Ausgabe 1 - 2014
Der Konkurrenz immer einen Schritt voraus
Nur wer die aktuellen, branchenspezifischen Marktentwicklungen kennt, kann attraktive Gehaltspakete anbieten und damit die besten Fachkräfte für sich gewinnen und binden. Drei Gehaltsstudien, die neben der Gehaltshöhe für bestimmte Berufsgruppen auch Markt- und Karrieretrends enthalten, verschaffen den nötigen Überblick.
Eine der größten Herausforderungen für Unternehmen ist derzeit die Gewinnung und Bindung von qualifizierten Fach- und Führungskräften. So stellt jeder dritte HR-Manager in einer von Robert Half in Auftrag gegebenen Studie eine leichte bis signifikante Steigerung der Fluktuationsrate in den vergangenen drei Jahren fest.
Die Sorge um eine weitere Abwanderung der besten Angestellten ist demnach hoch: 64 Prozent der befragten HR-Manager befürchten, ihre Top-Mitarbeiter an Wettbewerber zu verlieren. Die steigende Wechselwilligkeit der Fachkräfte und die damit verbundene Schwierigkeit, Mitarbeiter langfristig ans Unternehmen zu binden, stellt Unternehmen vor einen akuten Handlungsbedarf. Denn nicht nur der Verlust, auch die Rekrutierung neuer Fach- und Führungskräfte ist derzeit eine große Herausforderung.
Das bestätigt die Mehrheit der befragten HR-Manager (92 Prozent) in der Studie. Doch welche Maßnahmen können Unternehmen ergreifen, um auch in Zukunft die besten Mitarbeiter für sich zu gewinnen und langfristig zu binden?
Verschärfter Kampf um die besten Köpfe
Ein Wirtschafts- und Unternehmenswachstum zieht in der Regel einen erhöhten Personalbedarf nach sich. In der von Robert Half in Auftrag gegebenen Studie „Workplace Survey“ wurden 200 HR-Manager nach ihren Einschätzungen zu den Wachstumsperspektiven befragt. Das Ergebnis ist positiv: 89 Prozent der befragten Personalmanager rechnen für die nächsten Monate mit einem Unternehmenswachstum. Dementsprechend zuversichtlich zeigen sich die Einstellungsabsichten der befragten Unternehmen. Im zweiten Halbjahr 2013 planten 37 Prozent der Unternehmen neue Stellen zu schaffen – ein Zuwachs von zehn Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr. Die Nachfrage nach qualifizierten Mitarbeitern bleibt also ungebrochen. Um diesen höheren Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern zu decken und die eigenen Mitarbeiter weiterhin erfolgreich im Unternehmen zu halten, müssen Arbeitgeber bestehende Maßnahmen und Prozesse überprüfen und gegebenenfalls neue Anreize schaffen.
Gegenangebote als Anreiz für mehr Mitarbeiterbindung
Der lebenslange Arbeitsplatz wird immer mehr zum Auslaufmodell. Allein in den vergangenen drei Jahren verzeichnete jeder dritte befragte Arbeitgeber einen Anstieg der freiwilligen Kündigungen. Um dem Verlust von Angestellten insbesondere in Schlüsselpositionen gegenzusteuern, sind Arbeitgeber immer häufiger bereit, kündigungswilligen Mitarbeitern Gegenangebote anzubieten.
Dabei führen Gehaltserhöhungen die Liste der beliebtesten Gegenangebote an: Über die Hälfte (56 Prozent) der im Auftrag von Robert Half befragten Unternehmen bietet abwanderungswilligen Fachkräften ein höheres Gehalt an. Jedoch ist es nicht immer die Unzufriedenheit über das Gehalt, die die Entscheidung zum Jobwechsel herbeiführt. Der meistgenannte Kündigungsgrund ist eine unausgeglichene Work-Life-Balance. Das haben Arbeitgeber auch erkannt und fast die Hälfte (46 Prozent) offeriert dem wechselwilligen Mitarbeiter beim Gegenangebot flexible Arbeitszeiten, um ihn oder sie weiter im Unternehmen zu halten. Andere Unternehmen wiederum versuchen mit der Übergabe zusätzlicher Verantwortung (36 Prozent) oder einem höheren Bonus (28 Prozent) das unerwünschte Ausscheiden eines Top-Mitarbeiters zu verhindern.
Anerkennung und Zusatzleistungen als Anreiz
Interessant ist auch ein Blick auf die Unternehmen, denen es gelungen ist, die Fluktuation in den vergangenen drei Jahren zu senken. Sie alle zeichnen sich durch eine Eigenschaft aus: Vertrauenswürdigkeit. So nennen 68 Prozent der befragten HR-Manager die positiven Erwartungen bezüglich der Firmenentwicklung als Grund für die wachsende Loyalität der Mitarbeiter. Diese Unternehmen haben es verstanden, ihren Mitarbeitern das Gefühl zu vermitteln, Teil des Unternehmenserfolgs zu sein. Das heißt konkret: Vorgesetzte sollten ihren Mitarbeitern entsprechende Anerkennung für ihre Leistung entgegenbringen.
Abbildung 1
Zusatzleistungen

Neben einem konkurrenzfähigen Gehalt sind auch attraktive Zusatzleistungen geeignet, die Mitarbeiter ans Unternehmen zu binden.
Abgeschlossene Projekte können bei einem gemeinsamen Mittagessen oder einem Teamevent gefeiert werden und jeder Mitarbeiter freut sich über ein paar zusätzliche freie Stunden. Auf diesem Weg wird den Mitarbeitern nicht nur der Dank des Unternehmens ausgesprochen, sondern die Aktionen fördern auch den Teamgeist. Neben diesen punktuellen Maßnahmen gibt es weitere beliebte Zusatzleistungen, die die Mitarbeiterbindung fördern: vermögenswirksame Leistungen, Fahrkarten für den öffentlichen Personennahverkehr, Sonderurlaubstage, Essensgutscheine oder die Überlassung von Smartphones und Tablet-PCs.
Schnelle Entscheidung für einen Kandidaten
Der Prozess vom Schalten einer Stellenanzeige über das Auswahlverfahren bis hin zum Unterbreiten eines Angebotes ist für Unternehmen mit enormen zeitlichen und finanziellen Ressourcen verbunden. Denn die große Nachfrage an Fachkräften führt dazu, dass Bewerber aktuell zwischen mehreren interessanten Angeboten gleichzeitig wählen können.
Ganz wichtig in diesem Zusammenhang ist es für Arbeitgeber daher, nach erfolgtem Bewerbungsgespräch ihren Wunschkandidaten nicht zu lange mit der Angebotsunterbreitung warten zu lassen. In der Personalvermittlung stellen wir immer wieder fest, dass Kandidaten bei gleichwertigen Angeboten bei dem Arbeitgeber zusagen, der sich als erstes für ihn entscheidet. Ein konkurrenzfähiges Angebot sollte daher neben einem attraktiven Gehaltspaket auch eine Übersicht über Zusatzleistungen enthalten, um sich von Wettbewerbern abzugrenzen. Auch können sich Arbeitgeber positiv hervorheben, indem sie den Bewerbern die Möglichkeit bieten, das künftige Team und den direkten Vorgesetzten bereits vor der Entscheidung näher kennenzulernen. Das kann im Rahmen eines Probearbeitstages geschehen oder aber bei einem lockeren Mittagessen, zu dem das Unternehmen den potenziellen neuen Kollegen einlädt. Damit zeigen Arbeitgeber nicht nur ihr Interesse an dem Bewerber, sondern bieten gleichzeitig beiden Seiten die Chance zu prüfen, wie gut sie zueinander passen. Bekanntermaßen sind nämlich die Mitarbeiter am loyalsten, die sich im Team wohl fühlen, mit dem Vorgesetzten gut zusammenarbeiten und sich mit der Unternehmenskultur identifizieren können.
Bei all diesem Engagement ist es wichtig, eines nicht zu unterschätzen: Der Jobwechsel bedeutet für den Bewerber eine einschneidende Veränderung und ist häufig mit vielen Unsicherheiten verbunden. Deshalb äußern Bewerber auch häufig den Wunsch nach einer Bedenkzeit. Der künftige Arbeitgeber sollte diese Zeit allerdings nicht ungenutzt lassen. Zwar darf der Bewerber nicht das Gefühl bekommen, gedrängt zu werden, der Kontakt sollte jedoch nicht komplett abbrechen. Fragen Sie nach angemessener Zeit einfach nach, ob es seitens des Bewerbers noch offene Punkte gibt. Dem Bewerber signalisiert dieses Engagement, wie stark das Interesse des Unternehmens an ihm ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass er oder sie im letzten Moment doch das Angebot der Konkurrenz annimmt, wird somit deutlich verringert.
Attraktive Gehälter als Anreiz für Personalgewinnung
Nur wer die aktuellen, branchenspezifischen Marktentwicklungen kennt, kann in Gehaltsverhandlungen attraktive Gehaltspakete anbieten und damit die besten Fachkräfte für sich gewinnen und an das eigene Unternehmen binden. Deshalb erstellt Robert Half regelmäßig Gehaltsstudien, die neben der Gehaltshöhe für bestimmte Berufsgruppen auch Markt- und Karrieretrends enthalten. Aktuell haben wir drei Gehaltsspiegel veröffentlicht, die die Gehälter für 2014 im Finanz- und Rechnungswesen, IT-Bereich und Büro- und Assistenzbereich aufzeigen. Neben individueller Qualifizierung, Berufserfahrung und Unternehmensgröße ist auch die Lage des Unternehmens innerhalb Deutschlands ausschlaggebend für die Gehaltshöhe. Jeder Arbeitgeber ist daher gefordert, das für sein Unternehmen ideal geschnürte Gehaltspaket zu definieren.
Abbildung 2
Deutschland: Gehälter im Assistenz- und kaufmännischen Bereich Abbildung 2

Die Grafik zeigt, inwieweit die Gehälter für Berufe im Assistenz- und kaufmännischen Bereich in deutschen Großstädten vom deutschlandweiten Durchschnitt abweichen.
Gehälter 2014 im Finanz- und Rechnungswesen: Frankfurt setzt sich im bundesweiten Vergleich bei CFOs, Controllern & Co. an die Spitze: In dieser Abteilung tätige Mitarbeiter können 2014 in der Finanzmetropole Deutschlands mit rund 14 Prozent Gehalt mehr rechnen. Als attraktiver Unternehmensstandort mit einer hohen Zahl an gut ausgebildeten Fachkräften ist der Wettbewerb um die besten Talente hier besonders ausgeprägt. Das spiegelt sich in einem hohen Gehaltsniveau wider. Ähnlich gestaltet sich die Situation in Stuttgart und München. In beiden Städten können Chief Financial Officers (CFOs), Controller, Buchhalter & Co. mit elf Prozent mehr Gehalt rechnen als der bundesweite Durchschnitt. Spezialisten im Finanzsektor sind übrigens sehr gefragt –, bundesweit ist die Nachfrage in diesem Bereich aktuell höher als das Angebot qualifizierter Fachkräfte.
Im Augenblick werden insbesondere Spezialisten in der Finanzanalyse und im Finanzmanagement gesucht. Die Verdienstaussichten für 2014 sind dementsprechend gut. Einem Finanzanalysten mit einer Berufserfahrung von sechs bis neun Jahren sollte der Robert Half Gehaltsübersicht zufolge ein Brutto-Jahresgehalt von 63 000 bis 73 000 Euro geboten werden. Der Leiter der Finanzabteilung mit gleicher Berufserfahrung rechnet mit einer Vergütung von 93 000 bis 120 000 Euro.
Gehälter 2014 in der IT-Branche: Auch hier lassen sich – wenn auch weniger deutliche – regionale Unterschiede erkennen. IT-Spezialisten in Hamburg und München verdienen im Schnitt vier bis fünf Prozent mehr als ihre Kollegen in anderen Städten. Grund hierfür sind vor allem die höheren Lebenshaltungskosten, aber auch die verstärkte Ansiedlung großer Unternehmen in diesen Regionen. Besonders herausfordernd ist derzeit die Suche nach qualifizierten IT-Mitarbeitern in den Bereichen Software-Entwicklung, IT-Sicherheit, Systemadministration, Anwendungsentwicklung sowie Unternehmensanalyse. Zur Orientierung: Ein Softwareentwickler für Java kann mit einer Berufserfahrung von sechs bis neun Jahren ein Brutto-Jahresgehalt von 53 000 bis 68 000 Euro abfragen.
Gehälter 2014 für Fachkräfte aus dem Assistenz- und kaufmännischen Bereich: In München und Stuttgart verdienen Assistenten und Sekretäre/Sekretärinnen jeweils acht Prozent mehr als im bundesweiten Durchschnitt. In Berlin oder Essen hingegen liegt der Verdienst in dieser Branche 14 beziehungsweise vier Prozent unter dem bundesdeutschen Durchschnitt. Besonders gefragt sind derzeit persönliche Assistenten: Fast ein Drittel (30 Prozent) der befragten HR-Manager bewertet die Suche nach persönlichen Assistenten aktuell als besonders schwierig. Ein branchenübliches Brutto-Jahresgehalt liegt für diese Position mit einer Berufserfahrung von sechs bis neun Jahren bei 49 000 bis 60 000 Euro. Auf Platz zwei und drei der händeringend gesuchten Fachkräfte im Bereich Assistenz und Office-Management folgen Mitarbeiter für die Projektunterstützung (26 Prozent) und Office Manager (24 Prozent).
Der Wettbewerb ist in vollem Gang
Der Wettbewerb um die besten Köpfe im Markt ist bereits in vollem Gang. Nicht nur der viel diskutierte Fachkräftemangel, sondern auch die Ansprüche der nächsten Generation an den Arbeitgeber werden diesen Trend weiter verstärken. Wenn Unternehmen daher ihre Gehaltspakete regelmäßig überprüfen und an veränderte Marktentwicklungen anpassen, eine Lob- und Anerkennungskultur als Teil der Unternehmenskultur verankern und im entscheidenden Moment auf die Wünsche und Bedürfnisse des Arbeitgebers – insofern möglich – eingehen, werden diese Arbeitgeber ihrer Konkurrenz immer einen Schritt voraus sein.
Gehaltsübersichten
Weitere Gehaltsspannen für 22 Positionen im Assistenz- und kaufmännischen Bereich, 46 IT-Positionen sowie 23 Positionen im Finanz- und Rechnungswesen finden Sie in den Robert Half Gehaltsübersichten: www.roberthalf.de/gehalt-uebersicht (kostenloser Download). Weitere Informationen: http://www.roberthalf.de
Autor
Sven Hennige, Managing Director Central Europe & Germany, Robert Half,
press@roberthalf.de
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