Digitalisierung ohne Großbaustelle
Die Haftpflichtkasse Darmstadt hat ihre Personalakte digitalisiert. Klingt nach einem Großprojekt – doch die pragmatische Einführung einer Standardlösung sparte Zeit und Nerven. Die Projektbeteiligten berichten über ihre Erfahrungen und Zukunftspläne.
Mit ihrem Ursprung im Gaststättengewerbe ist die mehr als 110 Jahre alte Haftpflichtkasse Darmstadt bis heute ein erfolgreicher Spezialversicherer geblieben. Ihre Ausgangslage ähnelte der von vielen anderen mittelständischen Unternehmen: Bis zur Jahrtausendwende gab es für die rund 50 Mitarbeiter keine eigene Personalabteilung. Die Entgeltabrechnung wurde von der Finanzbuchhaltung erledigt, für die arbeitsrechtlichen Personalfragen war die Geschäftsleitung verantwortlich.
Alle Schränke waren voll
Mit der Öffnung für den Privatkundenmarkt Ende der 1990er-Jahre aber wuchs das Unternehmen deutlich, eine Personalabteilung wurde geschaffen. Inzwischen sind 250 Mitarbeiter beschäftigt, HR umfasst heute vier Mitarbeiter. Da bei einem so kleinen Team eine Spezialisierung nicht praktikabel ist, muss sich jeder Personaler mit allen in Frage kommenden Themenfeldern auskennen. Und natürlich jederzeit Zugang zur Personalakte haben – früher sogar zu zwei Akten, weil die Entgeltabrechnungen einerseits und Verträge und Schriftverkehr andererseits als getrennte Papierakten geführt wurden. Dieses über Jahrzehnte praktizierte Ablagesystem erwies sich bei dem gewachsenen Umfang als unübersichtlich und umständlich. Das Abheften und Wiederfinden von Dokumenten, das Herausgeben und Einlagern von Akten machten erheblichen Aufwand. Außerdem brauchte das System zu viel Platz. Im Sommer 2011 waren schließlich alle Schränke voll, keine weiteren Akten konnten untergebracht werden.
Papierlos in die Zukunft
Zu diesem Zeitpunkt arbeitete die Versicherung bereits weitgehend papierlos. HR konnte die Geschäftsführung überzeugen, diesen Weg auch im Personalmanagement einzuschlagen. Wichtigstes Kriterium: Die Software sollte anwenderfreundlich sein. Zudem wollte man den kompletten Schriftverkehr direkt aus der Akte heraus führen können und alle weiteren Arbeitsabläufe abgedeckt wissen. Eine Schnittstelle zur Lohnsoftware war ebenfalls ein Muss. Eine Marktbeobachtung ergab: Die IQAkte Personal bot diese Vorzüge standardmäßig. Anfang 2012 wurde bestellt, im März geliefert, die Installation lief über die hausinterne EDV. Parallel dazu begann die Personalabteilung, in verschiedenen Workshops mit dem Anbieter, der EDV, dem Betriebsrat, dem Datenschutzbeauftragten und der Geschäftsleitung die Richtlinien zur Softwarenutzung festzulegen. Eine Betriebsvereinbarung wurde aufgesetzt, Rollen und Zugriffsrechte definiert. Die Einführungsphase endete mit der Schulung für Personaler und Abteilungsleiter, die mit der Software bei Bedarf auch selbst auf die Personalakte zugreifen können.
Der Digitalisierungsprozess
Das System lief nach drei Tagen, der Rest der ersten Arbeitswoche wurde für kleinere Anpassungen genutzt. Für HR sollte die eigentliche Arbeit damit allerdings erst beginnen: Die Bestandsakten mussten eingescannt werden. Wie sich schnell herausstellte, waren diese so umfangreich – bei langjährigen Mitarbeitern oft über 100 Seiten, teilweise auch ganze Ordner –, dass sich diese Aufgabe nicht neben der normalen Arbeit erledigen ließ. So einigte sich das Team darauf, im Wechsel an den Samstagen zur Arbeit zu kommen und zu scannen.
Aus Überzeugung hielt man daran fest, diese Aufgabe nicht extern zu vergeben. Schließlich wollte das Team die Gelegenheit nutzen, die Akten aufzuteilen und in Kategorien wie „Urlaub“, „Verträge“, „Bescheinigungen“ und ähnliche zu unterteilen. Die genaue Registerstruktur war zuvor in einem der Einführungsworkshops festgelegt worden.
Die Praxis hielt allerdings noch einige Überraschungen parat: In den historischen Akten fanden sich einige Belegtypen, an die zuvor niemand gedacht hatte. Wie damit umgegangen werden sollte, wurde jeweils spontan abgestimmt und entschieden. Mögliche Unregelmäßigkeiten waren für die Nutzer aber keine große Sorge. Schließlich konnte man alle Dokumente unabhängig von der Kategorie auch immer problemlos in der chronologischen DoQFlow-Übersicht der IQAkte wiederfinden.
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Digitale Personalakte: Dokumentenerfassung

Etappenziel erreicht
Im Juli 2012 war das Einscannen schließlich abgeschlossen. Natürlich nur bezogen auf die Bestandsakten – denn neue Dokumente treffen nach wie vor auf Papier ein und müssen kontinuierlich gescannt werden. Bis auf wenige Dokumente wie Arbeitsverträge, die zusätzlich im Original aufgehoben werden, landet alles andere danach im Schredder, so dass HR mittlerweile rein elektronisch arbeitet.
Der Abschied von der Papierakte war für HR eine große Erleichterung. Viele Arbeitsschritte wurden dadurch einfacher, man musste nichts mehr doppelt abheften, kopieren oder in der Ablage suchen. Außerdem entfällt die Einschränkung, immer im Büro arbeiten zu müssen. Wer etwa ein krankes Kind zu betreuen hat, kann einfach zuhause bleiben und hat selbst dort alles im Zugriff. Vor allem ist die Arbeit schneller geworden – schon, weil man nicht jedes Mal aufstehen und die Akte holen muss. Um Fehler zu vermeiden, wurden im Sommer 2013 Fotos aller Mitarbeiter im System hinterlegt. So sieht man schon auf den ersten Blick, ob man den richtigen Mitarbeiter vor sich hat.
Weitere Verbesserungen sind geplant. So arbeiten die Personaler momentan an Vorlagen für den Schriftverkehr, damit Bescheinigungen, Serienbriefe und Ähnliches automatisch aus dem System heraus gedruckt werden können. Die Software bietet diese Funktion bereits, sie muss nur noch genutzt werden. Mit der nächsten Version der Personalakte wird außerdem auch eine Volltextsuche über sämtliche eingescannten Dokumente möglich.
Einsatz wurde belohnt
Wichtigster Erfolgsfaktor für das Team war es, sich die Zeit zu nehmen, immer wieder neue Funktionen auszuprobieren und für sich einzurichten. Die dafür notwendigen Freiräume waren im Tagesgeschäft nicht immer leicht zu finden, was letztlich zur Verabredung von Samstagseinsätzen geführt hat.
Solch persönlichen Einsatz empfindet das HR-Team in einem kleinen Unternehmen als selbstverständlich. Alles ging Schritt für Schritt und wurde durch unmittelbaren Nutzen belohnt. Entsprechend freut sich das Team darauf, mit seinen Ideen und kommenden neuen Funktionen der Software die digitale Personalaktenlösung permanent weiterzuentwickeln.
Autoren
Anna Kandler, Personal/Ausbildung, Haftpflichtkasse Darmstadt,
anna.kandler@haftpflichtkasse.de
Frank Rüttger, Leiter des Geschäftsfeldes IQAkten, IQDoQ GmbH, Bad Vilbel, Hamburg,
frank.ruettger@iqdoq.de