Ausbildungskooperationen und Ausbildungsverbünde - Wie binde ich andere Lernorte in die eigene Ausbildung ein?
Schritt für Schritt durch den Ausbildungsprozess.So gehen Sie vor!
- Analysieren Sie die Situation und bereiten Sie die Entscheidung vor.
- Machen Sie bei Ausbildungskooperationen mit.
- Organisieren Sie selber einen Ausbildungsverbund.
Analysieren, planen, Entscheidung vorbereiten
Die Ausbildungsfähigkeit, -bereitschaft und -möglichkeiten auch Ihres Ausbildungsbetriebs werden durch den raschen wirtschaftlichen und demografischen Wandel ständig neuen Herausforderungen ausgesetzt:
- Unternehmensziele müssen sich der Marktsituation anpassen.
- Produktions- oder Serviceschwerpunkte verlagern sich.
- Die Zahl und das Qualifikationsniveau der Ausbildungsbewerber ändern sich.
- Neue Ausbildungsordnungen setzen neue Ausbildungsziele.
- Die Ausbildungspolitik der Unternehmensleitung ändert sich etc.
Aus diesen Sachverhalten können sich in Ihrem Unternehmen Gründe ergeben, anstelle der einzelbetrieblichen Ausbildung Ausbildungskooperationen oder Ausbildungsverbünde zu organisieren.
Analysieren Sie die Situation und holen Sie die Zustimmung der Geschäftsleitung für entsprechende Planungen ein, um eine Entscheidung vorbereiten zu können. Das Berufsbildungsgesetz sieht diese Form der Ausbildung ausdrücklich vor.
Regelungen im Berufsbildungsgesetz
Eignung der Ausbildungsstätte § 27 Abs. 2
„(2) Eine Ausbildungsstätte, in der die erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten nicht in vollem Umfang vermittelt werden können, gilt als geeignet, wenn diese durch Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte vermittelt werden.“
Vertrag § 10 Abs. 5 BBiG
„(5) Zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen der Ausbildenden können mehrere natürliche oder juristische Personen in einem Ausbildungsverbund zusammenwirken, soweit die Verantwortlichkeit für die einzelnen Ausbildungsabschnitte sowie für die Ausbildungszeit insgesamt sichergestellt ist (Verbundausbildung).“
Prüfen Sie die Vorteile, die sich für das Unternehmen darstellen, und wägen Sie diese gegenüber den Nachteilen ab.
Vorteil und Nachteile des Ausbildungsverbundes (AV)
Zu den Vorteilen zählt die Möglichkeit, Ausbildung aus der teuren Lehrwerkstatt oder aus Betriebsbereichen mit Engpässen, zu großer Spezialisierung oder fehlenden Arbeitsprozessen in Partnerbetriebe auszulagern. Bei Ausbildung über Bedarf können Absolventen von Partnerbetrieben übernommen werden. Die Qualität der Ausbildung steigt in der Regel durch die größere Breite der fachlichen Erfahrung und der Sozialkompetenz.
Nachteilig sind die Koordinierungskosten und die Möglichkeit, gute Auszubildende nach der Ausbildung an Partnerbetriebe zu verlieren.
Staatliche Programme unterstützen Ausbildungskooperationen und -verbünde, z. B.
- Einstiegsqualifizierung,
- JOBSTARTER,
- STARegio.
Informationen zu den Programmen finden Sie unter www.bibb.de
Ausbildungskooperationen mitmachen
Die Initiative bei Ausbildungskooperationen geht in der Regel von einem Ausbildungszentrum aus, das Unternehmen für die praktische Ausbildung seiner Auszubildenden nach dem BBiG gewinnen will.
Ihre Aufgabe im Betrieb ist es, diese Jugendlichen praktisch auszubilden, und zwar nach dem Ausbildungsrahmenplan des angestrebten Berufes. Ausbildungszentrum, Berufsschule und Betrieb arbeiten dabei eng zusammen, zumal die tatsächliche praktische Ausbildung den individuellen Möglichkeiten der Jugendlichen angepasst werden muss.
Prüfen Sie die Organisierbarkeit der Ausbildung, ggf. Betreuungspersonal und Kosten für eine Entscheidungsvorbereitung. Die Bundesagentur für Arbeit bezuschusst solche Ausbildungskooperationen nach dem Sozialgesetzbuch.
Einen Ausbildungsverbund organisieren
Die Initiative für Ausbildungsverbünde geht in der Regel von Unternehmen aus. Wenn die Entscheidung für einen Ausbildungsverbund gefallen ist, erwarten Sie folgende Aufgaben:
- Ein Gesamtkonzept für eine bestimmte Anzahl von Auszubildenden in einem oder mehreren Ausbildungsberufen entwerfen.
- Partnerbetriebe in der gleichen oder anderen Branchen für eine Teilausbildung in den genannten Berufen gewinnen.
- Die Aufgaben der Beteiligten vertraglich festlegen.
- Ausbildungsverträge mit allen angenommenen Bewerbern abschließen, die die individuellen Ausbildungsabschnitte beim Leitbetrieb und den Partnerbetrieben taggenau beinhalten.
- Ausbildungsverträge bei der Kammer eintragen lassen.
- Kammer und Berufsschule über die Details des Verbundes unterrichten.
- Regelmäßigen Kontakt mit den Partnerbetrieben und Auszubildenden pflegen.
- Ausbildung in den Partnerbetrieben kollegial überwachen und koordinieren.
- Auszubildende zu den Prüfungen anmelden.
- Rechtzeitig vor Abschluss der Ausbildung unter Berücksichtigung der Wünsche der Auszubildenden die Übernahmen ins Arbeitsverhältnis klären.
Aufgaben des Partnerbetriebes:
- Die Jugendlichen im vertraglich übernommenen Abschnitt des Ausbildungsrahmenplans nach den Regeln des Berufsbildungsgesetzes ausbilden. Arbeitsverhältnisse bei den beteiligten Unternehmen klären.
- Den Leitbetrieb über den Ablauf der Ausbildung, insbesondere aufkommende Probleme, rechtzeitig informieren.
- Eine beabsichtigte Übernahme nach der Ausbildung frühzeitig mit dem/der Auszubildenden abstimmen und dem Leitbetrieb anzeigen.
Autor: Prof. Dr. Hermann Schmidt