Trainee-Programme – der nächste Exportschlager?
Struktur und Tiefgang deutscher Trainee-Programme sind international herausragend. Mit dieser Qualität können sie zum nächsten Exportschlager nach dem dualen Ausbildungssystem werden – wenn deutsche Unternehmen sie auch verstärkt im Ausland einsetzen.
Im Zuge der Globalisierung bauen viele deutsche Unternehmen ihre Auslandspräsenz aus. Auf der Suche nach gut ausgebildeten Mitarbeitern ergeben sich dabei unterschiedliche Herausforderungen: So ist etwa die Arbeitgeberbekanntheit und -attraktivität in der Regel deutlich niedriger als im Heimatmarkt. Auch die Karriereperspektiven bei den Auslandsstandorten sind im Vergleich zu lokalen Großunternehmen meist geringer. Doch genauso gilt: Oft erfüllt der lokale Nachwuchs die aus der Heimat gewohnten Qualifikationserwartungen nicht.
In Deutschland haben Unternehmen in den letzten Jahren viel investiert, um jungen Absolventen einen optimalen Berufseinstieg in ihrem Unternehmen zu ermöglichen. 28 von 30 DAX-Konzernen bieten zu diesem Zweck ein (oder sogar unterschiedliche) Traineeprogramm an, in denen Berufseinsteiger einen umfassenden Einblick in unterschiedliche Teile des Unternehmens erhalten und dabei gezielt benötigte Fähigkeiten und Kompetenzen weiterentwickeln.
Vielfältige Programmtypen
Interessant ist, dass solche in diesem Maße strukturierten Ausbildungs- und Eingliederungsprogramme vor allem in Deutschland existieren. Wir sind überzeugt, dass deutsche Unternehmen Trainee-Programme im Ausland noch viel stärker nutzen könnten, um im Wettbewerb um die richtigen Mitarbeiter erfolgreich zu sein. Trainee-Programme könnten somit – als Antwort auf Herausforderungen bei der Mitarbeitergewinnung an Auslandsstandorten – zum nächsten Exportschlager nach dem dualen Ausbildungssystem werden.
Doch Traineeprogramm ist nicht gleich Traineeprogramm. Vielmehr lassen sich Trainee-Programme grundsätzlich nach geografischer Reichweite und Zielgruppenfokus unterscheiden. Bei letzterem wird zwischen funktionalen und High-Potential-Programmen unterschieden. Funktionale Programme zielen auf Absolventen mit spezifischer (Studien-)Erfahrung in einer Funktion für einen späteren Spezialisten- oder Managerposten. High-Potential-Programme hingegen sind für Absolventen mit überdurchschnittlichem Entwicklungspotenzial und Zielposition im Top-Management gedacht. Basierend auf unseren Untersuchungen haben die DAX-30-Unternehmen Anfang 2013 insgesamt 53 verschiedene Trainee-Programme angeboten, wovon 24 (auch) ausländische Absolventen im Fokus hatten. 44 der Programme hatten einen funktionalen Zielgruppenfokus, neun zielten auf die Rekrutierung von High-Potentials ab.
In der Praxis: Klare Zielsetzung ist entscheidend
Programmgestaltung
Eine klare Beschreibung der erwarteten Vakanzen ist Ausgangspunkt aller Überlegungen zum Typ und zur Ausgestaltung eines Traineeprogramms. Daraus bestimmen sich der fachliche Hintergrund der zukünftigen Trainees sowie das Anforderungsprofil hinsichtlich beruflicher Vorerfahrung, Kompetenzen und Internationalität.
Für die Festlegung der geografischen Reichweite sind der Umfang des lokalen Nachwuchsbedarfs sowie die Internationalität des Geschäfts entscheidend.
Landesspezifische Programme
eignen sich wegen Kosteneffizienz und niedrigerem organisatorischen Aufwand für Unternehmen, wenn ausschließlich lokale Bedarfe gedeckt werden sollen – und diese ausreichend große Kohorten ermöglichen, um ein eigenes Programm zu rechtfertigen. Eine zusätzliche Verknüpfung mit konzernweiten Bausteinen ermöglicht Trainees Karriereperspektiven außerhalb des eigenen Standorts: Eine Verankerung auf Landesebene bietet sich vor allem für die Rekrutierung von funktionalem Nachwuchs an.Regionale Programme
eignen sich vor allem, wenn nur einzelne Personalbedarfe verschiedener Auslandsstandorte gedeckt werden sollen und die regionalen Märkte miteinander verbunden sind. Solche regionalen Programme haben den Vorteil ähnlicher kultureller und bildungspolitischer Rahmenbedingungen – und halten die Reisekosten für gemeinsame Veranstaltungen in Grenzen. Regionale Programme sind sowohl für funktionale als auch für High Potential-Programme geeignet.Globale Programme
haben einen hohen Kosten- und Koordinationsaufwand und bieten sich daher vor allem für die Rekrutierung von Nachwuchsführungskräften (High Potentials) an. Eine andere Grundlage für ein globales Programm ergibt sich, wenn das Unternehmen die Konzernzentrale gezielt auf internationale Füße stellen will.Die genaue Ausgestaltung des Programms – Dauer, Vertragsmodalitäten, Anzahl und Art der Stationen, ergänzende Angebote wie Training, Vernetzung oder Mentoring, dem Grad der individuellen Anpassbarkeit - sowie die operative Verankerung von Vermarktung, Rekrutierung, Administration, Betreuung und Anschlussverwendung hängen hingegen primär vom verfügbaren Budget und der Organisation des Unternehmens, dem gewünschten organisatorischen Wandel sowie den Anforderungen der jeweiligen Zielgruppe ab.
Eine zentrale Frage bei der Planung ist: Wann lohnt sich ein Traineeprogramm? Bei der Beurteilung ist es hilfreich, einen Business Case aufzustellen, der Kosten und Nutzen vergleicht. Die verschiedenen direkten Kosten summieren sich als Faustregel auf das anderthalb- bis zweifache der Personalkosten des Trainees. Dem steht der direkte Mehrwert des Trainees während des Programms gegenüber, der meist etwa die Hälfte der Personalkosten beträgt. Da die Leerstands-, Rekrutierungs- und Einarbeitungskosten für einen erfahrenen Mitarbeiter in Engpassbereichen sich meist auf deutlich mehr als ein Jahresgehalt summieren, sorgen die indirekten Nutzeneffekte in der Regel für einen positiven Business Case (siehe Abbildung). Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit ist die Knappheit erfahrener Mitarbeiter für eine gewünschte Zielposition.
Abbildung
Business Case zur Einführung eines Trainee-Programms

Direkte und indirekte Kosten- und Nutzeneffekte müssen einkalkuliert werden. Am Ende spricht bei geschickter Programmgestaltung ein positiver Nettoeffekt für die Investition in ein Traineeprogramm.
Großes Potenzial im Ausland
Für deutsche Unternehmen bieten Trainee-Programme die Chance, im Ausland mit gezielter Ansprache von Kandidatenpools Nachwuchskräfte zu rekrutieren. Eventuelle Defizite in der Ausbildung können durch maßgeschneiderte Weiterentwicklung ausgeglichen und unternehmensspezifische Schlüsselkompetenzen gefördert werden. Zusätzlich ermöglichen solche Programme deutschen Unternehmen, sich bewusst von lokalen Wettbewerbern zu differenzieren, indem sie langfristige Perspektiven für Bewerber schaffen.
Dabei sollten Erfahrungen aus Deutschland genutzt und existierende Module im Sinne eines Plattformkonzepts auch im Ausland – gegebenenfalls adaptiert – wiederverwendet werden, nicht zuletzt, um Entwicklungskosten zu vermeiden. Für den Erfolg von Trainee-Programmen im Ausland ist es allerdings auch unerlässlich, die betreuenden Fachabteilungen zu unterstützen, da Trainees im Ausland oft unbekannt sind.
Autoren
Dr. Axel Hüttmann, Partner, undconsorten LLP, Berlin,
axel.huettmann@undconsorten.de
Katarina Hapke, Associate, undconsorten LLP, Berlin,
katarina.hapke@undconsorten.de
Johannes Bidinger, Projektleiter, undconsorten LLP, Berlin,
johannes.bidinger@undconsorten.de
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