Fördermaßnahmen ableiten und entwickeln - Wie fördere ich den einzelnen Auszubildenden und die Gruppe?
Schritt für Schritt durch den Ausbildungsprozess.So gehen Sie vor!
- Erfassen Sie systematisch das Potenzial Ihrer Auszubildenden.
- Bestimmen Sie unter Berücksichtigung der betrieblichen Entwicklung das Ziel der Potenzialförderung.
- Wählen Sie dazu geeignete PE-Maßnahmen aus bzw. entwickeln Sie diese.
- Überprüfen Sie den Erfolg der Fördermaßnahmen.
Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit durch Potenzialförderung
Jeder einzelne Mitarbeiter stellt heute für ein Unternehmen ein ganz wichtiges strategisches Erfolgspotenzial zur Sicherung bzw. Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit dar, „denn bei zunehmender Austauschbarkeit von Produkten und Imitierbarkeit von technischen und methodischen Konzepten gewinnt das Humankapital einer Unternehmung als relativ imitationsgeschützter Wettbewerbsfaktor noch größere Bedeutung“ (Th. Sattelberger). Für die Entwicklung eines Unternehmens ist es daher (lebens)wichtig, die Mitarbeiter beruflich zu fördern. Das gilt bereits für die Jugendlichen in der Ausbildung. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass deren individuelle Kompetenzen bekannt sind. Davon lassen sich dann Fördermaßnahmen für den Einzelnen wie für Gruppen ableiten.
Methoden der Potenzialanalyse
Die Kompetenzen der Auszubildenden können auf vielfältige Weise erfasst werden. Zu unterscheiden ist hier zwischen den Formen der Fremd- und Selbsteinschätzung sowie deren Kombination.
Fremdeinschätzung
- Zeugnisse
- Beurteilungen, z. B. Abteilungsbeurteilung
- Strukturierte/unstrukturierte Beobachtung der Arbeitsausführung in fachlicher und sozialer Hinsicht
- Beobachtung bei Rollenspielen bzw. beim Einsatz interaktiver Methoden
- Gesprächseindrücke
Selbsteinschätzung
- Fragebogen
- Kompetenz-Diagnostikverfahren
- Visuelle Darstellungen der Selbsteinschätzung
- „SOFT“-Analyse
Beide Grundformen der Einschätzung können fehlerhaft sein, so können bei einer Fremdeinschätzung die bekannten Beurteilungsfehler auftreten oder sie kann bewusst negativ formuliert werden, um Leistungsdruck aufzubauen. Bei einer Selbsteinschätzung dagegen können die Antworten sich an der „sozialen Erwünschbarkeit“ orientieren. Andererseits bietet sich bei diesem Instrument dem Ausbilder die Möglichkeit, die Jugendlichen genauer kennenzulernen.
Kombination beider Formen
Die parallele Durchführung von Selbst- und Fremdeinschätzung ermöglicht den Abgleich der Sichtweisen von Auszubildendem und Ausbilder in einem gemeinsamen Gespräch. Es findet gleichsam eine kommunikative Validierung statt, bei der die Ergebnisse abgeglichen, argumentativ erläutert und möglicherweise korrigiert werden.
Festlegung der Fördermaßnahmen
Ergebnis der Selbst- und Fremdeinschätzung ist ein Stärkenprofil, das dokumentiert, wo das Potenzial des Auszubildenden liegt. Damit wird deutlich, in welchen Bereichen er gefördert werden soll.

Entsprechend diesem individuellen Entwicklungsziel einerseits und der
innerbetrieblichen Verwendung dieses Potenzials andererseits wird in
inhaltlicher und methodischer Hinsicht die Fördermaßnahme ausgewählt
bzw. entwickelt. Dieser Prozess sollte in Abstimmung mit dem einzelnen
Auszubildenden unter Berücksichtigung von dessen Bedürfnissen und
Interessen erfolgen. Wichtig dabei ist, dass der Jugendliche selbst auch
berufliche Optionen und damit Motivation entwickeln kann.
Für
die Entwicklung eigener Maßnahmen bietet sich ein Mix an Methoden an,
die die einzelnen Entwicklungsziele insgesamt abdecken, z. B. das
„Ausbildungsprojekt“. Es kann folgende Methoden umfassen:
Dozenten-/Teilnehmerinput, Lehrgespräch, Einzel-/Gruppenarbeit,
Vier-Stufen-Methode, Selbststudium etc.
Fördermaßnahmen
Die Potenzialentwicklung bei Auszubildenden ist ...... Teil der Personalentwicklung (PE).
Damit stehen hier grundsätzlich alle Maßnahmen und Instrumente der PE zur Verfügung. Deren Auswahl erfolgt nach dem Motto: Keine Standardmaßnahmen, sondern individuelle PE im Sinne von „Managing Diversity“, z. B.
- Übernahme von Sonderaufgaben,
- Auftragsorientierte Aufgaben,
- Mitarbeit in Projekten,
- Outdoor-Training,
- Coaching,
- Mentoring.
... in den organisatorischen Ablauf der Ausbildung zu integrieren.
Die betriebliche Ausbildung verfolgt heute u. a. das Ziel einer „gestaltungsoffenen Ausbildung“, d. h. sie kann in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht sowohl auf die individuellen Interessen des Betriebes als auch auf die individuellen Bedürfnisse (Potenziale) der Auszubildenden eingehen. Maßnahmen:
- Gestaltung von Ausbildungsabschnitten als Projekt,
- Ausbildung in Juniorfirmen,
- Erwerb von Zusatzqualifikationen,
- Individuelle Vertiefung von Fachqualifikationen und Kompetenzen,
- Kooperative Ausbildung, Verbundausbildung,
- Ausbildungseinsatz in Fremdfirmen im In- und Ausland,
- Ausbildung in Erfahrungsräumen,
- Virtuelle Ausbildungsphasen,
- Einsatz in Sozialeinrichtungen.
Wichtige Kriterien für Fördermaßnahmen sind beispielsweise, dass die Aufgaben neu, herausfordernd, komplex sind und von dem Auszubildenden eine eigenaktive und verantwortliche Rolle verlangt wird und er selber motiviert ist, diese Aufgabe zu lösen. Ein Beispiel hierfür ist die Ausbildung in Erfahrungsräumen. Die Durchführung der Maßnahmen ist zu begleiten (Ausbilder, Fachkraft) sowie einzuleiten und abzuschließen.
Einzel- und/oder Gruppenmaßnahmen
Bei den meisten der oben genannten Maßnahmen handelt es sich um kooperative bzw. Gruppenmaßnahmen. Die Entscheidung für eine Einzel- oder Gruppenmaßnahme hängt von der Art der Potenzialentwicklung ab. Letztlich müssen berufliche Kompetenzen immer in einem sozialen Kontext angewendet werden. Von daher ist es wichtig, dass die Förderung der Jugendlichen auch in Gruppen erfolgt, sei es mit anderen Auszubildenden, sei es im Arbeitszusammenhang mit den Kollegen der Fachabteilung.
Evaluierung der Potenzialentwicklung
Es ist in ökonomischer wie in motivationaler Hinsicht zu „teuer“, die Wirkung der Maßnahme erst am Ende festzustellen. Sie ist laufend zu überprüfen:
- Bei der Auswahl der Auszubildenden: Sind in der Fördermaßnahme die „richtigen“ Auszubildenden?
- Während der Durchführung: Läuft die Maßnahme nach Plan ab? Stimmen die Aufgaben mit der Zielsetzung überein?
- Am Ende der Maßnahme: Ist das Förderziel erreicht? Können/dürfen sie die neuen Qualifikationen/Kompetenzen in der Ausbildung einsetzen?
Methoden der Evaluierung sind u. a.: Teilnehmende Beobachtung während der Maßnahme, Befragung der Teilnehmenden, Test, Rollenspiele, Interviews mit Teilnehmenden, „Begleitern“, Ausbildern, Vorgesetzten in Fachabteilungen.
Autor: Prof. Dr. Wolfgang Wittwer
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