden;
- Fremdeinschätzungen: Ausbilder, Fachabteilung (Kunde), Lehrer der berufsbildenden Schule.
Die jeweiligen Einschätzungen können in unterschiedlicher Form erfolgen: Fragebogen, Kreativ-Methoden, Beurteilungsverfahren, Test, strukturierte Gespräche etc.
Unternehmen, die bereits über eine Personalentwicklung für Auszubildende verfügen und regelmäßig Beurteilungs- und Entwicklungsgespräche mit diesen führen, sind hier im Vorteil.
Entwicklung von Perspektiven
Die Perspektiventwicklung wird durch zwei Faktoren beeinflusst: das Stärkenprofil des Auszubildenden und die Anforderungsprofile offener Stellen. Um dem Auszubildenden die verschiedenen Optionen im Unternehmen aufzeigen zu können, ist es daher wichtig, dass die internen Kunden detailliert die Anforderungen an den neuen Mitarbeiter formulieren, z. B. durch eine quantitative/qualitative Bedarfsanalyse. Der Ausbilder gleicht dann die beiden Profile ab und zeigt dem Auszubildenden in einem strukturierten Entwicklungsgespräch die verschiedenen beruflichen Optionen auf. Die Entscheidung über die Stellenbesetzung sollte von der entsprechenden Fachabteilung und dem Auszubildenden in Abstimmung mit der Personalabteilung getroffen werden.
Weiter-Qualifizierung
Nachdem die Ausbildung inhaltlich abgeschlossen ist, kann die verbleibende Zeit im Sinne einer „gestaltungsoffenen Ausbildung“ zur weiteren Qualifizierung genutzt werden. Der Auszubildende merkt so, dass er nicht „ausgelernt“, sondern nur eine erste Qualifizierungsphase abgeschlossen hat. Er erfährt, dass er gleich weiterlernen muss.
Die Qualifizierung kann in zwei Richtungen erfolgen:
- Erwerb von Zusatzqualifikationen im Rahmen der individuellen Kompetenzentwicklung – entweder zur Vertiefung einer bestimmten Qualifikation oder zur Erlangung eines ausbildungsnahen Zusatzabschlusses.
- Qualifizierung für die spezifischen Aufgaben der neuen Stelle. Diese kann innerhalb oder außerhalb der neuen Abteilung erfolgen.
Einsatz in der neuen Abteilung
Für den Ausgelernten ist es wichtig, dass er bei Antritt seiner neuen Stelle von den Kollegen gleich als Fachkraft anerkannt und geschätzt wird und er nicht der „ewige Auszubildende“ bleibt. Auf die neuen Anforderungen kann der Auszubildende fachlich und sozial vorbereitet werden durch Hospitation bzw. Mitarbeit in der Übernahmeabteilung oder durch die Übernahme von Spezialaufgaben und Mitarbeit in Projekten anderer Fachabteilungen. Er lernt so die spezifischen Arbeitsbedingungen und -abläufe sowie die sozialen Beziehungen (formelle/informelle Beziehungen) kennen und erlebt die Abteilungskultur.
Gleichzeitig können sich auch die Kollegen in der Abteilung einen Eindruck von dem „Neuen“ verschaffen und prüfen, ob er zu ihnen passt.
Falls die Übernahmeabteilung noch nicht feststeht, weil z. B. mehrere Optionen bestehen, kann der Auszubildende auch in mehreren Abteilungen hospitieren und bei der Durchführung abteilungstypischer Aufgaben mitarbeiten.
Begleitung des Einsatzes
Der Einsatz in der Übernahmeabteilung konfrontiert die Auszubildenden mit einer neuen und komplexen Situation, die eine Herausforderung darstellt. Sie sollten daher während dieser Zeit durch einen Paten oder Mentor begleitet werden, der sie in das neue Arbeitsgebiet fachlich und sozial einführt, Kontakte herstellt und als Gesprächspartner, Ratgeber zur Verfügung steht. Gleichzeitig erleben sie, wie der Mentor sich in Gesprächen, bei Besprechungen oder in Krisensituation etc. verhält und können mit ihm über seine spezifischen Verhaltensstrategien sprechen.
Probleme ergeben sich erfahrungsgemäß mit dem neuen Status als Fachkraft, sei es, dass die Ausgelernten zu wenig selbstbewusst sind und sich im Rahmen ihres Handlungsspielraumes nicht trauen, eigenaktiv und selbstverantwortlich zu handeln; sei es, dass sie zu selbstbewusst sind. Der Mentor kann hier helfen, die Situation richtig einzuschätzen und die entsprechende Verhaltensweise zu wählen. Bei Bedarf können kurzfristig Workshops durchgeführt werden, in denen Probleme der Auszubildenden diskutiert und Problemlösungsstrategien entwickelt werden. Dazu können u. a. Rollenspiele durchgeführt werden.
Die Begleitung durch Paten, Mentoren signalisiert zudem den Kollegen in der Abteilung, dass der Auszubildende sich in einer Übergangsphase befindet, in der er noch Unterstützung benötigt.
Autor: Prof. Dr. Wolfgang Wittwer
Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie im Handbuch PersonalAusbilden. Praxisbeispiele bietet die dazugehörende Ausbilder-Service-CD.
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