Betreuung vor der Einstellung - Wie betreue ich Auszubildende bis zum Ausbildungsbeginn?
Schritt für Schritt durch den Ausbildungsprozess.So gehen Sie vor!
- Nutzen Sie die Zwischenzeit zur Kommunikation, um eine Bindung aufzubauen.
- Machen Sie das Ausbildungsprofil Ihres Unternehmens in den lokalen Schulen bekannt.
- Bauen Sie persönliche Kontakte auf und laden Sie ein.
- Frühe Unternehmensbindung muss Chefsache sein.
Was ist das Problem? Die Zwischenzeit!
Nach der Anwerbung, der Auswahl und dem Vertragsabschluss wird der Zeit vor dem Beginn der Ausbildung, hier als „Zwischenzeit“ bezeichnet, oft nicht die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt. Jährlich werden Zehntausende von Stellen nicht angetreten, weil die Bewerber sich nach Vertragsabschluss noch für einen anderen Betrieb oder eine schulische Ausbildung entschieden haben. Hierdurch können die eigenen Ausbildungsplanungen massiv gestört und erhebliche Rekrutierungskosten im Nachhinein als Fehlinvestition verbucht werden. Deshalb sollten Sie für die „Zwischenzeit“ Vorkehrungen treffen, damit dies nicht geschieht.
Abgänge von Auszubildenden vor Ausbildungsbeginn verursachen
- Imageverlust des Unternehmens,
- überhöhte Rekrutierungskosten,
- Verlust der besten Bewerber,
- als Notlösung die 2. oder 3. Wahl,
- den Vorwurf schlechter Personalplanung.
Was sollten Sie beachten?
Die Suche nach Antworten auf diese Frage hat zwei Ausgangspunkte:
- den Jugendlichen, der noch nicht im Unternehmen ist,
- das Unternehmen, das die „Zwischenzeit“ wie alle anderen Phasen der Ausbildung, von der Anwerbung bis zur Abschlussprüfung, gestalten will.
Bei den Jugendlichen fehlt noch die Bindung an das Unternehmen. Sie sind selten eingehend über das Unternehmen informiert und deshalb alternativen Ausbildungen gegenüber aufgeschlossen. Sie sollten die „Zwischenzeit“ nutzen, um die Bindung zu festigen, den Absprung zu vermeiden und durch geeignete vorbereitende Maßnahmen den Übergang von der Schule in die Ausbildung in Ihrem Unternehmen so reibungslos wie möglich zu gestalten.
Wie gehen Sie vor? – Gegenstrategien gegen den frühen Absprung
An den Interessen der Beteiligten ansetzen
- Interessen der Jugendlichen
Die Interessen und Hobbys, die die Jugendlichen im Bewerbungsverfahren kundgetan haben, sowie der gewählte Ausbildungsberuf, können Anknüpfungspunkte für eine Kommunikation über das Unternehmen sein.
- Interessen des Unternehmens
Ziel ist es zunächst, eine Bindung zum Unternehmen herzustellen, die so stark ist, dass alternative Ausbildungen verworfen und Ansätze für eine Identifikation mit dem Unternehmen („mein Betrieb“) erreicht werden.
Verbindung zu lokalen Schulen nutzen
Unternehmen mit einer nachhaltigen Ausbildungsstrategie pflegen ihre Kontakte zu den lokalen und regionalen Schulen, aus denen ihre zukünftigen Mitarbeiter kommen. Das Ausbildungsprofil des Unternehmens muss in den Familien bekannt sein. Praktika für Neunt- und Zehntklässler, Ausbildungsbörsen und Vorträge über Ausbildungswege prägen dieses Ausbildungsprofil bei Lehrern, Schülern und Eltern. Dieser Bekanntheitsgrad ist oft entscheidend für die Zahl und die Güte der Bewerbungen von Schulabsolventen. Er lässt sich in der „Zwischenzeit“ nutzen, um den Kontakt zu den Schülern zu halten, mit denen bereits Ausbildungsverträge abgeschlossen wurden.
Kommunikation zeitgemäß aufrechterhalten
Bereits bei Vertragsabschluss sollten Sie den Auszubildenden ankündigen, dass sie als künftige Betriebsangehörige in den Informationsfluss mit den Mitarbeitern einbezogen werden. Die Art der beabsichtigten Kommunikation sollte in der unter Jugendlichen üblichen Form gewählt werden. Kündigen Sie geplante Veranstaltungen schon bei Vertragsabschluss an.
Erste Kontakte lassen sich am leichtesten durch die bereits in Ausbildung befindlichen Jugendlichen knüpfen, weil durch sie die Kommunikationsschwelle für die „Neuen“ angenehm niedrig liegt und der Einstieg in die Kommunikation mit Ihnen als Ausbilder erleichtert wird. Wichtig ist die Rückkoppelung, das Eingehen der „Neuen“ auf den angestrebten Dialog. Dies gilt in besonderem Maße für Migranten, die erfahrungsgemäß sehr positiv auf eine Ansprache von betriebsangehörigen Migranten ihrer Herkunft reagieren.
Informationen verbreiten – Veranstaltungen durchführen
Es bietet sich an, die neuen Auszubildenden und ihre Eltern nach Vertragsabschluss zu einer ersten gemeinsamen Veranstaltung ins Unternehmen einzuladen, wo Ausbilder und Auszubildende das Unternehmen vorstellen und berufliche Chancen/Karriereleitern beschreiben. Versuchen Sie, für jede/jeden neue/n Auszubildende/n oder eine Gruppe bis zum Eintritt ins Unternehmen, vielleicht auch noch im ersten Ausbildungsjahr einen Paten/eine Patin zu finden. Nach einem abgestimmten Plan werden weitere Informationen über das Unternehmen und weitere Aktivitäten wie eine Betriebserkundung, aber auch gemeinsame Freizeitaktivitäten (z. B. Sport) angekündigt und durchgeführt.
Da die Defizite vieler Bewerber im Sozialverhalten, in der gezielten Information und deren Rückkoppelung, in der Teamarbeit, in der Sprachbeherrschung, aber auch in Pünktlichkeit und Verlässlichkeit liegen, können Sie schon in solchen gemeinsamen Aktivitäten ohne Ernstcharakter deutlich machen, worauf das Unternehmen Wert legt.
Manche Unternehmen, die bewusst einen Teil ihrer Ausbildungsplätze mit schwächeren Schulabsolventen und Migranten mit Sprachdefiziten besetzen, bieten diesen Jugendlichen in der „Zwischenzeit“ Kurse vor allem in Deutsch und Mathematik an, um ihnen den Start in die Ausbildung zu erleichtern.
Geschäftsleitung einbeziehen
Personalfragen werden zunehmend Chefsache: Finanz- und Wirtschaftskrise legen die Defizite kurzfristiger Personalplanung bloß. Die demografische Entwicklung und der Wandel der Bundesrepublik Deutschland zum Einwanderungsland stellen bisher unbekannte Herausforderungen, die der unternehmenseigenen Ausbildung wieder stärkeres Gewicht verleihen. Strategien zur Gewinnung guter Nachwuchskräfte werden deshalb zunehmend Aufgabe des Topmanagements.
Die Bedeutung der „Zwischenzeit“ für den Ausbildungserfolg legt nahe, dass Sie die Geschäftsleitung über Ihre strategischen Überlegungen informieren und sie in wichtige Aktivitäten mit einbeziehen, namentlich zu einer für Auszubildende und Eltern geplanten Veranstaltung. Eine gut aufbereitete Hervorhebung der „Zwischenzeit“ und ihrer Bedeutung für die Personalrekrutierung in der Berichterstattung an die Geschäftsleitung bereitet das Verständnis für diese Einschätzung.
Autor: Prof. Dr. Hermann Schmidt
Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie im Handbuch PersonalAusbilden
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