Ausgabe 1 - 2012
Ist der Ruf erst ruiniert
Alle reden von Employer Branding, doch wie eine europaweite Studie zeigt, klaffen Anspruch und Wirklichkeit manchmal deutlich auseinander. Die Unternehmen wissen zu wenig über die imagebildenden Faktoren in den Bewerberzielgruppen.
Bis vor einiger Zeit galt Employer Branding noch als Spielwiese allzu experimentierfreudiger Personalstrategen. Doch inzwischen hat das Schaffen und Positionieren einer Arbeitgebermarke längst seinen festen Platz im Strategieportfolio der Unternehmen gefunden. Denn: Gerade im Wettbewerb um die begehrten Fachkräfte kann eine positiv wahrgenommene Marke den entscheidenden Unterschied machen.
Vielen Personalverantwortlichen ist aber nicht klar, welche Faktoren dafür verantwortlich sind, dass eine Arbeitgebermarke als positiv wahrgenommen wird. Kein Wunder: Aussagekräftige Zahlen zu den Erwartungen potenzieller Bewerber liegen kaum vor. Da Unternehmen ohne derlei Kenntnisse nur schwerlich effiziente Employer Branding-Maßnahmen vornehmen können, hat StepStone eine europaweite Studie durchgeführt und dabei umfangreiches Datenmaterial gesammelt. Im Folgenden haben wir die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst.
Der gute Ruf entscheidet
Sowohl Kandidaten als auch bestehende Mitarbeiter legen Wert auf das Bild, das die Öffentlichkeit vom (potenziellen) Arbeitgeber hat. So gaben 88 Prozent der Befragten an, von einer Bewerbung bei einem Unternehmen mit schlechtem Ruf eher abzusehen. Eine Investition in das Employer Branding erweist sich somit im Hinblick auf Personalrekrutierung, aber auch auf Bindung der Mitarbeiter, als durchaus lohnenswert. Rund 83 Prozent der befragten Unternehmen haben sich diese Tatsache bereits bewusst gemacht. Nach eigenen Angaben gehen sie davon aus, dass die wichtige Bedeutung von Employer Branding-Maßnahmen in Zukunft sogar noch zunehmen wird. Entsprechende Konsequenzen sind aus dieser Erkenntnis aber noch nicht gezogen worden: Zwei Drittel der Unternehmen setzen nur 20 Prozent oder weniger ihres HR Kommunikationsbudgets für Employer Branding-Maßnahmen ein.
Die Arbeitsumgebung ist wichtig
Auf die Frage, welche Umstände ein Unternehmen zu einem attraktiven Arbeitgeber machen, nennt ein Großteil der Befragten gute Arbeitsbedingungen und eine gute Ausstattung. Erst an zweiter Stelle rangieren finanzielle Anreize, gleichauf etwa mit Aufstiegsmöglichkeiten oder einem guten Verhältnis zum Vorgesetzten. Für die Positionierung und Fokussierung der Marke bietet sich insgesamt ein breit gefächertes Themenfeld. Eine völlig untergeordnete Rolle für ein positives Arbeitgeberimage spielen hingegen überraschenderweise spezielle Dienstleistungen wie Kinderbetreuung oder Chancengleichheit.
Abbildung 1
Imagebildende Faktoren

Eine gute Arbeitsumgebung wird bei der Beurteilung eines Unternehmens als Arbeitgeber höher eingestuft als finanzielle Anreize.
Bei der Meinungsbildung in Bezug auf den Arbeitgeber besitzen Social Media-Kanäle keinerlei Relevanz. Weder werden sie bei der Informationssuche aufgesucht, noch wird ihren Inhalten ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit zugerechnet. Im Internet vertrauen die Befragten lediglich dem Wahrheitsgehalt von Online-Jobbörsen. Anders sieht es in dieser Hinsicht mit althergebrachten, analogen Kommunikationskanälen aus. Presseberichte und Informationen aus dem persönlichen Umfeld erfreuen sich ungebrochener Nutzung und hoher Glaubwürdigkeit.
Marke und Realität weichen stark voneinander ab
Für rund 80 Prozent der befragten Kandidaten haben die vom Unternehmen vermittelte Arbeitgebermarke und das tatsächliche Erleben am Arbeitsplatz nur sehr wenig miteinander gemein. Jeder Zweite spricht sogar von einer deutlich negativeren Realität im Arbeitsalltag. Infolge dessen würden nur etwa 45 Prozent der Befragten ihren Arbeitgeber bedenkenlos weiterempfehlen, während zwei Drittel überhaupt nicht über ihn sprechen. Dies steht im krassen Gegensatz zur Einschätzung der befragten Personalverantwortlichen.
Abbildung 2
Arbeitgeberimage zwischen Anspruch und Realität

Für nahezu 80 Prozent der Mitarbeiter hat das kommunizierte Arbeitgeberimage ihres Unterneh-mens mit der Realität nicht viel gemein.
Tipps für die Markenbildung
Aus diesen Erkenntnissen lassen sich acht konkrete Tipps für Personalverantwortliche ableiten:
1. Setzen Sie bei der Markenbildung die richtigen Prioritäten.
Machen Sie sich die Wünsche und Bedürfnisse der Kandidaten in Ihrer Zielgruppe bewusst. Stellen Sie die von diesen bevorzugten Werte in den Mittelpunkt Ihrer Employer Branding Strategie.
2. Kommunizieren Sie Ihre Marke nicht voreilig.
Lassen Sie sich bei der Schaffung und Positionierung der Marke die nötige Zeit. Kommunizieren Sie die darin enthaltenen Werte zu früh, sind diese unter Umständen in der Arbeitsrealität noch gar nicht verankert. Dies nimmt Ihrer Marke die Glaubwürdigkeit.
3. Konzentrieren Sie sich auf die relevanten Kommunikationskanäle.
Beobachten Sie das Informationsverhalten der Kandidaten. Bedienen Sie vor allem die Kanäle, die von Ihrer Zielgruppe wahrgenommen werden. So lassen sich die vorhandenen PR-Ressourcen effektiver einsetzen als durch eine möglichst breite Streuung.
4. Verlassen Sie sich beim Aufbau Ihrer Marke nicht auf Social Media.
Selbst unternehmensfremden Verlautbarungen in derlei Netzwerken wird nur von einem geringen Anteil der Kandidaten Glauben geschenkt. Ohnehin werden sie bei der Informationssuche bezüglich eines Arbeitgebers kaum genutzt. Ein übermäßiges Engagement empfiehlt sich daher nicht.
5. Bedenken Sie bei der Kommunikation, wo Meinungen entstehen.
Persönliche Netzwerke und Presseveröffentlichungen werden von potenziellen Bewerbern als glaubwürdigste Quellen betrachtet. Kommunizieren Sie auf diesen Wegen, um Ihre Arbeitgebermarke wirklich meinungsbildend zu Ihrer Zielgruppe zu transportieren.
6. Stärken Sie Ihre Employer Branding PR.
Presseberichte gehören zu einer der Hauptinformationsquellen der Kandidaten. Zudem genießen sie ein hohes Maß an Vertrauen. Diesen Kommunikationsweg nicht zu nutzen, wäre daher ein grober Fehler.
7. Machen Sie Ihre Marke für die Mitarbeiter erlebbar.
Setzen Sie die durch Ihre Marke vermittelten Inhalte in die Tat um. Füllen Sie sie mit Leben. Die daraus resultierende stärkere Identifikation mit dem Arbeitgeber lässt Ihre Mitarbeiter länger in Ihrem Unternehmen verbleiben. Steigerung der Loyalität und Motivation sind weitere positive Effekte.
8. Lassen Sie zufriedene Mitarbeiter über Ihre Arbeitgebermarke sprechen.
Ihre Mitarbeiter sind Ihre wertvollsten Markenbotschafter. Reden sie bei Freunden und Familie über ihren Arbeitgeber, wird ihren Worten Glauben geschenkt. Finden Sie Wege, damit diese Mitarbeiter auch außerhalb der persönlichen Netzwerke Ihre Marke thematisieren.
Über die StepStone-Studie
Der „StepStone Employer Branding Report 2011“ basiert auf einer umfangreichen Online-Umfrage, die im April 2011 in acht europäischen Ländern durchgeführt wurde: in Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Norwegen, Österreich und Schweden.
Ziel der Umfrage war es, aktuelle Informationen, Daten und Fakten zu sammeln, um Unternehmen wichtige Anhaltspunkte für die Positionierung und Kommunikation ihrer Arbeitgebermarke zu geben. Zu diesem Zweck wurden mehr als 6800 Antworten von circa 6000 Kandidaten und etwa 830 Unternehmen in den beteiligten europäischen Ländern zusammengetragen.
Autorin
Inga Rottländer, PR-Managerin, StepStone Deutschland,
inga.rottlaender@stepstone.de
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