Ausgabe 1, Special Outsourcing - 2015
Treiber der Transformation?

Was möchten Entscheider mit Outsourcing erreichen? Was erreichen sie tatsächlich – und: Wie unterstützt Outsourcing den notwendigen Wandel in den Personalabteilungen? Aktuelle Studien und Umfragen geben Antworten.
HR Outsourcing in 2015 – was wird passieren? Auch in diesem Jahr steigt der Druck, notwendige Veränderungen vorzunehmen. Es wird immer schwieriger, nichts zu tun und immer wichtiger, Strukturen zu schaffen, die Wandel überhaupt erst möglich machen – personell, strukturell, inhaltlich und technologisch. Der Begriff „HR-Transformation“ ist in aller Munde. Er drückt aus, dass neue Ansprüche (nicht nur der Generationen am Ende des Alphabets), neue Technologien und ein Verschwimmen vorhandener Grenzen einen Wandel der Arbeitswelt bedingen. Den müssen die Personalabteilungen als Manager der Ressource Personal initiieren.
Help – I need somebody
Das Ergebnis dieser Transformation ist im besten Fall eine HR-Abteilung, die als „Facilitator“ die personellen Kernprozesse im Unternehmen im Einklang mit der Unternehmensstrategie begleitet. Dadurch gewinnen Outsourcing-Strategien für HR enorm an Bedeutung. Unternehmen können durch Outsourcing von Software oder Prozessen ihre Performance genau auf die Anforderungen anpassen, die zur Erreichung der Unternehmensziele gestellt werden. Laut aktuellen Untersuchungen wird HR-Outsourcing in den USA bereits als Schlüsselfunktion des HR-Bereichs gesehen. Deutschland ist zurückhaltender, man geht davon aus, dass die kulturellen Unterschiede in der Sicht auf Datenschutz hier die Hauptrolle spielen. Allerdings: Für Outsourcing-Dienstleister ist Datensicherheit Kernaufgabe, da kann kein mittelständisches Unternehmen mithalten.
Outsourcing wird wichtiger, weil es Skalierbarkeit möglich macht. Die Auslagerung an einen Dienstleister hilft, HR-Prozesse zu rationalisieren, zu reorganisieren und sie macht den Zugang zu neuen Technologien möglich. Schwung kommt in die Nachfrage, weil auch vermehrt nach Unterstützung in strategischen Kernprozessen wie dem Bildungsmanagement angefragt wird.
Gründe für Outsourcing
Unternehmen wägen mehrere Gründe ab, bevor sie sich für oder gegen das Auslagern bestimmter Aktivitäten entscheiden. Die Konzentration auf Kernkompetenzen, die Verbesserung der Prozessqualität oder eine interne Reorganisation zählen zu den wichtigen Beweggründen. Ganz oben auf der Prioritätenliste steht nach wie vor der Wunsch nach Kostensenkungen. 60 Prozent der befragten Entscheider der Studie „Erfolgsmodelle Outsourcing 2013“ von Steria Mummert geben an, durch Outsourcing Kosteneinsparpotenziale von 20 bis über 50 Prozent erzielen zu wollen.
Der Kosteneinsparung folgt die „Entlastung der Mitarbeiter“ auf Rang zwei, danach steht der „Wunsch nach mehr Flexibilität“. Die Einsicht, dass Hilfe von außen funktioniert, hat sich in den vergangenen Jahren durchgesetzt. Das zeigt sich sowohl in den Gründen für Outsourcing als auch im generellen Interesse. Während es noch 2005 bei Kienbaum hieß, dass nur ein Drittel der deutschen Unternehmen bereits Erfahrung mit dem Outsourcing von HR-Aufgaben hat, signalisierten laut Steria 2013 fast alle befragten Entscheider (95 Prozent) ihre grundsätzliche Bereitschaft, Outsourcing-Projekte in Angriff zu nehmen. Mittlerweile „traut“ sich auch fast die Hälfte dieser Manager (47 Prozent) anzugeben, dass sie sich selbst durch Outsourcing entlasten wollen. Zum Vergleich: 2011 lag dieser Wert nur bei 32 Prozent.
Die Ergebnisse decken sich mit den Aussagen anderer aktueller Studien. KPMG zum Beispiel untersucht jedes Jahr die Zufriedenheit von Unternehmen mit ihren IT-Outsourcing-Dienstleistern. Das Ergebnis für Deutschland, Österreich und die Schweiz 2013: Unternehmen nutzen Outsourcing weiterhin vor allem, um Kosten zu reduzieren. Zunehmend wollen sie damit aber auch Kosten flexibilisieren, Zugang zu Talenten bekommen und mit diesen Talenten zusammen die digitale Transformation beschleunigen.
Eine aktuelle Studie des BPO-Dienstleisters arvato in Großbritannien zeigt, dass vor allem HR „lernt“ Outsourcing zu nutzen. HR-Dienstleistungen machen demzufolge ein Viertel aller Outsourcing-Verträge in Großbritannien aus, die bislang (Stand Oktober) im Jahr 2014 abgeschlossen wurden. Die beliebteste HR-Dienstleistung im Jahr 2014 ist die Verwaltung von Arbeitgeberleistungen mit 48 Prozent aller Verträge, gefolgt von Personalbeschaffung (36 Prozent) sowie Weiterbildungs- und Entwicklungsdienstleistungen (acht Prozent). Bei nahezu einem Viertel (24 Prozent) der Verträge handele es sich um Verlängerungen, was laut Studienautoren beweist, dass ein großer Teil der Outsourcing-Verträge in Großbritannien erfolgreich ist.
Kann man diese Zufriedenheit auf Deutschland übertragen?
Veda hat im August 2014 seine Outsourcing-Kunden befragt. In der von Studierenden der Europäischen Fachhochschule (EUFH) durchgeführten Umfrage bestätigen die Kunden die Vorteile der Auslagerung von Software oder Prozessen: 85 Prozent sind zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Durch ihre hohe Rücklaufquote von 31 Prozent zeichnet die Studie ein zuverlässiges Gesamtbild. Das interessanteste Ergebnis der Umfrage: Die Entscheider in den Unternehmen kennen die Vorteile von HR-Outsourcing genau: Aktualität, Qualität, Kompetenz sowie Freiräume und Sicherheit – sowohl technisch als auch in den Prozessen – erwarten und erhalten die Befragten von ihrem Outsourcing-Dienstleister.
Diese Einschätzung spiegelt auch die Studie von Steria. Die in das Outsourcing gesetzten Erwartungen an Entlastung und Einsparung scheinen aufzugehen. Fast alle Befragten äußern Zufriedenheit mit erhaltenen Leistungen. Andererseits bleiben viele Potenziale ungenutzt. Mehr als die Hälfte der von Steria Befragten beurteilt ihre bisherigen Outsourcing-Maßnahmen als mittelmäßig oder nicht ausgeschöpft (62 Prozent). Es scheint, so schreibt man dort, als ob vielen Unternehmen erst mit zunehmender Outsourcing-Erfahrung die zahlreichen Möglichkeiten bewusst werden. Dementsprechend nüchtern erfolgt dann auch die Einschätzung des bisher Erreichten – mehr geht immer.
Gute Gründe – schlechte Ergebnisse?
Der Erfolg von Outsourcing beginnt mit den Voraussetzungen im eigenen Unternehmen. Deshalb empfehlen Berater und Dienstleister, alle Entscheider und Betroffenen rechtzeitig in Outsourcing-Überlegungen einzubeziehen und genau zu hinterfragen, ob Outsourcing-Strategien zur Unternehmenskultur passen. Wesentliche Faktoren sind demnach:
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Offenheit in Informationspolitik und Kommunikation (innen/außen)
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Positive Einstellung gegenüber Veränderungen und Wachstum
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Führungskräfte, die als Schnittstelle, Vorbild Informationsgeber und Key-User für neue Prozesse zur Verfügung stehen
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Finanzielle, technische und prozessuale Voraussetzungen
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Klare Vorstellung der Ziele
In der Studie „IT-Sourcing – 2012“ stellt die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers dar, dass die richtige Umsetzung entscheidend für den Outsourcing-Erfolg ist. Sind zum Beispiel die Prozesse im Unternehmen weit genug standardisiert, um ausgelagert zu werden? Die Studie zeigt auf, dass, ähnlich zu industriellen Prozessen, Fertigungstiefe und ideale Lieferkette auch im Outsourcing wesentlich sind. Dabei haben sich – laut PwC – gerade in der jüngsten Vergangenheit maßgebliche Trends ergeben, die in der Sourcing-Strategie berücksichtigt werden müssen: Wie gestaltet sich beispielsweise eine optimale Governance-Funktion zur Überwachung und Steuerung aller ausgelagerten Leistungen? Wie organisiert man verschiedene interne und externe Dienstleister (Multi-Provider-Umfeld)? Welche Services lassen sich in die Cloud verlagern? Diese Fragestellungen zeigen auch auf, dass es genau darauf ankommt zu prüfen, welche Prozesse wie ausgelagert werden können. Die meisten entscheiden sich
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administrative Prozesse und Routinen ins BPO zu geben, an Servicecenter auszulagern. Dabei wird, laut HR-Trendberichterstatter Infosys, zum einen die nahtlose Schnittstelle zwischen Dienstleister und Unternehmen immer wichtiger zum anderen – „When in rome, do as the romans do“ – der Cultural-fit.
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Kernprozesse können durch aktuelle HR-Software unterstützt werden, die in verschiedenen Servicemodellen (ASP/SaaS) bezogen werden kann. Die Bereitstellung kann dabei als Cloud-Modell genauso erfolgen wie auf einer unternehmensspezifischen Plattform oder Infrastruktur (PaaS, IaaS).
„Die modularen Konzepte des Outsourcings machen es Unternehmen möglich, den Grad flexibel an den Bedarf anzupassen. Essenziell ist die Strategie dahinter, die dazu führt, dass die jeweilige Servicetiefe des Modells mit den Unternehmensprozessen harmoniert“, erklärt Udo Meyer, Director Outsourcing bei VEDA.
Wesentlich (und eigentlich selbstverständlich): Outsourcing soll entlasten, nicht die Dinge komplizieren. Wer die Entgeltabrechnung auslagert, aber trotzdem intern alle Gehaltsabrechnungen nachprüfen lässt, weil er dem Dienstleister nicht traut, vergeudet nur Ressourcen. Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser. So steht, laut PwC, bei der Auswahl des Dienstleisters zwar dessen Qualität im Vordergrund, noch vor dem Preis. Sehr wichtig ist den Kunden jedoch das Reporting – und damit sind zumindest die Befragten dieser Studie alles andere als zufrieden. Als wesentlich erachtet man in diesem Zusammenhang die Service Level Agreements (SLA). Sie machen Zufriedenheit messbar und Qualität belegbar. Hier werden eindeutige Ziele mit klaren Vorgaben festgelegt und Rahmenbedingungen sowie bestenfalls auch Zukunftsszenarien skizziert. Bereits bei der Auswahl des Dienstleisters bieten Zertifikate oder Prüfsiegel Transparenz und erleichtern die Arbeit, da sie bestimmte Prozessbereiche eindeutig beschreiben und nach festgelegten Standards bewerten.
Erfolgreiches HR-Outsourcing ist nicht das Auslagern möglichst vieler Prozesse: Die richtigen müssen es sein! Im Zusammenspiel mit der internen Reorganisation bietet Outsourcing die idealen Voraussetzungen, um Treiber der HR-Transformation zu werden. Unternehmen sollten diese Möglichkeit ausschöpfen. So macht jeder was er kann – und alle profitieren davon.
Alles Cloud, oder was?
Die Cloud frei nach NIST (National Institute of Standards and Technology)
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on-demand
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über das Netz verfügbar
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dynamisch skalierbar
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eine Infrastruktur für mehrere Nutzer
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verteilte Ressourcen
Bereitstellungsmodelle
Public Cloud: frei zugänglich, offen, für jedermann. (zum Beispiel Webmailer, Microsoft Office 365 oder SAP Business by Design)
Private Cloud: IT-Infrastruktur für ein def. Unternehmen/Institution. cloud-typische Mehrwerte wie eine skalierbare IT-Infrastruktur oder installations- und wartungsfreie IT-Anwendungen, die über den Webbrowser in Anspruch genommen werden können.
Servicemodelle
Software as a Service (SaaS): Sämtliche Angebote von Anwendungen, die den Kriterien des Cloud Computing entsprechen. Breites Angebotsspektrum von Finance über Office-Software, Human Resources …
Infrastructure as a Service (IaaS): IT-Ressourcen wie Rechenleistung, Datenspeicher oder Netze werden als Dienst angeboten.
Platform as a Service (PaaS): Komplette Infrastruktur mit standardisierten Schnittstellen ohne Zugriff zum Beispiel auf Betriebssystem oder Hardware.
Komplette Infrastruktur mit standardisierten Schnittstellen, häufig als Entwicklungsplattform. Ohne Zugriff zum Beispiel auf Betriebssystem oder Hardware.
Autorin
Andrea Goffart, freie Mitarbeiterin, VEDA GmbH, Alsdorf,
andrea.goffart@veda.net