Ausgabe 1 - 2016
Unternehmenserfolg durch Mitarbeiter- und Führungsprofile

Wie gelingt es, Unternehmensleitlinien mit Leben zu füllen? Die Antwort von Gunther Olesch lautet: über Mitarbeiter- und Führungsprofile. In seinem Unternehmen Phoenix Contact hat er das unter Federführung von HR umgesetzt.
Viele Unternehmen verfügen über Leitsätze zu Mission, Vision und Werte. Sie dienen allen Mitarbeitern zur Orientierung. Sie sind die Leitplanken auf der Straße, auf der wir fahren. Was weniger vorhanden ist, sind Mitarbeiterleitlinien oder -profile (Laslo & Busch, 2007). Ich meine keine klassischen Kompetenzprofile für Führungskräfte, Entwicklungsingenieure oder Produktionsverantwortliche. Diese kann man häufig in Unternehmen finden. Es geht hier um Mitarbeiterprofile, die die Einstellungen und Haltungen der Mitarbeiter zur Arbeit und zum Unternehmen beschreiben. Die Frage lautet beim Mitarbeiterprofil: Was erwartet das Unternehmen von jedem Mitarbeiter? Dieses Profil gilt für jeden, ob Führungskraft, Produktionsmitarbeiter, Verkäufer oder Controller. Es definiert die wichtigsten Attituden, um als Mitarbeiter des Unternehmens eine gemeinsame Ausrichtung mit den anderen Mitarbeitern zu haben.
Nur mit einem exzellenten Team kann ein Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich sein. Was ein Topteam bedeutet, zeigt auch der Erfolg des Fußballweltmeisters Deutschland in 2014. Wenn kein Mitarbeiterprofil existiert, handeln die meisten Mitarbeiter nach bestem Wissen und Gewissen, aber womöglich nicht als exzellentes Team, und ermöglichen so nicht den bestmöglichen Erfolg für ihr Unternehmen (Olesch, 2013).
Die Mitarbeiterprofile
Daher haben wir bei Phoenix Contact für die weltweit 14 000 Mitarbeiter ein Mitarbeiterprofil definiert. Ein internationales Projektteam entwickelte unter Leitung von Human Resources die vier wichtigsten Mitarbeiterkompetenzen. Das Projektteam repräsentierte die verschiedenen Einheiten von Phoenix Contact. Es galt dabei besonders die interkulturellen Unterschiede optimal unter einen Hut zu bekommen, was nach diversen Diskussionen im internationalen und abteilungsübergreifenden Team gelungen ist. Die Geschäftsführung hat selber auf internationalen Managementkonferenzen und Belegschaftsversammlungen diese Kompetenzen vorgetragen und im Detail erläutert, wodurch Management Attention gegeben ist. In allen Soft-Skills-Seminaren werden diese Kompetenzen weiterhin vertieft und trainiert, um eine Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Denn nur wenn alle an einem Strang ziehen, wird einem Erfolg beschert.
1. Ganzheitliches Denken
Der Leitsatz: „Wir haben immer den Erfolg der Unternehmensgruppe im Blick und denken daher über Abteilungsgrenzen hinweg. Wir sehen das große Ganze und erkennen die Zusammenhänge.“
Durch das Wachstum des Unternehmens erfolgte eine starke Dezentralisierung. Dabei besteht die Gefahr, dass sich Abteilungsegoismen entwickeln und das Große und Ganze des Unternehmens und seine strategischen Ziele aus den Augen verloren gehen können. Daher hat dieser Satz eine große Bedeutung. Jedes Unternehmen kann nur erfolgreich sein, wenn alle Einheiten gemeinsam an einem Strang ziehen.
2. Lernbegeisterung
Der Leitsatz: „Wir wollen Zukunftsgestalter sein und können durch lebenslanges Lernen mit den ständigen Veränderungen umgehen. Dabei sind wir offen und zeigen Neugier für neue Herausforderungen.“
Unser Unternehmen wächst stark. Dadurch sind häufiger organisatorische Anpassungen notwendig. Diese Kompetenz und die Aufgeschlossenheit zu Veränderungen sollen die Mitarbeiter besitzen oder zumindest wissen, dass sie sich daran orientieren müssen. Nicht selten kann man in Unternehmen, die erfolgreich sind, nach einer gewissen Zeit eine „angenehme Trägheit“ feststellen, die die Veränderungs- und Lernbereitschaft einschränkt (Bruch & Fischer, 2014.). Dieser Satz aber vor allem die folgenden Trainingsmaßnahmen und die Managementattention sollen dem entgegenwirken.
3. Eigeninitiative
Der Leitsatz: „Wir gestalten mit Begeisterung die Zukunft der Unternehmensgruppe. Wir sind Macher, initiieren neue Ideen und nehmen eigenverantwortlich die Dinge in die Hand.“
Mit diesem Satz soll der Boden für Innovation gelegt werden. Gerade deutsche Unternehmen sind in der Welt führend in modernen Technologien. Das gilt auch für unser Unternehmen, deswegen findet diese Betonung statt. Dabei gilt es, die Mitarbeiter zu Eigeninitiative zu bewegen. Sie sollen keine Unsicherheiten verspüren, Fehler zu begehen. Das kann nun mal geschehen, wenn man Neuland betritt.
4. Zusammenarbeit
Der Leitsatz: „Wir arbeiten in Teams und bilden Netzwerke, mit denen wir etwas bewegen können. In unseren Partnerschaften schaffen wir uns eine offene, vertrauensvolle Basis.“
Teamarbeit war das Erfolgsrezept für die deutsche Fußballmannschaft, 2014 Weltmeister zu werden. Das Gleiche gilt für Unternehmen. Nicht die Einzelleistung macht sie erfolgreich sondern das Team. Netzwerke haben heute eine besondere Bedeutung, weil sie die Menschen emotional stärker miteinander verbinden und so die Zusammenarbeit durch persönliche Kontakte effizienter gestaltet. Deswegen sieht Phoenix Contact das als wichtige Kompetenz seiner Mitarbeiter.
Die Führungsleitlinien
Das Mitarbeiterleitbild ist das Fundament, auf dem die Führungsleitlinien aufgebaut werden. Ziel ist, dass Vorgesetzte und Nachwuchskräfte ein unternehmensspezifisches und homogenes Führungsverhalten beherrschen. Zu diesem Zweck sollten solche Führungsaufgaben, die speziell für das Unternehmen relevant sind, ermittelt werden. Analysiert wurden sie bei Phoenix Contact dort, wo sie hauptsächlich Anwendung finden, nämlich vor Ort von der entsprechenden Führungskraft. Intention war es, keinen Katalog der Führungsaufgaben „von der Stange“ einzusetzen und sie nicht von einem Stab erstellen zu lassen. Wichtige Voraussetzung war die ehrliche Absicht der Geschäftsleitung, die Führungskräfte in unternehmensspezifischen Verhaltensweisen zu entwickeln, damit das Unternehmen weiterhin erfolgreich im Markt bestehen kann. Diese Aufgabe übernahm das HR-Management.
Abbildung
Mitarbeiterprofile als Bindeglied

Bei Phoenix Contact werden die Führungsleitlinien von den Unternehmensprinzipien über die Mitarbeiterprofile abgeleitet.
In internationalen Teams wurde über ein Jahr ermittelt, welche Aufgaben eine Führungskraft bei Phoenix Contact hat. Das Anforderungsprofil wurde im Detail erarbeitet. Es wurden alle als wichtig erachteten Verhaltensaspekte der Führung zusammengefasst. Daraus sollten später die Führungsleitlinien abgeleitet werden. Leistungspotenzial und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter sind wichtige Quellen für den Unternehmenserfolg. Die Mitarbeitermotivation nimmt im Spektrum der Führungsaufgaben eine Schlüsselrolle ein. Aber auch die anderen Aufgaben der Führungskraft zielen darauf ab, den Leistungswillen der Mitarbeiter zu stärken.
Im Info-Kasten sind beispielhaft die Führungsleitlinien von Phoenix Contact beschrieben, um dem Leser Anregung für eigene Leitlinien zu geben. Jedes Unternehmen sollte darauf achten, solche Leitlinien zu entwickeln, die zur bestehenden Kultur passen.
Führungstrainings speziell für Leitlinien
Eine der wichtigsten Maßnahmen zur Personalentwicklung sind adäquate Führungstrainings. Von jeher existieren in Unternehmen verschiedene Seminare für Führungskräfte. Es sollten aber auch Trainings speziell zur Umsetzung der Führungsleitlinien eingerichtet werden. Zahlreiche Untersuchungen bestätigen: Nur systematische, adäquate Entwicklungsprogramme ermöglichen es, dass Führungsleitlinien tatsächlich realisiert und gelebt werden.
Bei Phoenix Contact hat die Geschäftsführung die Führungsleitlinien in ganztätigen Workshops vermittelt (Olesch, 2015). Unter Moderation von Mitarbeitern der Personalentwicklung wurden die Inhalte der Führungsleitlinien in Gruppenarbeiten anschließend vertieft. Dadurch, dass die Geschäftsleitung selber als Trainer zur Verfügung stand, wurde Glaubwürdigkeit und Authentizität vermittelt. Alle Fach- und Führungskräfte waren Teilnehmer der zahlreichen Workshops und konnten so auch in Dialog mit der Geschäftsleitung zum Thema Führungsleitlinien treten. Um Führungsleitlinien erfolgreich in den Köpfen und Herzen der Manager zu implementieren, ist es wichtig, dass Mitglieder des Topmanagements die Workshops selbst durchführen.
Weitere Seminare zum Thema Führungsleitlinien folgten auch international. In solchen Seminaren werden kognitiv die Inhalte der Führungsleitlinien geschult. Diese Inhalte werden anschließend in Rollenspielen trainiert. Weiterhin wird das Mitarbeitergespräch als Führungsinstrument geschult. Bei jedem Trainingsthema für Fach- und Führungskräfte kommt an einem Abend ein Mitglied der Geschäftsleitung hinzu, um aktuelle Fragen mit den Teilnehmern zu diskutieren. Durch die Nähe von Geschäftsleitung und Führungskräften wird ein positiver Effekt erzeugt. Er fördert die vertikale Kommunikation zwischen Geschäftsleitung und Führungskräften.
Die Führungsleitlinien bei Phoenix Contact
Für uns sind unternehmerische Unabhängigkeit, vertrauensvolle Kundenbeziehungen und eine mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur wegweisende Grundsätze. Wir, die Führungskräfte, handeln nach diesen Werten und stehen für sie ein. So leisten wir unseren Beitrag zu unserer Mission:
„Wir gestalten Fortschritt mit innovativen Lösungen, die begeistern.“
Führen heißt bei uns, dass wir Zusammenarbeit aktiv gestalten, um gemeinsame Ziele zu erreichen – sowohl in unserem eigenen Verantwortungsbereich als auch in der Unternehmensgruppe.
Vorbild
Wir leben das Verhalten vor, das wir von anderen erwarten.
Unser Denken und Handeln ist nachvollziehbar und glaubwürdig. Dabei gehen wir fair und aufrichtig miteinander um. Wir stehen zu unseren Entscheidungen und treten verbindlich und geradlinig auf.
Wir handeln loyal gegenüber unserem Unternehmen und vertreten Phoenix Contact auf sympathische Weise nach innen und nach außen.
Ergebnisorientierung
Als Führungskräfte sind wir gemeinsam für den Erfolg der Unternehmensgruppe verantwortlich. Mit Blick auf das Ganze richten wir unseren Verantwortungsbereich hiernach aus. Gleichzeitig beachten und würdigen wir die Leistungen anderer.
Wir führen ergebnisorientiert: Grundlagen sind unsere Unternehmensstrategie und vereinbarte Ziele. Wir schaffen optimale Rahmenbedingungen, um die Unternehmensziele zu erreichen.
Dabei setzen wir erforderliche Ressourcen angemessen und mit Augenmaß ein.
Unternehmungsgeist
Erfolgreich zu sein bedeutet für uns, sowohl das Tagesgeschäft zu beherrschen als auch klare Ziele zu formulieren. Denn neue Ziele motivieren und richten unser Team geschlossen auf die Zukunft aus. Deshalb beschäftigen wir uns mit der Zukunft und gestalten mutig den gemeinsamen Weg. Dabei binden wir unser Team mit ein. So erreichen wir Akzeptanz und fördern Begeisterung.
Vertrauen
Vertrauen ist die unerlässliche Basis für eine positive und tragfähige Unternehmenskultur. Nur mit Vertrauen gelingen Veränderungen auf unserem Weg.
Vertrauen entsteht durch zuverlässiges und glaubwürdiges Verhalten. Deshalb sagen wir, was wir meinen, und handeln dementsprechend.
Wir fördern gegenseitiges Vertrauen in jeder persönlichen Begegnung, indem wir offen und eindeutig kommunizieren. Wir geben regelmäßiges Feedback, unterstützen bei Schwierigkeiten und übertragen Verantwortung.
Respekt und Wertschätzung
Unsere Mitarbeiter sind vielfältig. Das schätzen und fördern wir. Daraus erwachsen innovative Lösungen und eine langfristig gute Zusammenarbeit.
Persönliche Anteilnahme ist uns wichtig. Wir interessieren uns für unsere Mitarbeiter und lassen sie dies spüren.
Was Sinn stiftet, treibt an. Daher stehen wir für den Sinn der Arbeit Rede und Antwort, sodass jeder ihn verstehen und nachvollziehen kann.
Wir wollen, dass unsere Mitarbeiter gesund bleiben. Deshalb achten wir auf ein ausgewogenes Verhältnis von Arbeit, Lernzeit und Freizeit.
Kommunikation und Dialog
Gute Kommunikation ist die Lebensader unserer Organisation.
Deshalb informieren wir zeitnah und verständlich, damit Wissen zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Zudem sind wir erreichbar, hören aufmerksam zu und diskutieren offen und lösungsorientiert.
Unterschiedliche Meinungen und Perspektiven bereichern die eigene Sichtweise.
Wir nutzen Feedback, um uns selbst zu hinterfragen, denn wir wollen uns fachlich und persönlich weiterentwickeln. Konflikte gehen wir konsequent und partnerschaftlich an. So fördern wir gegenseitiges Verständnis und ermöglichen tragfähige Lösungen.
Förderung und Entwicklung
Mitarbeiter können Besonderes leisten, wenn sie ihre Stärken einsetzen.
Wir fördern ihre individuellen Fähigkeiten und bringen sie in Einklang mit den Unternehmenszielen. Dabei gewähren wir Freiräume zur persönlichen Entfaltung.
Förderung heißt für uns: Aufgaben und Kompetenzen so zu verteilen, dass sie für den Einzelnen und für das Unternehmen zur Chance werden. Dabei ermutigen wir stets zur Eigenverantwortung. Fehlern begegnen wir konstruktiv und sehen sie als Möglichkeit zu lernen.
Bruch.H./Fischer, J.A.: Mit Energie und Engagement im Unternehmen den Wettbewerb gewinnen, Trendstudie. Überlingen 2014.
Lasko, W.W./Busch, R: Strategie, Umsetzung, Profit. Wiesbaden 2007.
Olesch, G.: Visionen und Mut in HR. In: Personalwirtschaft 4/2013.
Olesch, G.: Unternehmenskultur als Marke zum wirtschaftlichen Erfolg. In: Arbeitskultur 2020. Hrsg.: Widuckel u.a., Wiesbaden 2015.
Autor
Prof. Dr. Gunther Olesch, Geschäftsführer Personal, Informatik & Recht, Phoenix Contact GmbH & Co KG,
golesch@phoenixcontact.com
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